Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Zweytes Buch. Verschmachtend lag mit schlaffem Bogen Die matte Liebe hingestreckt. Wie muthig ist sie aufgeflogen, Nachdem sie jungen Wein geschmeckt! Er hilft ihr feine Freunde krönen: Es ist bequem, ihr Weib zu seyn: Sie küssen immer treue Schönen; So überredend ist ihr Wein! Jsmenen quält ein träger Gatte, Der ganze Nächte schlafen kann. Weil Amor nicht geholfen hatte, So ruft sie Vater Bacchum an. Der Alte zecht, wird los' und herzet, Und schläft erst spät und küssend ein. Daß der mit halber Jugend scherzet; O Wunder! thut es nicht der Wein? Der Wein kann alles möglich machen: Dir, Wein, sey dieser Tag geweiht! Es herrsche Scherz, Gesang und Lachen; Man zech' aus frommer Dankbarkeit! Was fehlt? Jhr Freunde, nur noch eines! Den frohen Amor ladet ein: Denn Amor ist ein Freund des Weines, Und ohne Küsse schmeckt kein Wein. Die
Zweytes Buch. Verſchmachtend lag mit ſchlaffem Bogen Die matte Liebe hingeſtreckt. Wie muthig iſt ſie aufgeflogen, Nachdem ſie jungen Wein geſchmeckt! Er hilft ihr feine Freunde kroͤnen: Es iſt bequem, ihr Weib zu ſeyn: Sie kuͤſſen immer treue Schoͤnen; So uͤberredend iſt ihr Wein! Jſmenen quaͤlt ein traͤger Gatte, Der ganze Naͤchte ſchlafen kann. Weil Amor nicht geholfen hatte, So ruft ſie Vater Bacchum an. Der Alte zecht, wird loſ’ und herzet, Und ſchlaͤft erſt ſpaͤt und kuͤſſend ein. Daß der mit halber Jugend ſcherzet; O Wunder! thut es nicht der Wein? Der Wein kann alles moͤglich machen: Dir, Wein, ſey dieſer Tag geweiht! Es herrſche Scherz, Geſang und Lachen; Man zech’ aus frommer Dankbarkeit! Was fehlt? Jhr Freunde, nur noch eines! Den frohen Amor ladet ein: Denn Amor iſt ein Freund des Weines, Und ohne Kuͤſſe ſchmeckt kein Wein. Die
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Zweytes Buch.
Verſchmachtend lag mit ſchlaffem Bogen
Die matte Liebe hingeſtreckt.
Wie muthig iſt ſie aufgeflogen,
Nachdem ſie jungen Wein geſchmeckt!
Er hilft ihr feine Freunde kroͤnen:
Es iſt bequem, ihr Weib zu ſeyn:
Sie kuͤſſen immer treue Schoͤnen;
So uͤberredend iſt ihr Wein!
Jſmenen quaͤlt ein traͤger Gatte,
Der ganze Naͤchte ſchlafen kann.
Weil Amor nicht geholfen hatte,
So ruft ſie Vater Bacchum an.
Der Alte zecht, wird loſ’ und herzet,
Und ſchlaͤft erſt ſpaͤt und kuͤſſend ein.
Daß der mit halber Jugend ſcherzet;
O Wunder! thut es nicht der Wein?
Der Wein kann alles moͤglich machen:
Dir, Wein, ſey dieſer Tag geweiht!
Es herrſche Scherz, Geſang und Lachen;
Man zech’ aus frommer Dankbarkeit!
Was fehlt? Jhr Freunde, nur noch eines!
Den frohen Amor ladet ein:
Denn Amor iſt ein Freund des Weines,
Und ohne Kuͤſſe ſchmeckt kein Wein.
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Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/57>, abgerufen am 17.07.2024. |