Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
sten kenntlich, indem sie sich besonders durch Grössendifferenzen
kund giebt, späterhin aber die Durchmesser sich wiederum auf
das Mannigfaltigste verändern, wenn bestimmte Organe aus jedem
Blatte sich zu bilden begonnen haben. Man könnte daher viel-
leicht diese nur mit guten Instrumenten wahrnehmbaren Unter-
schiede (s. oben S. 287.) die Urdifferenz der Gewebe der animalen und
vegetativen Organe nennen, da die Spaltung der Blätter in Bezug
auf die Organogenese dieselbe Bedeutung zu haben scheint. Auch
erscheint die Differenz der Kügelchen vollkommen deutlich aus-
gesprochen später, als die erste Spur der Spaltung in einzelne
Blätter überhaupt.

Wie die einzelnen Organe aus ihrem bestimmten Blatte, so
entstehen die Organ- und Gewebtheile der ersteren aus den Kü-
gelchen und der einfachen und verbindenden Masse des letzteren.
Wir müssen es aber als ein für alle diese Theile geltendes Urge-
setz aufstellen, dass weder die Körnchen, noch die Masse selbst
unmittelbar in die Gewebe, so wie sie im ausgebildeten Zustande
gefunden werden, übergehen, sondern vorher bestimmte Mittel-
stufen durchlaufen müssen, um die permanente Gewebsbildung
zu erreichen. Ohne Zweifel ist dieses auch in Bezug auf ihre
Mischung der Fall. Was aber die Form betrifft, so modificirt
sich dieses Gesetz auf folgende Weise.

1. Die verbindende Masse wird dichter, dunkeler und durch-
läuft die verschiedensten Grade der Consistenz in aufsteigender
Reihe. Oder
2. Die verbindende Masse wird durchsichtiger, gewinnt an
Zähigkeit und Zusammenhang und permanirt entweder so ziem-
lich in ihrem früheren halbweichen Zustande oder durchläuft so-
gar die verschiedenen Consistenz- und Härtegrade in absteigender
Ordnung.
3. Die Körnchen werden verflüssigt und zwar
a. Es tritt an ihre Stelle ein vollkommen liquider Stoff,
welcher sich von der mehr colliquescirten weichen Masse gar nicht
unterscheidet, mit ihr zusammenfliesst und ein Ganzes, der weite-
ren Metamorphose Fähiges darstellt oder
b. Die Körnchen verfliessen in einer bestimmten Richtung
mit einander und stellen dann gewisse fadenartige Gebilde dar,
welche an Consistenz bei weiterer Entwickelung zunehmen.
4. Die Körnchen permaniren zum Theil, colliquesciren also
40

VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.
sten kenntlich, indem sie sich besonders durch Gröſsendifferenzen
kund giebt, späterhin aber die Durchmesser sich wiederum auf
das Mannigfaltigste verändern, wenn bestimmte Organe aus jedem
Blatte sich zu bilden begonnen haben. Man könnte daher viel-
leicht diese nur mit guten Instrumenten wahrnehmbaren Unter-
schiede (s. oben S. 287.) die Urdifferenz der Gewebe der animalen und
vegetativen Organe nennen, da die Spaltung der Blätter in Bezug
auf die Organogenese dieselbe Bedeutung zu haben scheint. Auch
erscheint die Differenz der Kügelchen vollkommen deutlich aus-
gesprochen später, als die erste Spur der Spaltung in einzelne
Blätter überhaupt.

Wie die einzelnen Organe aus ihrem bestimmten Blatte, so
entstehen die Organ- und Gewebtheile der ersteren aus den Kü-
gelchen und der einfachen und verbindenden Masse des letzteren.
Wir müssen es aber als ein für alle diese Theile geltendes Urge-
setz aufstellen, daſs weder die Körnchen, noch die Masse selbst
unmittelbar in die Gewebe, so wie sie im ausgebildeten Zustande
gefunden werden, übergehen, sondern vorher bestimmte Mittel-
stufen durchlaufen müssen, um die permanente Gewebsbildung
zu erreichen. Ohne Zweifel ist dieses auch in Bezug auf ihre
Mischung der Fall. Was aber die Form betrifft, so modificirt
sich dieses Gesetz auf folgende Weise.

1. Die verbindende Masse wird dichter, dunkeler und durch-
läuft die verschiedensten Grade der Consistenz in aufsteigender
Reihe. Oder
2. Die verbindende Masse wird durchsichtiger, gewinnt an
Zähigkeit und Zusammenhang und permanirt entweder so ziem-
lich in ihrem früheren halbweichen Zustande oder durchläuft so-
gar die verschiedenen Consistenz- und Härtegrade in absteigender
Ordnung.
3. Die Körnchen werden verflüssigt und zwar
a. Es tritt an ihre Stelle ein vollkommen liquider Stoff,
welcher sich von der mehr colliquescirten weichen Masse gar nicht
unterscheidet, mit ihr zusammenflieſst und ein Ganzes, der weite-
ren Metamorphose Fähiges darstellt oder
b. Die Körnchen verflieſsen in einer bestimmten Richtung
mit einander und stellen dann gewisse fadenartige Gebilde dar,
welche an Consistenz bei weiterer Entwickelung zunehmen.
4. Die Körnchen permaniren zum Theil, colliquesciren also
40
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0653" n="625"/><fw place="top" type="header">VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe.</fw><lb/>
sten kenntlich, indem sie sich besonders durch Grö&#x017F;sendifferenzen<lb/>
kund giebt, späterhin aber die Durchmesser sich wiederum auf<lb/>
das Mannigfaltigste verändern, wenn bestimmte Organe aus jedem<lb/>
Blatte sich zu bilden begonnen haben. Man könnte daher viel-<lb/>
leicht diese nur mit guten Instrumenten wahrnehmbaren Unter-<lb/>
schiede (s. oben S. 287.) die Urdifferenz der Gewebe der animalen und<lb/>
vegetativen Organe nennen, da die Spaltung der Blätter in Bezug<lb/>
auf die Organogenese dieselbe Bedeutung zu haben scheint. Auch<lb/>
erscheint die Differenz der Kügelchen vollkommen deutlich aus-<lb/>
gesprochen später, als die erste Spur der Spaltung in einzelne<lb/>
Blätter überhaupt.</p><lb/>
          <p>Wie die einzelnen Organe aus ihrem bestimmten Blatte, so<lb/>
entstehen die Organ- und Gewebtheile der ersteren aus den Kü-<lb/>
gelchen und der einfachen und verbindenden Masse des letzteren.<lb/>
Wir müssen es aber als ein für alle diese Theile geltendes Urge-<lb/>
setz aufstellen, da&#x017F;s weder die Körnchen, noch die Masse selbst<lb/>
unmittelbar in die Gewebe, so wie sie im ausgebildeten Zustande<lb/>
gefunden werden, übergehen, sondern vorher bestimmte Mittel-<lb/>
stufen durchlaufen müssen, um die permanente Gewebsbildung<lb/>
zu erreichen. Ohne Zweifel ist dieses auch in Bezug auf ihre<lb/>
Mischung der Fall. Was aber die Form betrifft, so modificirt<lb/>
sich dieses Gesetz auf folgende Weise.</p><lb/>
          <list>
            <item>1. Die verbindende Masse wird dichter, dunkeler und durch-<lb/>
läuft die verschiedensten Grade der Consistenz in aufsteigender<lb/>
Reihe. Oder</item><lb/>
            <item>2. Die verbindende Masse wird durchsichtiger, gewinnt an<lb/>
Zähigkeit und Zusammenhang und permanirt entweder so ziem-<lb/>
lich in ihrem früheren halbweichen Zustande oder durchläuft so-<lb/>
gar die verschiedenen Consistenz- und Härtegrade in absteigender<lb/>
Ordnung.</item><lb/>
            <item>3. Die Körnchen werden verflüssigt und zwar<lb/><list><item>a. Es tritt an ihre Stelle ein vollkommen liquider Stoff,<lb/>
welcher sich von der mehr colliquescirten weichen Masse gar nicht<lb/>
unterscheidet, mit ihr zusammenflie&#x017F;st und ein Ganzes, der weite-<lb/>
ren Metamorphose Fähiges darstellt oder</item><lb/><item>b. Die Körnchen verflie&#x017F;sen in einer bestimmten Richtung<lb/>
mit einander und stellen dann gewisse fadenartige Gebilde dar,<lb/>
welche an Consistenz bei weiterer Entwickelung zunehmen.</item></list></item><lb/>
            <item>4. Die Körnchen permaniren zum Theil, colliquesciren also<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">40</fw><lb/></item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[625/0653] VIII. Entstehung der Organtheile und Gewebe. sten kenntlich, indem sie sich besonders durch Gröſsendifferenzen kund giebt, späterhin aber die Durchmesser sich wiederum auf das Mannigfaltigste verändern, wenn bestimmte Organe aus jedem Blatte sich zu bilden begonnen haben. Man könnte daher viel- leicht diese nur mit guten Instrumenten wahrnehmbaren Unter- schiede (s. oben S. 287.) die Urdifferenz der Gewebe der animalen und vegetativen Organe nennen, da die Spaltung der Blätter in Bezug auf die Organogenese dieselbe Bedeutung zu haben scheint. Auch erscheint die Differenz der Kügelchen vollkommen deutlich aus- gesprochen später, als die erste Spur der Spaltung in einzelne Blätter überhaupt. Wie die einzelnen Organe aus ihrem bestimmten Blatte, so entstehen die Organ- und Gewebtheile der ersteren aus den Kü- gelchen und der einfachen und verbindenden Masse des letzteren. Wir müssen es aber als ein für alle diese Theile geltendes Urge- setz aufstellen, daſs weder die Körnchen, noch die Masse selbst unmittelbar in die Gewebe, so wie sie im ausgebildeten Zustande gefunden werden, übergehen, sondern vorher bestimmte Mittel- stufen durchlaufen müssen, um die permanente Gewebsbildung zu erreichen. Ohne Zweifel ist dieses auch in Bezug auf ihre Mischung der Fall. Was aber die Form betrifft, so modificirt sich dieses Gesetz auf folgende Weise. 1. Die verbindende Masse wird dichter, dunkeler und durch- läuft die verschiedensten Grade der Consistenz in aufsteigender Reihe. Oder 2. Die verbindende Masse wird durchsichtiger, gewinnt an Zähigkeit und Zusammenhang und permanirt entweder so ziem- lich in ihrem früheren halbweichen Zustande oder durchläuft so- gar die verschiedenen Consistenz- und Härtegrade in absteigender Ordnung. 3. Die Körnchen werden verflüssigt und zwar a. Es tritt an ihre Stelle ein vollkommen liquider Stoff, welcher sich von der mehr colliquescirten weichen Masse gar nicht unterscheidet, mit ihr zusammenflieſst und ein Ganzes, der weite- ren Metamorphose Fähiges darstellt oder b. Die Körnchen verflieſsen in einer bestimmten Richtung mit einander und stellen dann gewisse fadenartige Gebilde dar, welche an Consistenz bei weiterer Entwickelung zunehmen. 4. Die Körnchen permaniren zum Theil, colliquesciren also 40

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/653
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/653>, abgerufen am 23.11.2024.