die Muskeln. So sind gegen das Ende des dritten Monates schon die Sehnenfasern durchsichtige Cylinder und von den daran sich fügenden Muskelfasern bestimmt geschieden. Man sieht, wie hier die solideren Sehnenfasern sich unter den noch körnigen Muskel- fasern fortsetzen, wie zwischen ihnen keine Spur von Körnchen wahrzunehmen ist und wie schon in so früher Zeit Sehnen- und Muskelfaser geschieden sind und durchaus kein wechselseitiger Uebergang der einen in die andere Statt findet. -- Die Sehnen- fasern sind in früheren Zeiten stärker, als später. So fand ich ihren Durchmesser in der Achillessehne eines dreimonatlichen Embryo 0,000814 P. Z., in demselben Theile eines fünfmonatli- chen 0,000507 P. Z. und in dem Neugeborenen 0,000456 P. Z. -- Das äussere Ansehen der Sehnen ist in jedem Fötus röthlich und daher den blassen Muskelgebilden nicht unähnlich. Doch sind sie von diesen schon vom dritten Monate an durch bedeu- tendere Dichtigkeit und Zähigkeit unterschieden.
Das stratum gelatinosum, welches in frühester Zeit auf beiden Oberflächen fast glatt war, erhält, je mehr musculöse und sehnigte Theile ausgebildet werden, ein immer mehr zerrissenes Ansehen auf seiner Unterfläche, indem es sich zwischen die ein- zelnen Muskeln und Muskelbündel, Sehnen und Sehnenbündel ein- schlägt und das Bindungsmittel derselben abgiebt. In diesem Zustande enthält sein gallertartiger Grundbestandtheil eine grosse Anzahl von Kügelchen, deren Durchmesser im zweiten und drit- ten Monate von 0,000262 P. Z. bis 0,000456 P. Z. variirt. Spä- ter wird die Zahl der grösseren Kügelchen kleiner und es ent- steht die bekannte Form des Schleimgewebes d. h. eine gallert- artige Masse, welche häufig feine Fäden und sehr kleine, unge- fähr 0,000152 P. Z. im Durchmesser haltende Körperchen enthält. Schon am Anfange des vierten Monates ist dieses Schleimgewebe an manchen Stellen, z. B. dem Rücken, vollständig ausgebildet.
Die Extremitätenscheiden stimmen in ihrer Genese mit den fibrösen Häuten überhaupt völlig überein.
Anhang. Rumpfnerven. -- Ueber ihre erste Entstehung ist Vie- les gefabelt und Weniges nur wahrhaft beobachtet worden. Die Frage aber, ob diese von dem Centralsysteme aus in die Organe hin- ein, oder von den Organen nach diesem hin, wie Serres sogar gese- hen haben will, sich bilden, halten wir, wie v. Bär (Burdachs Phy- siol. II. S. 446.) es schon ausgesprochen, für eine durch Erfahrung
Von dem Embryo.
die Muskeln. So sind gegen das Ende des dritten Monates schon die Sehnenfasern durchsichtige Cylinder und von den daran sich fügenden Muskelfasern bestimmt geschieden. Man sieht, wie hier die solideren Sehnenfasern sich unter den noch körnigen Muskel- fasern fortsetzen, wie zwischen ihnen keine Spur von Körnchen wahrzunehmen ist und wie schon in so früher Zeit Sehnen- und Muskelfaser geschieden sind und durchaus kein wechselseitiger Uebergang der einen in die andere Statt findet. — Die Sehnen- fasern sind in früheren Zeiten stärker, als später. So fand ich ihren Durchmesser in der Achillessehne eines dreimonatlichen Embryo 0,000814 P. Z., in demselben Theile eines fünfmonatli- chen 0,000507 P. Z. und in dem Neugeborenen 0,000456 P. Z. — Das äuſsere Ansehen der Sehnen ist in jedem Fötus röthlich und daher den blassen Muskelgebilden nicht unähnlich. Doch sind sie von diesen schon vom dritten Monate an durch bedeu- tendere Dichtigkeit und Zähigkeit unterschieden.
Das stratum gelatinosum, welches in frühester Zeit auf beiden Oberflächen fast glatt war, erhält, je mehr musculöse und sehnigte Theile ausgebildet werden, ein immer mehr zerrissenes Ansehen auf seiner Unterfläche, indem es sich zwischen die ein- zelnen Muskeln und Muskelbündel, Sehnen und Sehnenbündel ein- schlägt und das Bindungsmittel derselben abgiebt. In diesem Zustande enthält sein gallertartiger Grundbestandtheil eine groſse Anzahl von Kügelchen, deren Durchmesser im zweiten und drit- ten Monate von 0,000262 P. Z. bis 0,000456 P. Z. variirt. Spä- ter wird die Zahl der gröſseren Kügelchen kleiner und es ent- steht die bekannte Form des Schleimgewebes d. h. eine gallert- artige Masse, welche häufig feine Fäden und sehr kleine, unge- fähr 0,000152 P. Z. im Durchmesser haltende Körperchen enthält. Schon am Anfange des vierten Monates ist dieses Schleimgewebe an manchen Stellen, z. B. dem Rücken, vollständig ausgebildet.
Die Extremitätenscheiden stimmen in ihrer Genese mit den fibrösen Häuten überhaupt völlig überein.
Anhang. Rumpfnerven. — Ueber ihre erste Entstehung ist Vie- les gefabelt und Weniges nur wahrhaft beobachtet worden. Die Frage aber, ob diese von dem Centralsysteme aus in die Organe hin- ein, oder von den Organen nach diesem hin, wie Serres sogar gese- hen haben will, sich bilden, halten wir, wie v. Bär (Burdachs Phy- siol. II. S. 446.) es schon ausgesprochen, für eine durch Erfahrung
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Von dem Embryo.
die Muskeln. So sind gegen das Ende des dritten Monates schon
die Sehnenfasern durchsichtige Cylinder und von den daran sich
fügenden Muskelfasern bestimmt geschieden. Man sieht, wie hier
die solideren Sehnenfasern sich unter den noch körnigen Muskel-
fasern fortsetzen, wie zwischen ihnen keine Spur von Körnchen
wahrzunehmen ist und wie schon in so früher Zeit Sehnen- und
Muskelfaser geschieden sind und durchaus kein wechselseitiger
Uebergang der einen in die andere Statt findet. — Die Sehnen-
fasern sind in früheren Zeiten stärker, als später. So fand ich
ihren Durchmesser in der Achillessehne eines dreimonatlichen
Embryo 0,000814 P. Z., in demselben Theile eines fünfmonatli-
chen 0,000507 P. Z. und in dem Neugeborenen 0,000456 P. Z.
— Das äuſsere Ansehen der Sehnen ist in jedem Fötus röthlich
und daher den blassen Muskelgebilden nicht unähnlich. Doch
sind sie von diesen schon vom dritten Monate an durch bedeu-
tendere Dichtigkeit und Zähigkeit unterschieden.
Das stratum gelatinosum, welches in frühester Zeit auf
beiden Oberflächen fast glatt war, erhält, je mehr musculöse und
sehnigte Theile ausgebildet werden, ein immer mehr zerrissenes
Ansehen auf seiner Unterfläche, indem es sich zwischen die ein-
zelnen Muskeln und Muskelbündel, Sehnen und Sehnenbündel ein-
schlägt und das Bindungsmittel derselben abgiebt. In diesem
Zustande enthält sein gallertartiger Grundbestandtheil eine groſse
Anzahl von Kügelchen, deren Durchmesser im zweiten und drit-
ten Monate von 0,000262 P. Z. bis 0,000456 P. Z. variirt. Spä-
ter wird die Zahl der gröſseren Kügelchen kleiner und es ent-
steht die bekannte Form des Schleimgewebes d. h. eine gallert-
artige Masse, welche häufig feine Fäden und sehr kleine, unge-
fähr 0,000152 P. Z. im Durchmesser haltende Körperchen enthält.
Schon am Anfange des vierten Monates ist dieses Schleimgewebe
an manchen Stellen, z. B. dem Rücken, vollständig ausgebildet.
Die Extremitätenscheiden stimmen in ihrer Genese mit den
fibrösen Häuten überhaupt völlig überein.
Anhang. Rumpfnerven. — Ueber ihre erste Entstehung ist Vie-
les gefabelt und Weniges nur wahrhaft beobachtet worden. Die
Frage aber, ob diese von dem Centralsysteme aus in die Organe hin-
ein, oder von den Organen nach diesem hin, wie Serres sogar gese-
hen haben will, sich bilden, halten wir, wie v. Bär (Burdachs Phy-
siol. II. S. 446.) es schon ausgesprochen, für eine durch Erfahrung
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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/298>, abgerufen am 22.11.2024.
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