schen benutzen zu können. Wir folgen aber in diesem Punkte den Untersuchungen von Purkinje (Symbolae ad ovi avium hi- storiam ante incubationem. Wratisl. 1825. ed alt. Lips. 1830. 4), welche wir nach eigenen, zum Theil mit dem Verfasser ge- meinschaftlich angestellten neueren Beobachtungen nur zu be- stätigen und in sehr Wenigem zu erweitern vermögen.
Untersucht man die kleinsten Eier des Ovarium eines Vo- gels, z. B. des Haushuhnes, so findet man dieselben von ziem- lich bestimmt sphärischer Form und graulich weisser Farbe. Die äussere, sie umschliessende Membran so wie die Lamelle der Blut- gefässe ist sehr schwer von der Dotterhaut zu trennen, und ge- lingt dies auch, so nimmt man nichts als ein feinkörniges dun- keles Wesen, welches den ganzen Inhalt des Eichens constituirt, wahr. Durch Zerpressen zwischen zwei Glasplatten kann man aber die vollkommen durchsichtige und scheinbar strukturlose Dotterhaut von dem Inhalte des Eichens trennen. Dieser letz- tere besteht aus einer flüssigen Masse, welche eine ungemein grosse Anzahl sehr kleiner, bestimmt runder Körperchen enthält. Die Grösse dieser durchsichtigen Körperchen ist so gering, dass sie die der Brownschen Moleküle nur um Weniges übertrifft. Auch zeigen diese Körnchen, wie Gruithuisen schon beobachtet hat (s. unten im zweiten Abschnitte die Genese des Blutes) und wir selbst bestätigen können, sehr oft Brownsche Molekularbe- wegung. In grösseren Eichen hat sich nun die, die Körnchen verbindende, homogene, durchsichtige Masse vermehrt und eine ölartige Consistenz angenommen. Dieses zeigt sich einerseits da- durch, dass die Flüssigkeit einen höheren Grad von Tenacität er- langt hat und einzelne runde Tropfen in ihr, wie Oel- oder Fett- tropfen, erscheinen, anderseits aber dadurch, dass sowohl diese isolirten Kugeln als das ganze Ei selbst eine immer mehr satu- rirt gelbe Farbe erhalten. Man nennt dann gewöhnlich dieses Contentum des Eies Dotter. Betrachten wir aber das hier Statt findende Verhältniss genauer, so sehen wir, dass der Dotter des Vogels einerseits aus der primären, sehr kleinkörnigen Masse, an- derseits aus einem öligten Stoffe besteht. Dieses hellt uns aber über den Zustand der Eier, der Säugethiere so wie der niederen Wirbelthiere auf. Bei den Letzteren sind nämlich diese beiden Massen nicht, wie bei dem Vogel, mit einander vermengt, sondern mehr oder minder geschieden. So finden sich in dem Eie der
I. Das unbefruchtete, im Eierstock enthaltene Ei.
schen benutzen zu können. Wir folgen aber in diesem Punkte den Untersuchungen von Purkinje (Symbolae ad ovi avium hi- storiam ante incubationem. Wratisl. 1825. ed alt. Lips. 1830. 4), welche wir nach eigenen, zum Theil mit dem Verfasser ge- meinschaftlich angestellten neueren Beobachtungen nur zu be- stätigen und in sehr Wenigem zu erweitern vermögen.
Untersucht man die kleinsten Eier des Ovarium eines Vo- gels, z. B. des Haushuhnes, so findet man dieselben von ziem- lich bestimmt sphärischer Form und graulich weiſser Farbe. Die äuſsere, sie umschlieſsende Membran so wie die Lamelle der Blut- gefäſse ist sehr schwer von der Dotterhaut zu trennen, und ge- lingt dies auch, so nimmt man nichts als ein feinkörniges dun- keles Wesen, welches den ganzen Inhalt des Eichens constituirt, wahr. Durch Zerpressen zwischen zwei Glasplatten kann man aber die vollkommen durchsichtige und scheinbar strukturlose Dotterhaut von dem Inhalte des Eichens trennen. Dieser letz- tere besteht aus einer flüssigen Masse, welche eine ungemein groſse Anzahl sehr kleiner, bestimmt runder Körperchen enthält. Die Gröſse dieser durchsichtigen Körperchen ist so gering, daſs sie die der Brownschen Moleküle nur um Weniges übertrifft. Auch zeigen diese Körnchen, wie Gruithuisen schon beobachtet hat (s. unten im zweiten Abschnitte die Genese des Blutes) und wir selbst bestätigen können, sehr oft Brownsche Molekularbe- wegung. In gröſseren Eichen hat sich nun die, die Körnchen verbindende, homogene, durchsichtige Masse vermehrt und eine ölartige Consistenz angenommen. Dieses zeigt sich einerseits da- durch, daſs die Flüssigkeit einen höheren Grad von Tenacität er- langt hat und einzelne runde Tropfen in ihr, wie Oel- oder Fett- tropfen, erscheinen, anderseits aber dadurch, daſs sowohl diese isolirten Kugeln als das ganze Ei selbst eine immer mehr satu- rirt gelbe Farbe erhalten. Man nennt dann gewöhnlich dieses Contentum des Eies Dotter. Betrachten wir aber das hier Statt findende Verhältniſs genauer, so sehen wir, daſs der Dotter des Vogels einerseits aus der primären, sehr kleinkörnigen Masse, an- derseits aus einem öligten Stoffe besteht. Dieses hellt uns aber über den Zustand der Eier, der Säugethiere so wie der niederen Wirbelthiere auf. Bei den Letzteren sind nämlich diese beiden Massen nicht, wie bei dem Vogel, mit einander vermengt, sondern mehr oder minder geschieden. So finden sich in dem Eie der
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[4/0032]
I. Das unbefruchtete, im Eierstock enthaltene Ei.
schen benutzen zu können. Wir folgen aber in diesem Punkte
den Untersuchungen von Purkinje (Symbolae ad ovi avium hi-
storiam ante incubationem. Wratisl. 1825. ed alt. Lips. 1830.
4), welche wir nach eigenen, zum Theil mit dem Verfasser ge-
meinschaftlich angestellten neueren Beobachtungen nur zu be-
stätigen und in sehr Wenigem zu erweitern vermögen.
Untersucht man die kleinsten Eier des Ovarium eines Vo-
gels, z. B. des Haushuhnes, so findet man dieselben von ziem-
lich bestimmt sphärischer Form und graulich weiſser Farbe. Die
äuſsere, sie umschlieſsende Membran so wie die Lamelle der Blut-
gefäſse ist sehr schwer von der Dotterhaut zu trennen, und ge-
lingt dies auch, so nimmt man nichts als ein feinkörniges dun-
keles Wesen, welches den ganzen Inhalt des Eichens constituirt,
wahr. Durch Zerpressen zwischen zwei Glasplatten kann man
aber die vollkommen durchsichtige und scheinbar strukturlose
Dotterhaut von dem Inhalte des Eichens trennen. Dieser letz-
tere besteht aus einer flüssigen Masse, welche eine ungemein
groſse Anzahl sehr kleiner, bestimmt runder Körperchen enthält.
Die Gröſse dieser durchsichtigen Körperchen ist so gering, daſs
sie die der Brownschen Moleküle nur um Weniges übertrifft.
Auch zeigen diese Körnchen, wie Gruithuisen schon beobachtet
hat (s. unten im zweiten Abschnitte die Genese des Blutes) und
wir selbst bestätigen können, sehr oft Brownsche Molekularbe-
wegung. In gröſseren Eichen hat sich nun die, die Körnchen
verbindende, homogene, durchsichtige Masse vermehrt und eine
ölartige Consistenz angenommen. Dieses zeigt sich einerseits da-
durch, daſs die Flüssigkeit einen höheren Grad von Tenacität er-
langt hat und einzelne runde Tropfen in ihr, wie Oel- oder Fett-
tropfen, erscheinen, anderseits aber dadurch, daſs sowohl diese
isolirten Kugeln als das ganze Ei selbst eine immer mehr satu-
rirt gelbe Farbe erhalten. Man nennt dann gewöhnlich dieses
Contentum des Eies Dotter. Betrachten wir aber das hier Statt
findende Verhältniſs genauer, so sehen wir, daſs der Dotter des
Vogels einerseits aus der primären, sehr kleinkörnigen Masse, an-
derseits aus einem öligten Stoffe besteht. Dieses hellt uns aber
über den Zustand der Eier, der Säugethiere so wie der niederen
Wirbelthiere auf. Bei den Letzteren sind nämlich diese beiden
Massen nicht, wie bei dem Vogel, mit einander vermengt, sondern
mehr oder minder geschieden. So finden sich in dem Eie der
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/32>, abgerufen am 25.11.2024.
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