Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Zweytes Buch. Der May. Der holde May hat endlich obgesiegt, Und Boreas muß lauem Weste weichen: Der laue West lockt Floren, wo er fliegt, Jhm brünstig lächelnd nachzuschleichen. Laß uns den Wald, wo itzt manch spielend Reh Durch Büsche rauscht; laß uns die grünen Buchen Und Feld und Bach und den bethauten Klee, O Freund! auch wiederum besuchen. Umwölkt annoch der Unmuth unsern Blick, Da überall Natur und Erde lachen? Sey auch vergnügt und laß das wilde Glück Die Zeiten mehr als eisern machen! Es zieh uns aus, was wir von ihm geborgt, Und werf allein dem ihm verkauften Schwarme Die Güter zu, um die ich nie gesorgt! Nackt flieh ich in der Weisheit Arme. Es bleibt mir doch der stets zufriedne Sinn Und Muths genug, mein Glück in mir zu suchen, Und edler Stolz, auch wann ich niedrig bin, Unedle Tücke zu verfluchen. Es E
Zweytes Buch. Der May. Der holde May hat endlich obgeſiegt, Und Boreas muß lauem Weſte weichen: Der laue Weſt lockt Floren, wo er fliegt, Jhm bruͤnſtig laͤchelnd nachzuſchleichen. Laß uns den Wald, wo itzt manch ſpielend Reh Durch Buͤſche rauſcht; laß uns die gruͤnen Buchen Und Feld und Bach und den bethauten Klee, O Freund! auch wiederum beſuchen. Umwoͤlkt annoch der Unmuth unſern Blick, Da uͤberall Natur und Erde lachen? Sey auch vergnuͤgt und laß das wilde Gluͤck Die Zeiten mehr als eiſern machen! Es zieh uns aus, was wir von ihm geborgt, Und werf allein dem ihm verkauften Schwarme Die Guͤter zu, um die ich nie geſorgt! Nackt flieh ich in der Weisheit Arme. Es bleibt mir doch der ſtets zufriedne Sinn Und Muths genug, mein Gluͤck in mir zu ſuchen, Und edler Stolz, auch wann ich niedrig bin, Unedle Tuͤcke zu verfluchen. Es E
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Zweytes Buch.
Der May.
Der holde May hat endlich obgeſiegt,
Und Boreas muß lauem Weſte weichen:
Der laue Weſt lockt Floren, wo er fliegt,
Jhm bruͤnſtig laͤchelnd nachzuſchleichen.
Laß uns den Wald, wo itzt manch ſpielend Reh
Durch Buͤſche rauſcht; laß uns die gruͤnen Buchen
Und Feld und Bach und den bethauten Klee,
O Freund! auch wiederum beſuchen.
Umwoͤlkt annoch der Unmuth unſern Blick,
Da uͤberall Natur und Erde lachen?
Sey auch vergnuͤgt und laß das wilde Gluͤck
Die Zeiten mehr als eiſern machen!
Es zieh uns aus, was wir von ihm geborgt,
Und werf allein dem ihm verkauften Schwarme
Die Guͤter zu, um die ich nie geſorgt!
Nackt flieh ich in der Weisheit Arme.
Es bleibt mir doch der ſtets zufriedne Sinn
Und Muths genug, mein Gluͤck in mir zu ſuchen,
Und edler Stolz, auch wann ich niedrig bin,
Unedle Tuͤcke zu verfluchen.
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