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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Extremitätengürtel. Knorpelskelett.
dem oberen derselben innig und schienen sich ein wenig über
die graue Zwischenmasse zu erheben, wiewohl keineswegs in dem
Grade, als die weissen Querstreifen selbst. Die Anlagen der Bo-
genhälften waren kleine weisse Leisten, welche nahe an den Wir-
belstreifen sich befanden. Interessant war jedoch die Beschaffen-
heit der obersten Brustwirbel. An diesen waren die runden
Flecke grösser und unregelmässiger. Man konnte deutlich wahr-
nehmen, dass sie Productionen des immer zuächst nach oben gelege-
nen weissen Querstreifens waren. Der oberste Brustwirbel war 3/4'''
von dem Hinterhauptsloche entfernt und zwischen ihnen beiden la-
gen die Anlagen der Halswirbelkörper. Sie stiegen etwas schief von
aussen und unten nach oben und innen empor. Nur der unterste
hatte ein transversales knorpeliges Mittelstück; die folgenden stie-
ssen jeder an einen dunkelen, nach vorn schwach ausgeschweiften
Streif weicherer Masse, zwischen welchen ähnliche dunkele Sub-
stanz, wie an den anderen Wirbeln, lag. Der oberste stiess mit
seinem inneren Ende an den Rand des Hinterhauptsloches. Eine
verbindende Querleiste war nur schwer und undeutlich zu er-
kennen. Diese schien unmittelbar an die Grenze des Hinterhaupts-
loches zu stossen oder vielmehr mit derselben noch verschmolzen
zu seyn. Die untersten Halswirbel waren von den Brustwirbeln
gar nicht verschieden, lagen aber noch im Bereiche der oberen
Extremität, da die Anschwellung des Rumpfgliedes der letzteren
noch die Rudimente des Schulterblattes und der dazu gehörigen
Muskeln enthielt. Am Schädelgewölbe war keine Spur von Knor-
pelmasse wahrzunehmen, welches mir um so interessanter war,
als bei fast gleich grossen Schaafsembryonen die ganze Schädel-
grundfläche fast verknorpelt ist. -- Bei einem 81/2 Linien langen
menschlichen Embryo hat E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S.
230. 31.) wesentlich dasselbe gefunden. -- Von dem unteren Cen-
tralrohre entstehen die Rippen zuerst. Sie sind, wie ich an Hun-
deembryonen von 51/2 Linien Länge wahrgenommen habe, früher
schon als dichterer Stoff von einander geschieden, bevor sich
noch knorpelige Masse in ihnen ansetzt und bilden dann breite
bis ein Dritttheil von der unteren Extremität entfernte Ringe.
Der Schlusspunkt des Brustkastens, das sternum, entsteht in seiner
knorpeligen Anlage später, als die Rippen. Bei einem 8 Linien
langen Embryo habe ich es eben so wenig, als bei einem 6 Linien
langen gefunden, während E. H. Weber (l. c. tab. 3. fig. 7.) es

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Extremitätengürtel. Knorpelskelett.
dem oberen derselben innig und schienen sich ein wenig über
die graue Zwischenmasse zu erheben, wiewohl keineswegs in dem
Grade, als die weiſsen Querstreifen selbst. Die Anlagen der Bo-
genhälften waren kleine weiſse Leisten, welche nahe an den Wir-
belstreifen sich befanden. Interessant war jedoch die Beschaffen-
heit der obersten Brustwirbel. An diesen waren die runden
Flecke gröſser und unregelmäſsiger. Man konnte deutlich wahr-
nehmen, daſs sie Productionen des immer zuächst nach oben gelege-
nen weiſsen Querstreifens waren. Der oberste Brustwirbel war ¾‴
von dem Hinterhauptsloche entfernt und zwischen ihnen beiden la-
gen die Anlagen der Halswirbelkörper. Sie stiegen etwas schief von
auſsen und unten nach oben und innen empor. Nur der unterste
hatte ein transversales knorpeliges Mittelstück; die folgenden stie-
ſsen jeder an einen dunkelen, nach vorn schwach ausgeschweiften
Streif weicherer Masse, zwischen welchen ähnliche dunkele Sub-
stanz, wie an den anderen Wirbeln, lag. Der oberste stieſs mit
seinem inneren Ende an den Rand des Hinterhauptsloches. Eine
verbindende Querleiste war nur schwer und undeutlich zu er-
kennen. Diese schien unmittelbar an die Grenze des Hinterhaupts-
loches zu stoſsen oder vielmehr mit derselben noch verschmolzen
zu seyn. Die untersten Halswirbel waren von den Brustwirbeln
gar nicht verschieden, lagen aber noch im Bereiche der oberen
Extremität, da die Anschwellung des Rumpfgliedes der letzteren
noch die Rudimente des Schulterblattes und der dazu gehörigen
Muskeln enthielt. Am Schädelgewölbe war keine Spur von Knor-
pelmasse wahrzunehmen, welches mir um so interessanter war,
als bei fast gleich groſsen Schaafsembryonen die ganze Schädel-
grundfläche fast verknorpelt ist. — Bei einem 8½ Linien langen
menschlichen Embryo hat E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S.
230. 31.) wesentlich dasselbe gefunden. — Von dem unteren Cen-
tralrohre entstehen die Rippen zuerst. Sie sind, wie ich an Hun-
deembryonen von 5½ Linien Länge wahrgenommen habe, früher
schon als dichterer Stoff von einander geschieden, bevor sich
noch knorpelige Masse in ihnen ansetzt und bilden dann breite
bis ein Dritttheil von der unteren Extremität entfernte Ringe.
Der Schluſspunkt des Brustkastens, das sternum, entsteht in seiner
knorpeligen Anlage später, als die Rippen. Bei einem 8 Linien
langen Embryo habe ich es eben so wenig, als bei einem 6 Linien
langen gefunden, während E. H. Weber (l. c. tab. 3. fig. 7.) es

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[259/0287] Extremitätengürtel. Knorpelskelett. dem oberen derselben innig und schienen sich ein wenig über die graue Zwischenmasse zu erheben, wiewohl keineswegs in dem Grade, als die weiſsen Querstreifen selbst. Die Anlagen der Bo- genhälften waren kleine weiſse Leisten, welche nahe an den Wir- belstreifen sich befanden. Interessant war jedoch die Beschaffen- heit der obersten Brustwirbel. An diesen waren die runden Flecke gröſser und unregelmäſsiger. Man konnte deutlich wahr- nehmen, daſs sie Productionen des immer zuächst nach oben gelege- nen weiſsen Querstreifens waren. Der oberste Brustwirbel war ¾‴ von dem Hinterhauptsloche entfernt und zwischen ihnen beiden la- gen die Anlagen der Halswirbelkörper. Sie stiegen etwas schief von auſsen und unten nach oben und innen empor. Nur der unterste hatte ein transversales knorpeliges Mittelstück; die folgenden stie- ſsen jeder an einen dunkelen, nach vorn schwach ausgeschweiften Streif weicherer Masse, zwischen welchen ähnliche dunkele Sub- stanz, wie an den anderen Wirbeln, lag. Der oberste stieſs mit seinem inneren Ende an den Rand des Hinterhauptsloches. Eine verbindende Querleiste war nur schwer und undeutlich zu er- kennen. Diese schien unmittelbar an die Grenze des Hinterhaupts- loches zu stoſsen oder vielmehr mit derselben noch verschmolzen zu seyn. Die untersten Halswirbel waren von den Brustwirbeln gar nicht verschieden, lagen aber noch im Bereiche der oberen Extremität, da die Anschwellung des Rumpfgliedes der letzteren noch die Rudimente des Schulterblattes und der dazu gehörigen Muskeln enthielt. Am Schädelgewölbe war keine Spur von Knor- pelmasse wahrzunehmen, welches mir um so interessanter war, als bei fast gleich groſsen Schaafsembryonen die ganze Schädel- grundfläche fast verknorpelt ist. — Bei einem 8½ Linien langen menschlichen Embryo hat E. H. Weber (Meck. Arch. 1827. S. 230. 31.) wesentlich dasselbe gefunden. — Von dem unteren Cen- tralrohre entstehen die Rippen zuerst. Sie sind, wie ich an Hun- deembryonen von 5½ Linien Länge wahrgenommen habe, früher schon als dichterer Stoff von einander geschieden, bevor sich noch knorpelige Masse in ihnen ansetzt und bilden dann breite bis ein Dritttheil von der unteren Extremität entfernte Ringe. Der Schluſspunkt des Brustkastens, das sternum, entsteht in seiner knorpeligen Anlage später, als die Rippen. Bei einem 8 Linien langen Embryo habe ich es eben so wenig, als bei einem 6 Linien langen gefunden, während E. H. Weber (l. c. tab. 3. fig. 7.) es 17*

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/287>, abgerufen am 22.11.2024.