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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausstülpnngsbildungen. Leber.
Hundeembryonen, welche v. Bär (de ovo mammalium p. 2--4.)
beschrieben, wird dieses Organes noch durchaus keine Erwähnung
gethan, während Bojanus (Nov. Act. Ac. N. C. Tom. X.) in sei-
nen etwas älteren Früchten desselben Thieres die Leber eben so
fand, wie Rathke und wir selbst dieses Organ bei jungen Schaaf-
und Schweineembryonen zu beobachten Gelegenheit hatten, näm-
lich schon von bedeutendem Umfange, wenn auch noch nicht in
dem Grade, dass sie, wie es bald darauf der Fall ist, den gröss-
ten Theil des Unterleibes ausfüllt. In diesem Zustande hat sie
auch Joh. Müller (Meck. Arch. 1830. S. 421. 429. 434.) bei
zarten menschlichen Embryonen gesehen. Je jünger die Frucht
ist, desto weniger sind der rechte und linke Leberlappen von ein-
ander verschieden. Hierin stimmen alle zuverlässigen Beobachter
überein, und Jeder kann sich von dieser merkwürdigen Thatsache
leicht überzeugen, welche mit der Entwickelung des Hühnchens
in Analogie steht und aus welcher Burdach (Phys. II. S. 504.)
mit Recht den Schluss zieht, dass wahrscheinlich auch bei dem
Menschen eine doppelte Ausstülpung das erste Rudiment der Le-
ber bilde. Nach allen Erfahrungen nimmt die Leber sehr bald
den grössten Theil des Unterleibes ein. So fand ich sie schon,
die Hälfte desselben einnehmend, bei noch nicht fünf Linien lan-
gen Schaafembryonen, während bei acht Linien langen ihr Um-
fang schon mehr als 3/4 der Viscera intra peritoneum sita be-
trägt. Die Gedärme liegen daher während des grössten Theiles
des Fruchtlebens, besonders bald nach ihrem Rücktritte aus der
Nabelschnur oder nach vollkommenerer Schliessung der Bauch-
platten, hinter ihr verborgen, und erst später, wenn der hintere
Theil des Unterleibes mehr wächst und der Nabel mehr nach
vorn rückt, befindet sich auch wiederum ein grosser Theil der
Gedärme frei unter den Bauchdecken und ihrem Peritonealüber-
zuge. Dennoch aber dauert es sehr lange und wird weder bei
den Säugethieren noch bei dem Menschen vor der Geburt so voll-
endet, dass die Leber ihre dem Zwerchfelle parallele Richtung
annimmt, wie dieses in dem Erwachsenen der Fall ist. Ueber
den Menschen hat in dieser Rücksicht J. Fr. Meckel eine Reihe
von Beobachtungen bekannt gemacht, von denen wir hier das
Wichtigste auszugsweise mittheilen. Bei einem 1/2 Zoll langen Em-
bryo (Beitr. z. vgl. Anat. I. S. 75.) sah er die Leber durch die
durchsichtigen Bauchwandungen hindurchschimmern. Sie war et-

Ausstülpnngsbildungen. Leber.
Hundeembryonen, welche v. Bär (de ovo mammalium p. 2—4.)
beschrieben, wird dieses Organes noch durchaus keine Erwähnung
gethan, während Bojanus (Nov. Act. Ac. N. C. Tom. X.) in sei-
nen etwas älteren Früchten desselben Thieres die Leber eben so
fand, wie Rathke und wir selbst dieses Organ bei jungen Schaaf-
und Schweineembryonen zu beobachten Gelegenheit hatten, näm-
lich schon von bedeutendem Umfange, wenn auch noch nicht in
dem Grade, daſs sie, wie es bald darauf der Fall ist, den gröſs-
ten Theil des Unterleibes ausfüllt. In diesem Zustande hat sie
auch Joh. Müller (Meck. Arch. 1830. S. 421. 429. 434.) bei
zarten menschlichen Embryonen gesehen. Je jünger die Frucht
ist, desto weniger sind der rechte und linke Leberlappen von ein-
ander verschieden. Hierin stimmen alle zuverlässigen Beobachter
überein, und Jeder kann sich von dieser merkwürdigen Thatsache
leicht überzeugen, welche mit der Entwickelung des Hühnchens
in Analogie steht und aus welcher Burdach (Phys. II. S. 504.)
mit Recht den Schluſs zieht, daſs wahrscheinlich auch bei dem
Menschen eine doppelte Ausstülpung das erste Rudiment der Le-
ber bilde. Nach allen Erfahrungen nimmt die Leber sehr bald
den gröſsten Theil des Unterleibes ein. So fand ich sie schon,
die Hälfte desselben einnehmend, bei noch nicht fünf Linien lan-
gen Schaafembryonen, während bei acht Linien langen ihr Um-
fang schon mehr als ¾ der Viscera intra peritoneum sita be-
trägt. Die Gedärme liegen daher während des gröſsten Theiles
des Fruchtlebens, besonders bald nach ihrem Rücktritte aus der
Nabelschnur oder nach vollkommenerer Schlieſsung der Bauch-
platten, hinter ihr verborgen, und erst später, wenn der hintere
Theil des Unterleibes mehr wächst und der Nabel mehr nach
vorn rückt, befindet sich auch wiederum ein groſser Theil der
Gedärme frei unter den Bauchdecken und ihrem Peritonealüber-
zuge. Dennoch aber dauert es sehr lange und wird weder bei
den Säugethieren noch bei dem Menschen vor der Geburt so voll-
endet, daſs die Leber ihre dem Zwerchfelle parallele Richtung
annimmt, wie dieses in dem Erwachsenen der Fall ist. Ueber
den Menschen hat in dieser Rücksicht J. Fr. Meckel eine Reihe
von Beobachtungen bekannt gemacht, von denen wir hier das
Wichtigste auszugsweise mittheilen. Bei einem ½ Zoll langen Em-
bryo (Beitr. z. vgl. Anat. I. S. 75.) sah er die Leber durch die
durchsichtigen Bauchwandungen hindurchschimmern. Sie war et-

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[517/0545] Ausstülpnngsbildungen. Leber. Hundeembryonen, welche v. Bär (de ovo mammalium p. 2—4.) beschrieben, wird dieses Organes noch durchaus keine Erwähnung gethan, während Bojanus (Nov. Act. Ac. N. C. Tom. X.) in sei- nen etwas älteren Früchten desselben Thieres die Leber eben so fand, wie Rathke und wir selbst dieses Organ bei jungen Schaaf- und Schweineembryonen zu beobachten Gelegenheit hatten, näm- lich schon von bedeutendem Umfange, wenn auch noch nicht in dem Grade, daſs sie, wie es bald darauf der Fall ist, den gröſs- ten Theil des Unterleibes ausfüllt. In diesem Zustande hat sie auch Joh. Müller (Meck. Arch. 1830. S. 421. 429. 434.) bei zarten menschlichen Embryonen gesehen. Je jünger die Frucht ist, desto weniger sind der rechte und linke Leberlappen von ein- ander verschieden. Hierin stimmen alle zuverlässigen Beobachter überein, und Jeder kann sich von dieser merkwürdigen Thatsache leicht überzeugen, welche mit der Entwickelung des Hühnchens in Analogie steht und aus welcher Burdach (Phys. II. S. 504.) mit Recht den Schluſs zieht, daſs wahrscheinlich auch bei dem Menschen eine doppelte Ausstülpung das erste Rudiment der Le- ber bilde. Nach allen Erfahrungen nimmt die Leber sehr bald den gröſsten Theil des Unterleibes ein. So fand ich sie schon, die Hälfte desselben einnehmend, bei noch nicht fünf Linien lan- gen Schaafembryonen, während bei acht Linien langen ihr Um- fang schon mehr als ¾ der Viscera intra peritoneum sita be- trägt. Die Gedärme liegen daher während des gröſsten Theiles des Fruchtlebens, besonders bald nach ihrem Rücktritte aus der Nabelschnur oder nach vollkommenerer Schlieſsung der Bauch- platten, hinter ihr verborgen, und erst später, wenn der hintere Theil des Unterleibes mehr wächst und der Nabel mehr nach vorn rückt, befindet sich auch wiederum ein groſser Theil der Gedärme frei unter den Bauchdecken und ihrem Peritonealüber- zuge. Dennoch aber dauert es sehr lange und wird weder bei den Säugethieren noch bei dem Menschen vor der Geburt so voll- endet, daſs die Leber ihre dem Zwerchfelle parallele Richtung annimmt, wie dieses in dem Erwachsenen der Fall ist. Ueber den Menschen hat in dieser Rücksicht J. Fr. Meckel eine Reihe von Beobachtungen bekannt gemacht, von denen wir hier das Wichtigste auszugsweise mittheilen. Bei einem ½ Zoll langen Em- bryo (Beitr. z. vgl. Anat. I. S. 75.) sah er die Leber durch die durchsichtigen Bauchwandungen hindurchschimmern. Sie war et-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/545>, abgerufen am 23.11.2024.