weniger, dagegen zum Theil etwas grössere Körnchen finden sie sich in den Urstoffen der Speicheldrüsen. Die Allantois ist in der Rücksicht ihnen am nächsten, wiewohl sich in ihr der bald anzugebende membranartige Charakter am deutlichsten ausgeprägt hat. Die Zunge nähert sich meistens den Bauchplatten; die Milz, die Nebennieren und die Thymus meistens der Leber und den Lungen.
Wenn nun so die Urstoffe der einzelnen Organe gegeben sind, durchlaufen sie ihre bestimmte Metamorphosenreihe, um die einzelnen Organtheile und Organstructuren zu erzeugen. Wir führen zuerst die wichtigsten Verhältnisse, wie sie sich der An- schauung unmittelbar darbieten, einzeln an.
1. Die Urflüssigkeit, aus welcher Hirn und Rückenmark ent- stehen, scheidet sich in eine dichtere äussere Masse und eine dünne innere. Ganz nach aussen dagegen an ihrer Begrenzung bilden sich die Hüllen. Die dichtere Masse, welche die wahre Nervensubstanz darstellt, hat sowohl an Körnchengehalt, als auch an Menge der verbindenden Substanz gewonnen. Die letztere ist sehr weich, aber zähe. Anfangs lässt sich an ihr keine wei- tere Structur unterscheiden. Die sehr häufigen Körnchen liegen dann ohne alle deutlich kennbare Ordnung in dem verbindenden Stoffe eingebettet. Späterhin werden gewisse sich vielfach kreu- zende linearische Anordnungen der Kügelchen mehr kenntlich, bis endlich zuletzt die eigenthümlichen Hirnfasern sichtbar werden, nachdem viel früher schon der Unterschied von weisser und grauer Substanz entstanden ist. Doch bedarf gerade dieser Me- tamorphosengang noch künftiger genauer Untersuchungen. -- Die dura mater entsteht an der äussersten Grenze der Hirnsubstanz auf die bald näher anzugebende Weise, wie die übrigen faserigen Häute.
2. Vor der Anlage der Wirbel besteht die Masse der Leibes- platten aus Körnchen des serösen Blattes und einer zähen durch- sichtigen Gallerte. Diese wird nun an den Stellen, wo Knochen späterhin sich befinden, dichter, so dass sie wahrscheinlich schon von Anfang an dichtere Scheiden für diese Körnchen bildet und die- selben nach bestimmten Gesetzen zusammenhält. Dieses schliesse ich wenigstens daraus, dass man an den ersten Wirbelanlagen des Hühnchens schon strahlenförmige Scheiden deutlich, wie ich an einem anderen Orte darstellen werde, findet. Indem nun dieser
VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
weniger, dagegen zum Theil etwas gröſsere Körnchen finden sie sich in den Urstoffen der Speicheldrüsen. Die Allantois ist in der Rücksicht ihnen am nächsten, wiewohl sich in ihr der bald anzugebende membranartige Charakter am deutlichsten ausgeprägt hat. Die Zunge nähert sich meistens den Bauchplatten; die Milz, die Nebennieren und die Thymus meistens der Leber und den Lungen.
Wenn nun so die Urstoffe der einzelnen Organe gegeben sind, durchlaufen sie ihre bestimmte Metamorphosenreihe, um die einzelnen Organtheile und Organstructuren zu erzeugen. Wir führen zuerst die wichtigsten Verhältnisse, wie sie sich der An- schauung unmittelbar darbieten, einzeln an.
1. Die Urflüssigkeit, aus welcher Hirn und Rückenmark ent- stehen, scheidet sich in eine dichtere äuſsere Masse und eine dünne innere. Ganz nach auſsen dagegen an ihrer Begrenzung bilden sich die Hüllen. Die dichtere Masse, welche die wahre Nervensubstanz darstellt, hat sowohl an Körnchengehalt, als auch an Menge der verbindenden Substanz gewonnen. Die letztere ist sehr weich, aber zähe. Anfangs läſst sich an ihr keine wei- tere Structur unterscheiden. Die sehr häufigen Körnchen liegen dann ohne alle deutlich kennbare Ordnung in dem verbindenden Stoffe eingebettet. Späterhin werden gewisse sich vielfach kreu- zende linearische Anordnungen der Kügelchen mehr kenntlich, bis endlich zuletzt die eigenthümlichen Hirnfasern sichtbar werden, nachdem viel früher schon der Unterschied von weiſser und grauer Substanz entstanden ist. Doch bedarf gerade dieser Me- tamorphosengang noch künftiger genauer Untersuchungen. — Die dura mater entsteht an der äuſsersten Grenze der Hirnsubstanz auf die bald näher anzugebende Weise, wie die übrigen faserigen Häute.
2. Vor der Anlage der Wirbel besteht die Masse der Leibes- platten aus Körnchen des serösen Blattes und einer zähen durch- sichtigen Gallerte. Diese wird nun an den Stellen, wo Knochen späterhin sich befinden, dichter, so daſs sie wahrscheinlich schon von Anfang an dichtere Scheiden für diese Körnchen bildet und die- selben nach bestimmten Gesetzen zusammenhält. Dieses schlieſse ich wenigstens daraus, daſs man an den ersten Wirbelanlagen des Hühnchens schon strahlenförmige Scheiden deutlich, wie ich an einem anderen Orte darstellen werde, findet. Indem nun dieser
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VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
weniger, dagegen zum Theil etwas gröſsere Körnchen finden sie
sich in den Urstoffen der Speicheldrüsen. Die Allantois ist in
der Rücksicht ihnen am nächsten, wiewohl sich in ihr der bald
anzugebende membranartige Charakter am deutlichsten ausgeprägt
hat. Die Zunge nähert sich meistens den Bauchplatten; die Milz,
die Nebennieren und die Thymus meistens der Leber und den
Lungen.
Wenn nun so die Urstoffe der einzelnen Organe gegeben
sind, durchlaufen sie ihre bestimmte Metamorphosenreihe, um die
einzelnen Organtheile und Organstructuren zu erzeugen. Wir
führen zuerst die wichtigsten Verhältnisse, wie sie sich der An-
schauung unmittelbar darbieten, einzeln an.
1. Die Urflüssigkeit, aus welcher Hirn und Rückenmark ent-
stehen, scheidet sich in eine dichtere äuſsere Masse und eine
dünne innere. Ganz nach auſsen dagegen an ihrer Begrenzung
bilden sich die Hüllen. Die dichtere Masse, welche die wahre
Nervensubstanz darstellt, hat sowohl an Körnchengehalt, als auch
an Menge der verbindenden Substanz gewonnen. Die letztere
ist sehr weich, aber zähe. Anfangs läſst sich an ihr keine wei-
tere Structur unterscheiden. Die sehr häufigen Körnchen liegen
dann ohne alle deutlich kennbare Ordnung in dem verbindenden
Stoffe eingebettet. Späterhin werden gewisse sich vielfach kreu-
zende linearische Anordnungen der Kügelchen mehr kenntlich, bis
endlich zuletzt die eigenthümlichen Hirnfasern sichtbar werden,
nachdem viel früher schon der Unterschied von weiſser und
grauer Substanz entstanden ist. Doch bedarf gerade dieser Me-
tamorphosengang noch künftiger genauer Untersuchungen. — Die
dura mater entsteht an der äuſsersten Grenze der Hirnsubstanz
auf die bald näher anzugebende Weise, wie die übrigen faserigen
Häute.
2. Vor der Anlage der Wirbel besteht die Masse der Leibes-
platten aus Körnchen des serösen Blattes und einer zähen durch-
sichtigen Gallerte. Diese wird nun an den Stellen, wo Knochen
späterhin sich befinden, dichter, so daſs sie wahrscheinlich schon
von Anfang an dichtere Scheiden für diese Körnchen bildet und die-
selben nach bestimmten Gesetzen zusammenhält. Dieses schlieſse ich
wenigstens daraus, daſs man an den ersten Wirbelanlagen des
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/657>, abgerufen am 23.11.2024.
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