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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen.
Peritoneum oder der Pleura fehlt; allein dessen ungeachtet bezeich-
net sich die äussere Begrenzung bestimmt genug und das Blastem
nimmt ein ungleiches deutlich lappiges Ansehen an. Es zerfällt end-
lich im Laufe der Entwickelung in ähnliche kleinere Läppchen, wel-
che dann, wenn das Blastema bis auf seinen in Schleimgewebe sich
metamorphosirenden Theil aufgezehrt ist, die einzelnen Drüsen-
läppchen constituiren. Die innere Ausbildung geht zwar bei allen
dreien dem Normaltypus gemäss vor sich. Ob sie aber genau nach
denselben Momenten sich ereigne, wie wir dieses von den Spei-
cheldrüsen bald mit Bestimmtheit aussprechen werden, wagen
wir noch nicht zu entscheiden. Für die Lungen ist uns dieses
fast gewiss; weniger dagegen für die Leber. Allein eine andere
bestimmte Differenz tritt hier ein, nämlich die Dichtigkeit der
Wandungen der Gänge. In den Lungen sind sie bald sehr dicht,
rigide und zum Theil sehr dick, wiewohl ihre blinden Enden,
die Lungenbläschen, überaus zart und dünn sind. In der Leber
sind jene zwar schon um Vieles weicher, allein doch besonders
von dem Blastema bestimmter geschieden; daher selbst künstlich
leichter in Aggregate von Schläuchen zu trennen (wenigstens in
frühester Zeit bei Amphibien und Vögeln). Anders ist es aber
bei den Speicheldrüsen. Hier sind sie zuerst nur dichtere Anhäu-
fungen von Körnermasse, welche eben so leicht zerfliessen und
bei einem selbst sehr leisen Drucke eben so rasch in eine struk-
turlose, körnerhaltige Masse umgewandelt werden, als das Blastema
selbst. Die Gänge entstehen aber, wie ich bestimmt beobachtet
habe, auf folgende Weise. Von der Stelle des Darmrohres, in
welchen der Ausführungsgang der Drüse mündet, entsteht ein
langer und verhältnissmässig weiter Hauptgang. An diesem hän-
gen bald blind sich endigende Nebenäste. Diese entstehen aber
keinesweges durch Verlängerung und seitliche Ramification des
Hauptganges, sondern auf folgende, eben so interessante, als ge-
nau zu beobachtende Art. In der Nähe des Hauptganges oder
eines Astes desselben entstehen selbstständig längliche, bald gegen
die Peripherie hin angeschwollene dichtere Massenanhäufungen,
welche zuerst durchaus in keiner Verbindung mit dem Hauptgange
stehen, ja von ihm um eine kleinere oder etwas grössere Strecke
entfernt sind. Nicht unzweckmässig könnte man diese Theile mit
dem Namen der Inseln der Nebengänge bezeichnen. Diese ver-
binden sich nun mit dem Hauptgange oder dessen Ramificationen,

Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen.
Peritoneum oder der Pleura fehlt; allein dessen ungeachtet bezeich-
net sich die äuſsere Begrenzung bestimmt genug und das Blastem
nimmt ein ungleiches deutlich lappiges Ansehen an. Es zerfällt end-
lich im Laufe der Entwickelung in ähnliche kleinere Läppchen, wel-
che dann, wenn das Blastema bis auf seinen in Schleimgewebe sich
metamorphosirenden Theil aufgezehrt ist, die einzelnen Drüsen-
läppchen constituiren. Die innere Ausbildung geht zwar bei allen
dreien dem Normaltypus gemäſs vor sich. Ob sie aber genau nach
denselben Momenten sich ereigne, wie wir dieses von den Spei-
cheldrüsen bald mit Bestimmtheit aussprechen werden, wagen
wir noch nicht zu entscheiden. Für die Lungen ist uns dieses
fast gewiſs; weniger dagegen für die Leber. Allein eine andere
bestimmte Differenz tritt hier ein, nämlich die Dichtigkeit der
Wandungen der Gänge. In den Lungen sind sie bald sehr dicht,
rigide und zum Theil sehr dick, wiewohl ihre blinden Enden,
die Lungenbläschen, überaus zart und dünn sind. In der Leber
sind jene zwar schon um Vieles weicher, allein doch besonders
von dem Blastema bestimmter geschieden; daher selbst künstlich
leichter in Aggregate von Schläuchen zu trennen (wenigstens in
frühester Zeit bei Amphibien und Vögeln). Anders ist es aber
bei den Speicheldrüsen. Hier sind sie zuerst nur dichtere Anhäu-
fungen von Körnermasse, welche eben so leicht zerflieſsen und
bei einem selbst sehr leisen Drucke eben so rasch in eine struk-
turlose, körnerhaltige Masse umgewandelt werden, als das Blastema
selbst. Die Gänge entstehen aber, wie ich bestimmt beobachtet
habe, auf folgende Weise. Von der Stelle des Darmrohres, in
welchen der Ausführungsgang der Drüse mündet, entsteht ein
langer und verhältniſsmäſsig weiter Hauptgang. An diesem hän-
gen bald blind sich endigende Nebenäste. Diese entstehen aber
keinesweges durch Verlängerung und seitliche Ramification des
Hauptganges, sondern auf folgende, eben so interessante, als ge-
nau zu beobachtende Art. In der Nähe des Hauptganges oder
eines Astes desselben entstehen selbstständig längliche, bald gegen
die Peripherie hin angeschwollene dichtere Massenanhäufungen,
welche zuerst durchaus in keiner Verbindung mit dem Hauptgange
stehen, ja von ihm um eine kleinere oder etwas gröſsere Strecke
entfernt sind. Nicht unzweckmäſsig könnte man diese Theile mit
dem Namen der Inseln der Nebengänge bezeichnen. Diese ver-
binden sich nun mit dem Hauptgange oder dessen Ramificationen,

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[523/0551] Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen. Peritoneum oder der Pleura fehlt; allein dessen ungeachtet bezeich- net sich die äuſsere Begrenzung bestimmt genug und das Blastem nimmt ein ungleiches deutlich lappiges Ansehen an. Es zerfällt end- lich im Laufe der Entwickelung in ähnliche kleinere Läppchen, wel- che dann, wenn das Blastema bis auf seinen in Schleimgewebe sich metamorphosirenden Theil aufgezehrt ist, die einzelnen Drüsen- läppchen constituiren. Die innere Ausbildung geht zwar bei allen dreien dem Normaltypus gemäſs vor sich. Ob sie aber genau nach denselben Momenten sich ereigne, wie wir dieses von den Spei- cheldrüsen bald mit Bestimmtheit aussprechen werden, wagen wir noch nicht zu entscheiden. Für die Lungen ist uns dieses fast gewiſs; weniger dagegen für die Leber. Allein eine andere bestimmte Differenz tritt hier ein, nämlich die Dichtigkeit der Wandungen der Gänge. In den Lungen sind sie bald sehr dicht, rigide und zum Theil sehr dick, wiewohl ihre blinden Enden, die Lungenbläschen, überaus zart und dünn sind. In der Leber sind jene zwar schon um Vieles weicher, allein doch besonders von dem Blastema bestimmter geschieden; daher selbst künstlich leichter in Aggregate von Schläuchen zu trennen (wenigstens in frühester Zeit bei Amphibien und Vögeln). Anders ist es aber bei den Speicheldrüsen. Hier sind sie zuerst nur dichtere Anhäu- fungen von Körnermasse, welche eben so leicht zerflieſsen und bei einem selbst sehr leisen Drucke eben so rasch in eine struk- turlose, körnerhaltige Masse umgewandelt werden, als das Blastema selbst. Die Gänge entstehen aber, wie ich bestimmt beobachtet habe, auf folgende Weise. Von der Stelle des Darmrohres, in welchen der Ausführungsgang der Drüse mündet, entsteht ein langer und verhältniſsmäſsig weiter Hauptgang. An diesem hän- gen bald blind sich endigende Nebenäste. Diese entstehen aber keinesweges durch Verlängerung und seitliche Ramification des Hauptganges, sondern auf folgende, eben so interessante, als ge- nau zu beobachtende Art. In der Nähe des Hauptganges oder eines Astes desselben entstehen selbstständig längliche, bald gegen die Peripherie hin angeschwollene dichtere Massenanhäufungen, welche zuerst durchaus in keiner Verbindung mit dem Hauptgange stehen, ja von ihm um eine kleinere oder etwas gröſsere Strecke entfernt sind. Nicht unzweckmäſsig könnte man diese Theile mit dem Namen der Inseln der Nebengänge bezeichnen. Diese ver- binden sich nun mit dem Hauptgange oder dessen Ramificationen,

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/551>, abgerufen am 23.11.2024.