Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.Von dem Embryo. hen Spaltung der vordersten Hirnblase in zwei seitliche symme-trische Hälften einerseits, und in der sehr zeitigen Ausbildung der Grosshirnganglien und der sie umhüllenden Hirnwulst anderseits. Das vordere, blinde Ende des Kanales wird zur dritten Hirnhöhle, die gabelförmigen Aeste zu Seitenventrikeln. Dass die letzteren in frühester Zeit nur eine Höhlung bilden, welche der Zwischenraum zwischen Hirnganglien und Hirnwulst ist, kann man an härteren Gehirnen aus dem dritten oder dem Anfange des vierten Mona- tes sehr leicht darstellen. Trennt man nämlich eine Hemisphäre los, so lässt sich mit einem Acte, wenn man dicht unter dem zukünftigen Balken seitlich eingeht, die ganze Hirnwulst, wie ein grosses, einem halbirten Ellipsoid ähnliches Markblatt ausbreiten, eine Beobachtung, welche bei dem Fötus offenbar so gut gelingt, weil bei ihm die im Erwachsenen so vielfach störenden, äusseren und inneren (in die Ventrikel hineinragenden wulstartigen) Win- dungen fehlen. Von der Mitte des vierten Monates an zeigen sich bei dieser Ausbreitung immer mehr Ungleichheiten der Ober- fläche, welche so zuerst den vorderen Ventrikel von dem hinte- ren scheiden, den unteren aber noch geraume Zeit als blosse Fort- setzung des hinteren erscheinen lassen. So wird die früher so weite Communication mit der dritten Hirnhöhle immer kleiner und enger, zur zukünftigen monroischen Oeffnung. Die dritte Hirnhöhle selbst hängt ganz und gar von dem Wachsthume der sie umgebenden Theile, des Trichters und Hirnanhanges, der Sehhü- gel, der Streifenhügel, des Balkens, der grauen Masse u. dgl. ab und verbindet sich ausser den Seitenventrikeln noch mit der vier- ten Hirnhöhle durch den Aquaeductus Sylvii (den Kanal der Vierhügelblase). Aus einer noch mehr ins Einzelne durchgeführ- ten Entwickelungsgeschichte von Hirn und Rückenmark würden folgende, schon aus dem hier Gegebenen erhellende Sätze ihre ferne- ren Belege finden: 1. Die Anlage der solideren Parthieen geschieht in einer Bogenlinie oder bei den Hemisphären in einer kreisähnlichen Linie von unten und innen nach oben und innen. 2. Sie bildet in ihrem Haupttypus zwei durchaus gleiche, nur umgekehrt ge- lagerte Hälften. 3. Sie lässt sich als ein Continuum durch das Ganze verfolgen. 4. Alles dasjenige, was wir in dem Hirne als einzelne Theile unterscheiden, sind entweder wahrhaft von An- fang an gesonderte Theile, wie vor Allem die Masse der Gross- hirnganglien, oder einzelne Unebenheiten, nach innen hervorge- Von dem Embryo. hen Spaltung der vordersten Hirnblase in zwei seitliche symme-trische Hälften einerseits, und in der sehr zeitigen Ausbildung der Groſshirnganglien und der sie umhüllenden Hirnwulst anderseits. Das vordere, blinde Ende des Kanales wird zur dritten Hirnhöhle, die gabelförmigen Aeste zu Seitenventrikeln. Daſs die letzteren in frühester Zeit nur eine Höhlung bilden, welche der Zwischenraum zwischen Hirnganglien und Hirnwulst ist, kann man an härteren Gehirnen aus dem dritten oder dem Anfange des vierten Mona- tes sehr leicht darstellen. Trennt man nämlich eine Hemisphäre los, so läſst sich mit einem Acte, wenn man dicht unter dem zukünftigen Balken seitlich eingeht, die ganze Hirnwulst, wie ein groſses, einem halbirten Ellipsoid ähnliches Markblatt ausbreiten, eine Beobachtung, welche bei dem Fötus offenbar so gut gelingt, weil bei ihm die im Erwachsenen so vielfach störenden, äuſseren und inneren (in die Ventrikel hineinragenden wulstartigen) Win- dungen fehlen. Von der Mitte des vierten Monates an zeigen sich bei dieser Ausbreitung immer mehr Ungleichheiten der Ober- fläche, welche so zuerst den vorderen Ventrikel von dem hinte- ren scheiden, den unteren aber noch geraume Zeit als bloſse Fort- setzung des hinteren erscheinen lassen. So wird die früher so weite Communication mit der dritten Hirnhöhle immer kleiner und enger, zur zukünftigen monroischen Oeffnung. Die dritte Hirnhöhle selbst hängt ganz und gar von dem Wachsthume der sie umgebenden Theile, des Trichters und Hirnanhanges, der Sehhü- gel, der Streifenhügel, des Balkens, der grauen Masse u. dgl. ab und verbindet sich auſser den Seitenventrikeln noch mit der vier- ten Hirnhöhle durch den Aquaeductus Sylvii (den Kanal der Vierhügelblase). Aus einer noch mehr ins Einzelne durchgeführ- ten Entwickelungsgeschichte von Hirn und Rückenmark würden folgende, schon aus dem hier Gegebenen erhellende Sätze ihre ferne- ren Belege finden: 1. Die Anlage der solideren Parthieen geschieht in einer Bogenlinie oder bei den Hemisphären in einer kreisähnlichen Linie von unten und innen nach oben und innen. 2. Sie bildet in ihrem Haupttypus zwei durchaus gleiche, nur umgekehrt ge- lagerte Hälften. 3. Sie läſst sich als ein Continuum durch das Ganze verfolgen. 4. Alles dasjenige, was wir in dem Hirne als einzelne Theile unterscheiden, sind entweder wahrhaft von An- fang an gesonderte Theile, wie vor Allem die Masse der Groſs- hirnganglien, oder einzelne Unebenheiten, nach innen hervorge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0210" n="182"/><fw place="top" type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/> hen Spaltung der vordersten Hirnblase in zwei seitliche symme-<lb/> trische Hälften einerseits, und in der sehr zeitigen Ausbildung der<lb/> Groſshirnganglien und der sie umhüllenden Hirnwulst anderseits.<lb/> Das vordere, blinde Ende des Kanales wird zur dritten Hirnhöhle, die<lb/> gabelförmigen Aeste zu Seitenventrikeln. Daſs die letzteren in<lb/> frühester Zeit nur <hi rendition="#g">eine</hi> Höhlung bilden, welche der Zwischenraum<lb/> zwischen Hirnganglien und Hirnwulst ist, kann man an härteren<lb/> Gehirnen aus dem dritten oder dem Anfange des vierten Mona-<lb/> tes sehr leicht darstellen. 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Von dem Embryo.
hen Spaltung der vordersten Hirnblase in zwei seitliche symme-
trische Hälften einerseits, und in der sehr zeitigen Ausbildung der
Groſshirnganglien und der sie umhüllenden Hirnwulst anderseits.
Das vordere, blinde Ende des Kanales wird zur dritten Hirnhöhle, die
gabelförmigen Aeste zu Seitenventrikeln. Daſs die letzteren in
frühester Zeit nur eine Höhlung bilden, welche der Zwischenraum
zwischen Hirnganglien und Hirnwulst ist, kann man an härteren
Gehirnen aus dem dritten oder dem Anfange des vierten Mona-
tes sehr leicht darstellen. Trennt man nämlich eine Hemisphäre
los, so läſst sich mit einem Acte, wenn man dicht unter dem
zukünftigen Balken seitlich eingeht, die ganze Hirnwulst, wie
ein groſses, einem halbirten Ellipsoid ähnliches Markblatt ausbreiten,
eine Beobachtung, welche bei dem Fötus offenbar so gut gelingt,
weil bei ihm die im Erwachsenen so vielfach störenden, äuſseren
und inneren (in die Ventrikel hineinragenden wulstartigen) Win-
dungen fehlen. Von der Mitte des vierten Monates an zeigen
sich bei dieser Ausbreitung immer mehr Ungleichheiten der Ober-
fläche, welche so zuerst den vorderen Ventrikel von dem hinte-
ren scheiden, den unteren aber noch geraume Zeit als bloſse Fort-
setzung des hinteren erscheinen lassen. So wird die früher so
weite Communication mit der dritten Hirnhöhle immer kleiner
und enger, zur zukünftigen monroischen Oeffnung. Die dritte
Hirnhöhle selbst hängt ganz und gar von dem Wachsthume der sie
umgebenden Theile, des Trichters und Hirnanhanges, der Sehhü-
gel, der Streifenhügel, des Balkens, der grauen Masse u. dgl. ab
und verbindet sich auſser den Seitenventrikeln noch mit der vier-
ten Hirnhöhle durch den Aquaeductus Sylvii (den Kanal der
Vierhügelblase). Aus einer noch mehr ins Einzelne durchgeführ-
ten Entwickelungsgeschichte von Hirn und Rückenmark würden
folgende, schon aus dem hier Gegebenen erhellende Sätze ihre ferne-
ren Belege finden: 1. Die Anlage der solideren Parthieen geschieht in
einer Bogenlinie oder bei den Hemisphären in einer kreisähnlichen
Linie von unten und innen nach oben und innen. 2. Sie bildet
in ihrem Haupttypus zwei durchaus gleiche, nur umgekehrt ge-
lagerte Hälften. 3. Sie läſst sich als ein Continuum durch das
Ganze verfolgen. 4. Alles dasjenige, was wir in dem Hirne als
einzelne Theile unterscheiden, sind entweder wahrhaft von An-
fang an gesonderte Theile, wie vor Allem die Masse der Groſs-
hirnganglien, oder einzelne Unebenheiten, nach innen hervorge-
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