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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
ohne proc. xiphoid. aus seinem 81/2 Linien langen Embryo dar-
stellt. In Blumenbachs Abbildung (specimen physiol. comp.
1789. 4. fig. 1.) dagegen ist es auch noch nicht angegeben. Von
Knorpeln des Extremitätengürtel sind bei einem sechs Linien lan-
gen Embryo durchaus noch keine Spuren wahrzunehmen. Bei
einem acht Linien langen dagegen ist die knorpelige Grundlage
von Rumpf- und Endglied, wiewohl von noch weicherer Consi-
stenz als die Rippen zu beobachten. Schulterblatt und Becken
waren als dichte, länglich runde Massen, so wie das Schlüsselbein
als ein soliderer Faden, doch ohne Spur wahren Knorpels, ange-
legt. Schon in diesem Zustande der Entwickelung jedoch ist es
nach meinen vollständigeren Untersuchungen an Hunde-, Schaaf-
und Schweineembryonen deutlich wahrzunehmen, wie die hinte-
ren Theile der beiden Extremitätengürtel sich um das obere Cen-
tralrohr herumlegen. In früherer Zeit nämlich ragen sie fast gar
nicht über die Mittellinie hervor, später dagegen reichen sie mehr
nach der Mitte zu hinein und nähern sich einander bis zu einer
bestimmten Grenze. Doch ist dieser Process erst dann gänzlich
vollendet, wenn Rumpf-, Mittel- und Endglied einer jeden Extre-
mität sich völlig ausgebildet haben. -- Mehreres hierher noch
Gehörige s. oben bei Gelegenheit der Verknöcherungsgeschichte.

Die Entstehung des Knochengewebes gehört zu den schwie-
rigsten Punkten der Histiogenie und kann erst dann vollständig
begriffen werden, wenn man die oben angeführten drei Zustände
weniger scharf begrenzt ins Auge fasst und nur die Metamorphose
des primären Urstoffes in die feste Knochensubstanz verfolgt. In
dem Folgenden ist das Resultat meiner Beobachtungen hierüber
vom Menschen niedergelegt, die Ausbildung der Thierknochen da-
gegen, welche mehr oder minder wesentlich von den unserigen
abzuweichen scheinen, ganz unberücksichtigt gelassen worden.

Wo späterhin ein umschliessender platter Knochen sich fin-
det, ist in frühester Zeit eine mehr oder minder dichte Mem-
bran; wo in Zukunft ein langer oder runder Knochen gebildet
wird, sehen wir die Substanz der Uranlage zuerst solider und
dunkeler werden. Die Kügelchen des Keimstoffes werden häufi-
ger, liegen näher an einander und verbinden sich durch eine glas-
artig durchsichtige gallertartige Masse zu einem dichteren und
weniger durchscheinenden Stoffe. Noch ist keine Spur von re-
gelmässiger Anordnung der Kügelchen wahrzunehmen. Nur eine

Von dem Embryo.
ohne proc. xiphoid. aus seinem 8½ Linien langen Embryo dar-
stellt. In Blumenbachs Abbildung (specimen physiol. comp.
1789. 4. fig. 1.) dagegen ist es auch noch nicht angegeben. Von
Knorpeln des Extremitätengürtel sind bei einem sechs Linien lan-
gen Embryo durchaus noch keine Spuren wahrzunehmen. Bei
einem acht Linien langen dagegen ist die knorpelige Grundlage
von Rumpf- und Endglied, wiewohl von noch weicherer Consi-
stenz als die Rippen zu beobachten. Schulterblatt und Becken
waren als dichte, länglich runde Massen, so wie das Schlüsselbein
als ein soliderer Faden, doch ohne Spur wahren Knorpels, ange-
legt. Schon in diesem Zustande der Entwickelung jedoch ist es
nach meinen vollständigeren Untersuchungen an Hunde-, Schaaf-
und Schweineembryonen deutlich wahrzunehmen, wie die hinte-
ren Theile der beiden Extremitätengürtel sich um das obere Cen-
tralrohr herumlegen. In früherer Zeit nämlich ragen sie fast gar
nicht über die Mittellinie hervor, später dagegen reichen sie mehr
nach der Mitte zu hinein und nähern sich einander bis zu einer
bestimmten Grenze. Doch ist dieser Proceſs erst dann gänzlich
vollendet, wenn Rumpf-, Mittel- und Endglied einer jeden Extre-
mität sich völlig ausgebildet haben. — Mehreres hierher noch
Gehörige s. oben bei Gelegenheit der Verknöcherungsgeschichte.

Die Entstehung des Knochengewebes gehört zu den schwie-
rigsten Punkten der Histiogenie und kann erst dann vollständig
begriffen werden, wenn man die oben angeführten drei Zustände
weniger scharf begrenzt ins Auge faſst und nur die Metamorphose
des primären Urstoffes in die feste Knochensubstanz verfolgt. In
dem Folgenden ist das Resultat meiner Beobachtungen hierüber
vom Menschen niedergelegt, die Ausbildung der Thierknochen da-
gegen, welche mehr oder minder wesentlich von den unserigen
abzuweichen scheinen, ganz unberücksichtigt gelassen worden.

Wo späterhin ein umschlieſsender platter Knochen sich fin-
det, ist in frühester Zeit eine mehr oder minder dichte Mem-
bran; wo in Zukunft ein langer oder runder Knochen gebildet
wird, sehen wir die Substanz der Uranlage zuerst solider und
dunkeler werden. Die Kügelchen des Keimstoffes werden häufi-
ger, liegen näher an einander und verbinden sich durch eine glas-
artig durchsichtige gallertartige Masse zu einem dichteren und
weniger durchscheinenden Stoffe. Noch ist keine Spur von re-
gelmäſsiger Anordnung der Kügelchen wahrzunehmen. Nur eine

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[260/0288] Von dem Embryo. ohne proc. xiphoid. aus seinem 8½ Linien langen Embryo dar- stellt. In Blumenbachs Abbildung (specimen physiol. comp. 1789. 4. fig. 1.) dagegen ist es auch noch nicht angegeben. Von Knorpeln des Extremitätengürtel sind bei einem sechs Linien lan- gen Embryo durchaus noch keine Spuren wahrzunehmen. Bei einem acht Linien langen dagegen ist die knorpelige Grundlage von Rumpf- und Endglied, wiewohl von noch weicherer Consi- stenz als die Rippen zu beobachten. Schulterblatt und Becken waren als dichte, länglich runde Massen, so wie das Schlüsselbein als ein soliderer Faden, doch ohne Spur wahren Knorpels, ange- legt. Schon in diesem Zustande der Entwickelung jedoch ist es nach meinen vollständigeren Untersuchungen an Hunde-, Schaaf- und Schweineembryonen deutlich wahrzunehmen, wie die hinte- ren Theile der beiden Extremitätengürtel sich um das obere Cen- tralrohr herumlegen. In früherer Zeit nämlich ragen sie fast gar nicht über die Mittellinie hervor, später dagegen reichen sie mehr nach der Mitte zu hinein und nähern sich einander bis zu einer bestimmten Grenze. Doch ist dieser Proceſs erst dann gänzlich vollendet, wenn Rumpf-, Mittel- und Endglied einer jeden Extre- mität sich völlig ausgebildet haben. — Mehreres hierher noch Gehörige s. oben bei Gelegenheit der Verknöcherungsgeschichte. Die Entstehung des Knochengewebes gehört zu den schwie- rigsten Punkten der Histiogenie und kann erst dann vollständig begriffen werden, wenn man die oben angeführten drei Zustände weniger scharf begrenzt ins Auge faſst und nur die Metamorphose des primären Urstoffes in die feste Knochensubstanz verfolgt. In dem Folgenden ist das Resultat meiner Beobachtungen hierüber vom Menschen niedergelegt, die Ausbildung der Thierknochen da- gegen, welche mehr oder minder wesentlich von den unserigen abzuweichen scheinen, ganz unberücksichtigt gelassen worden. Wo späterhin ein umschlieſsender platter Knochen sich fin- det, ist in frühester Zeit eine mehr oder minder dichte Mem- bran; wo in Zukunft ein langer oder runder Knochen gebildet wird, sehen wir die Substanz der Uranlage zuerst solider und dunkeler werden. Die Kügelchen des Keimstoffes werden häufi- ger, liegen näher an einander und verbinden sich durch eine glas- artig durchsichtige gallertartige Masse zu einem dichteren und weniger durchscheinenden Stoffe. Noch ist keine Spur von re- gelmäſsiger Anordnung der Kügelchen wahrzunehmen. Nur eine

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/288>, abgerufen am 22.11.2024.