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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
Darmrohres hervorgeht, oder wie ist die Conformation des Schleim-
blattes in der höchsten Thierklasse bei den ersten Momenten der
Entwickelung beschaffen. Da es an Beobachtungen der Säugethier-
embryonen der allerersten Zeit der Entwickelung gänzlich fehlt,
die Zahl derselben aus den frühsten Stadien der Evolution,
besonders solcher, welche mit Sicherheit zu wissenschaftlichen
Resultaten zu benutzen sind, gering ist, so ist natürlich den Con-
jecturen hier das Feld geöffnet. Daher wird auch eine Reihe sich
vielfach widersprechender Angaben gefunden, welche weniger,
wiewohl auch zum Theil auf differenten Erfahrungen beruhen,
als darin ihren Grund haben, dass man von bestimmten gesehenen
Stadien einer frühen Entwickelung auf verschiedene Weise rück-
wärts schloss. Man muss aber hier zwei Ansichten unterscheiden,
aus welchen die hauptsächlichsten Angaben hervorgingen. Die
einen nämlich, welche nur dasjenige annahmen, was sie aus spä-
teren Stadien der Entwickelung wirklich gesehen hatten, wurden
von manchen unläugbar hier sich zeigenden Eigenthümlichkeiten
so geblendet, dass sie die spezielle Analogie mit dem Vogel we-
niger berücksichtigten, als sie es in der That verdiente und ihre
freilich frühen Embryonenbildungen für früheste auszugeben kei-
nen Anstand nahmen. Andere dagegen verfielen in ein anderes
Extrem. Sie parallelisirten, bewusst oder unbewusst, den Vogel
mit dem Säugethiere in dieser Rücksicht völlig, und sprachen
daher mit Bestimmtheit Sätze aus, welche jedenfalls unbegründet,
zum Theil aber auch ganz falsch waren. Als einer mittleren
und wahreren Richtung angehörig kann endlich die Zahl derjeni-
gen angesehen werden, welche die Aehnlichkeiten sowohl als die
Verschiedenheiten zwischen Vögeln und Säugethieren in Betrach-
tung zogen und so weder den allgemeinen Typus noch die spe-
ziellere Individualität unberücksichtigt liessen.

Vor Allem ist es hier zu bestimmen nothwendig: Welches
ist der Dotter der Säugethiere? Wie er in dem Eie sich ver-
halte, ist schon oben abgehandelt worden. Wir müssen aber hier
den Faden von Neuem wieder aufnehmen, um zur klaren Einsicht
dieses Verhältnisses zu gelangen. Bei den Vögeln, so wie bei
den niederen Thierklassen ist der Dotter die Nahrungsflüssigkeit
der Frucht und zwar der grösste Theil derselben, indem ein im
Ganzen geringerer Antheil von Ernährungsstoffen durch die Res-
piration des Eies hinzugefügt wird. Nicht so bei den Mamma-

lien.

Von dem Embryo.
Darmrohres hervorgeht, oder wie ist die Conformation des Schleim-
blattes in der höchsten Thierklasse bei den ersten Momenten der
Entwickelung beschaffen. Da es an Beobachtungen der Säugethier-
embryonen der allerersten Zeit der Entwickelung gänzlich fehlt,
die Zahl derselben aus den frühsten Stadien der Evolution,
besonders solcher, welche mit Sicherheit zu wissenschaftlichen
Resultaten zu benutzen sind, gering ist, so ist natürlich den Con-
jecturen hier das Feld geöffnet. Daher wird auch eine Reihe sich
vielfach widersprechender Angaben gefunden, welche weniger,
wiewohl auch zum Theil auf differenten Erfahrungen beruhen,
als darin ihren Grund haben, daſs man von bestimmten gesehenen
Stadien einer frühen Entwickelung auf verschiedene Weise rück-
wärts schloſs. Man muſs aber hier zwei Ansichten unterscheiden,
aus welchen die hauptsächlichsten Angaben hervorgingen. Die
einen nämlich, welche nur dasjenige annahmen, was sie aus spä-
teren Stadien der Entwickelung wirklich gesehen hatten, wurden
von manchen unläugbar hier sich zeigenden Eigenthümlichkeiten
so geblendet, daſs sie die spezielle Analogie mit dem Vogel we-
niger berücksichtigten, als sie es in der That verdiente und ihre
freilich frühen Embryonenbildungen für früheste auszugeben kei-
nen Anstand nahmen. Andere dagegen verfielen in ein anderes
Extrem. Sie parallelisirten, bewuſst oder unbewuſst, den Vogel
mit dem Säugethiere in dieser Rücksicht völlig, und sprachen
daher mit Bestimmtheit Sätze aus, welche jedenfalls unbegründet,
zum Theil aber auch ganz falsch waren. Als einer mittleren
und wahreren Richtung angehörig kann endlich die Zahl derjeni-
gen angesehen werden, welche die Aehnlichkeiten sowohl als die
Verschiedenheiten zwischen Vögeln und Säugethieren in Betrach-
tung zogen und so weder den allgemeinen Typus noch die spe-
ziellere Individualität unberücksichtigt lieſsen.

Vor Allem ist es hier zu bestimmen nothwendig: Welches
ist der Dotter der Säugethiere? Wie er in dem Eie sich ver-
halte, ist schon oben abgehandelt worden. Wir müssen aber hier
den Faden von Neuem wieder aufnehmen, um zur klaren Einsicht
dieses Verhältnisses zu gelangen. Bei den Vögeln, so wie bei
den niederen Thierklassen ist der Dotter die Nahrungsflüssigkeit
der Frucht und zwar der gröſste Theil derselben, indem ein im
Ganzen geringerer Antheil von Ernährungsstoffen durch die Res-
piration des Eies hinzugefügt wird. Nicht so bei den Mamma-

lien.
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[432/0460] Von dem Embryo. Darmrohres hervorgeht, oder wie ist die Conformation des Schleim- blattes in der höchsten Thierklasse bei den ersten Momenten der Entwickelung beschaffen. Da es an Beobachtungen der Säugethier- embryonen der allerersten Zeit der Entwickelung gänzlich fehlt, die Zahl derselben aus den frühsten Stadien der Evolution, besonders solcher, welche mit Sicherheit zu wissenschaftlichen Resultaten zu benutzen sind, gering ist, so ist natürlich den Con- jecturen hier das Feld geöffnet. Daher wird auch eine Reihe sich vielfach widersprechender Angaben gefunden, welche weniger, wiewohl auch zum Theil auf differenten Erfahrungen beruhen, als darin ihren Grund haben, daſs man von bestimmten gesehenen Stadien einer frühen Entwickelung auf verschiedene Weise rück- wärts schloſs. Man muſs aber hier zwei Ansichten unterscheiden, aus welchen die hauptsächlichsten Angaben hervorgingen. Die einen nämlich, welche nur dasjenige annahmen, was sie aus spä- teren Stadien der Entwickelung wirklich gesehen hatten, wurden von manchen unläugbar hier sich zeigenden Eigenthümlichkeiten so geblendet, daſs sie die spezielle Analogie mit dem Vogel we- niger berücksichtigten, als sie es in der That verdiente und ihre freilich frühen Embryonenbildungen für früheste auszugeben kei- nen Anstand nahmen. Andere dagegen verfielen in ein anderes Extrem. Sie parallelisirten, bewuſst oder unbewuſst, den Vogel mit dem Säugethiere in dieser Rücksicht völlig, und sprachen daher mit Bestimmtheit Sätze aus, welche jedenfalls unbegründet, zum Theil aber auch ganz falsch waren. Als einer mittleren und wahreren Richtung angehörig kann endlich die Zahl derjeni- gen angesehen werden, welche die Aehnlichkeiten sowohl als die Verschiedenheiten zwischen Vögeln und Säugethieren in Betrach- tung zogen und so weder den allgemeinen Typus noch die spe- ziellere Individualität unberücksichtigt lieſsen. Vor Allem ist es hier zu bestimmen nothwendig: Welches ist der Dotter der Säugethiere? Wie er in dem Eie sich ver- halte, ist schon oben abgehandelt worden. Wir müssen aber hier den Faden von Neuem wieder aufnehmen, um zur klaren Einsicht dieses Verhältnisses zu gelangen. Bei den Vögeln, so wie bei den niederen Thierklassen ist der Dotter die Nahrungsflüssigkeit der Frucht und zwar der gröſste Theil derselben, indem ein im Ganzen geringerer Antheil von Ernährungsstoffen durch die Res- piration des Eies hinzugefügt wird. Nicht so bei den Mamma- lien.

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/460>, abgerufen am 22.11.2024.