Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch.


An Chloen.
Weis Chloe mein geheim Verlangen?
Verrieth mein Auge mich vielleicht,
Das nach den Rosen ihrer Wangen
Durch manchen Umweg lüstern schleicht?
Jhr Blick begegnet meinem Blicke:
Jhr Auge sieht mich schalkhaft an,
Oft nur im Flug und schnell zurücke;
Doch daß ich es bemerken kann.
Oft blitzen, von Gefahr begleitet,
Die blauen Augen frey auf mich,
Aus welchen Amor mich bestreitet,
Der stets aus ihnen siegreich wich.
Jch kann die Grazien darinnen
Ein schmeichelnd Lächeln bilden sehn:
Das überraschet meine Sinnen;
Wie kann das Herz ihm widerstehn?
Kein Schnee gleicht ihres Armes Weisse,
Der vor dem Fenster in der Luft,
Mit einem ungewohnten Fleisse,
So sinnreich meiner Sehnsucht ruft!
Nun schaut sie rückwärts, doch gestrecket,
Bis sich die volle Brust empört,
Und halb entwischt, und, unverdecket,
Auch eines Cato Runzeln stört.
Jch
Erſtes Buch.


An Chloen.
Weis Chloe mein geheim Verlangen?
Verrieth mein Auge mich vielleicht,
Das nach den Roſen ihrer Wangen
Durch manchen Umweg luͤſtern ſchleicht?
Jhr Blick begegnet meinem Blicke:
Jhr Auge ſieht mich ſchalkhaft an,
Oft nur im Flug und ſchnell zuruͤcke;
Doch daß ich es bemerken kann.
Oft blitzen, von Gefahr begleitet,
Die blauen Augen frey auf mich,
Aus welchen Amor mich beſtreitet,
Der ſtets aus ihnen ſiegreich wich.
Jch kann die Grazien darinnen
Ein ſchmeichelnd Laͤcheln bilden ſehn:
Das uͤberraſchet meine Sinnen;
Wie kann das Herz ihm widerſtehn?
Kein Schnee gleicht ihres Armes Weiſſe,
Der vor dem Fenſter in der Luft,
Mit einem ungewohnten Fleiſſe,
So ſinnreich meiner Sehnſucht ruft!
Nun ſchaut ſie ruͤckwaͤrts, doch geſtrecket,
Bis ſich die volle Bruſt empoͤrt,
Und halb entwiſcht, und, unverdecket,
Auch eines Cato Runzeln ſtoͤrt.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0029" n="15"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">An Chloen.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>eis Chloe mein geheim Verlangen?</l><lb/>
              <l>Verrieth mein Auge mich vielleicht,</l><lb/>
              <l>Das nach den Ro&#x017F;en ihrer Wangen</l><lb/>
              <l>Durch manchen Umweg lu&#x0364;&#x017F;tern &#x017F;chleicht?</l><lb/>
              <l>Jhr Blick begegnet meinem Blicke:</l><lb/>
              <l>Jhr Auge &#x017F;ieht mich &#x017F;chalkhaft an,</l><lb/>
              <l>Oft nur im Flug und &#x017F;chnell zuru&#x0364;cke;</l><lb/>
              <l>Doch daß ich es bemerken kann.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l><hi rendition="#in">O</hi>ft blitzen, von Gefahr begleitet,</l><lb/>
              <l>Die blauen Augen frey auf mich,</l><lb/>
              <l>Aus welchen Amor mich be&#x017F;treitet,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;tets aus ihnen &#x017F;iegreich wich.</l><lb/>
              <l>Jch kann die Grazien darinnen</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;chmeichelnd La&#x0364;cheln bilden &#x017F;ehn:</l><lb/>
              <l>Das u&#x0364;berra&#x017F;chet meine Sinnen;</l><lb/>
              <l>Wie kann das Herz ihm wider&#x017F;tehn?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l><hi rendition="#in">K</hi>ein Schnee gleicht ihres Armes Wei&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Der vor dem Fen&#x017F;ter in der Luft,</l><lb/>
              <l>Mit einem ungewohnten Flei&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;innreich meiner Sehn&#x017F;ucht ruft!</l><lb/>
              <l>Nun &#x017F;chaut &#x017F;ie ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts, doch ge&#x017F;trecket,</l><lb/>
              <l>Bis &#x017F;ich die volle Bru&#x017F;t empo&#x0364;rt,</l><lb/>
              <l>Und halb entwi&#x017F;cht, und, unverdecket,</l><lb/>
              <l>Auch eines Cato Runzeln &#x017F;to&#x0364;rt.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0029] Erſtes Buch. An Chloen. Weis Chloe mein geheim Verlangen? Verrieth mein Auge mich vielleicht, Das nach den Roſen ihrer Wangen Durch manchen Umweg luͤſtern ſchleicht? Jhr Blick begegnet meinem Blicke: Jhr Auge ſieht mich ſchalkhaft an, Oft nur im Flug und ſchnell zuruͤcke; Doch daß ich es bemerken kann. Oft blitzen, von Gefahr begleitet, Die blauen Augen frey auf mich, Aus welchen Amor mich beſtreitet, Der ſtets aus ihnen ſiegreich wich. Jch kann die Grazien darinnen Ein ſchmeichelnd Laͤcheln bilden ſehn: Das uͤberraſchet meine Sinnen; Wie kann das Herz ihm widerſtehn? Kein Schnee gleicht ihres Armes Weiſſe, Der vor dem Fenſter in der Luft, Mit einem ungewohnten Fleiſſe, So ſinnreich meiner Sehnſucht ruft! Nun ſchaut ſie ruͤckwaͤrts, doch geſtrecket, Bis ſich die volle Bruſt empoͤrt, Und halb entwiſcht, und, unverdecket, Auch eines Cato Runzeln ſtoͤrt. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/29
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/29>, abgerufen am 24.11.2024.