Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. nereie beschrieb und von denen im zweiten Abschnitte bei Ge-legenheit der Genese des Blutes ausführlich die Rede seyn soll. So vertrocknet gleichsam der Inhalt der Nabelblase. Sie selbst aber persistirt entweder in diesem Zustande während des ganzen Fruchtlebens oder schwindet constant oder nur bisweilen vor dem Ende desselben. Dass man häufig noch die Ueberreste der Na- belblase in den reifen Fruchthüllen des Menschen finde, ist eine nichts weniger, als neue Erfahrung. Denn derjenige, welcher zuerst die Nabelblase des Menschen genauer und deutlicher be- schrieben hat, Hoboken (s. oben S. 97.), hatte sie an der reifen Nach- geburt beobachtet. Nach ihm aber haben Hunter, Sandifort u. A., und in neuester Zeit Mayer, Bischoff und wir selbst dieselbe Erfah- rung vielfach wiederholt. 2. Der Stiel der Nabelblase zeigt eben so wichtige Veränderungen, als diese selbst. Indem er immer dünner wird, schliesst er sich, sobald der unmittelbare Einfluss der Na- belblase auf den Embryo ihr höchstes Ziel erreicht hat. Diese Schliessung erfolgt, wie ich an Eiern des Schweines mit Be- stimmtheit zu verfolgen vermochte, von der Leibeswand des Em- bryo aus nach der Nabelblase hin. Ich hatte zwar noch keine Gelegenheit, einen Embryo dieses Säugethieres zu untersuchen, bei welchem ich den Inhalt der Nabelblase durch den Stiel in den Darmkanal überzuführen vermochte. Allein oft konnte ich bei ganz jungen Früchten das noch flüssige Contentum noch wei- ter, als die Hälfte des Ganges in diesen hineindrücken, während die Ausdehnung in welcher dieses möglich war mit dem Wachs- thume des Embryo immer abnahm und so der Strang eine immer kürzere Strecke von der Nabelblase aus hohl sich zeigte. 3. Ausser diesem mit dem Darmrohre communicirenden Stiele der Nabel- blase gehen noch die Vasa omphalo-mesaraica zu derselben. Man muss aber diese durchaus von dem Gange selbst unterschei- den. Denn dieser letztere schwindet, nachdem er eine fadenför- mige Dünne erlangt hat, grösstentheils oder gänzlich. Es scheint aber ein wenigstens für die Säugethiere allgemein geltendes Ge- setz zu seyn, dass die Gefässe der Nabelblase länger verharren, als der Gang, als wollte die Natur von dem Wenigen, welches die Vesicula umbilicalis enthält, sobald sie Nichts mehr durch unmittelbare Communication in den Embryo zu befördern vermag, mit Hülfe des Kreislaufes das Brauchbare überführen. Man muss sich daher wohl hüten einen später an der Nabelblase erscheinen- III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. nereie beschrieb und von denen im zweiten Abschnitte bei Ge-legenheit der Genese des Blutes ausführlich die Rede seyn soll. So vertrocknet gleichsam der Inhalt der Nabelblase. Sie selbst aber persistirt entweder in diesem Zustande während des ganzen Fruchtlebens oder schwindet constant oder nur bisweilen vor dem Ende desselben. Daſs man häufig noch die Ueberreste der Na- belblase in den reifen Fruchthüllen des Menschen finde, ist eine nichts weniger, als neue Erfahrung. Denn derjenige, welcher zuerst die Nabelblase des Menschen genauer und deutlicher be- schrieben hat, Hoboken (s. oben S. 97.), hatte sie an der reifen Nach- geburt beobachtet. Nach ihm aber haben Hunter, Sandifort u. A., und in neuester Zeit Mayer, Bischoff und wir selbst dieselbe Erfah- rung vielfach wiederholt. 2. Der Stiel der Nabelblase zeigt eben so wichtige Veränderungen, als diese selbst. Indem er immer dünner wird, schlieſst er sich, sobald der unmittelbare Einfluſs der Na- belblase auf den Embryo ihr höchstes Ziel erreicht hat. Diese Schlieſsung erfolgt, wie ich an Eiern des Schweines mit Be- stimmtheit zu verfolgen vermochte, von der Leibeswand des Em- bryo aus nach der Nabelblase hin. Ich hatte zwar noch keine Gelegenheit, einen Embryo dieses Säugethieres zu untersuchen, bei welchem ich den Inhalt der Nabelblase durch den Stiel in den Darmkanal überzuführen vermochte. Allein oft konnte ich bei ganz jungen Früchten das noch flüssige Contentum noch wei- ter, als die Hälfte des Ganges in diesen hineindrücken, während die Ausdehnung in welcher dieses möglich war mit dem Wachs- thume des Embryo immer abnahm und so der Strang eine immer kürzere Strecke von der Nabelblase aus hohl sich zeigte. 3. Auſser diesem mit dem Darmrohre communicirenden Stiele der Nabel- blase gehen noch die Vasa omphalo-mesaraica zu derselben. Man muſs aber diese durchaus von dem Gange selbst unterschei- den. Denn dieser letztere schwindet, nachdem er eine fadenför- mige Dünne erlangt hat, gröſstentheils oder gänzlich. Es scheint aber ein wenigstens für die Säugethiere allgemein geltendes Ge- setz zu seyn, daſs die Gefäſse der Nabelblase länger verharren, als der Gang, als wollte die Natur von dem Wenigen, welches die Vesicula umbilicalis enthält, sobald sie Nichts mehr durch unmittelbare Communication in den Embryo zu befördern vermag, mit Hülfe des Kreislaufes das Brauchbare überführen. Man muſs sich daher wohl hüten einen später an der Nabelblase erscheinen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0138" n="110"/><fw place="top" type="header">III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.</fw><lb/> nereie beschrieb und von denen im zweiten Abschnitte bei Ge-<lb/> legenheit der Genese des Blutes ausführlich die Rede seyn soll.<lb/> So vertrocknet gleichsam der Inhalt der Nabelblase. Sie selbst<lb/> aber persistirt entweder in diesem Zustande während des ganzen<lb/> Fruchtlebens oder schwindet constant oder nur bisweilen vor dem<lb/> Ende desselben. 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III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
nereie beschrieb und von denen im zweiten Abschnitte bei Ge-
legenheit der Genese des Blutes ausführlich die Rede seyn soll.
So vertrocknet gleichsam der Inhalt der Nabelblase. Sie selbst
aber persistirt entweder in diesem Zustande während des ganzen
Fruchtlebens oder schwindet constant oder nur bisweilen vor dem
Ende desselben. Daſs man häufig noch die Ueberreste der Na-
belblase in den reifen Fruchthüllen des Menschen finde, ist eine
nichts weniger, als neue Erfahrung. Denn derjenige, welcher
zuerst die Nabelblase des Menschen genauer und deutlicher be-
schrieben hat, Hoboken (s. oben S. 97.), hatte sie an der reifen Nach-
geburt beobachtet. Nach ihm aber haben Hunter, Sandifort u. A.,
und in neuester Zeit Mayer, Bischoff und wir selbst dieselbe Erfah-
rung vielfach wiederholt. 2. Der Stiel der Nabelblase zeigt eben so
wichtige Veränderungen, als diese selbst. Indem er immer dünner
wird, schlieſst er sich, sobald der unmittelbare Einfluſs der Na-
belblase auf den Embryo ihr höchstes Ziel erreicht hat. Diese
Schlieſsung erfolgt, wie ich an Eiern des Schweines mit Be-
stimmtheit zu verfolgen vermochte, von der Leibeswand des Em-
bryo aus nach der Nabelblase hin. Ich hatte zwar noch keine
Gelegenheit, einen Embryo dieses Säugethieres zu untersuchen,
bei welchem ich den Inhalt der Nabelblase durch den Stiel in
den Darmkanal überzuführen vermochte. Allein oft konnte ich
bei ganz jungen Früchten das noch flüssige Contentum noch wei-
ter, als die Hälfte des Ganges in diesen hineindrücken, während
die Ausdehnung in welcher dieses möglich war mit dem Wachs-
thume des Embryo immer abnahm und so der Strang eine immer
kürzere Strecke von der Nabelblase aus hohl sich zeigte. 3. Auſser
diesem mit dem Darmrohre communicirenden Stiele der Nabel-
blase gehen noch die Vasa omphalo-mesaraica zu derselben.
Man muſs aber diese durchaus von dem Gange selbst unterschei-
den. Denn dieser letztere schwindet, nachdem er eine fadenför-
mige Dünne erlangt hat, gröſstentheils oder gänzlich. Es scheint
aber ein wenigstens für die Säugethiere allgemein geltendes Ge-
setz zu seyn, daſs die Gefäſse der Nabelblase länger verharren,
als der Gang, als wollte die Natur von dem Wenigen, welches
die Vesicula umbilicalis enthält, sobald sie Nichts mehr durch
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mit Hülfe des Kreislaufes das Brauchbare überführen. Man muſs
sich daher wohl hüten einen später an der Nabelblase erscheinen-
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