Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Briefe. Jn Ländern voller Lichts, in anfgeklärten Zeiten,Soll wider die Vernunft allein die Dichtkunst strei- ten? Wie? dieses Himmelskind schmückt pöbelhaften Wahn, Pflanzt alten Jrrthum fort und pflanzet neuen an? Mit Mährchen spielt allein die lachende Satire: Die hohe Muse weis, was ihrem Ernst gebühre. Dem Scherze wird verziehn, der eine Thorheit wagt: Doch der wird ausgezischt, der sie im Ernste sagt. Nicht Schönheit einer Art muß aller Orten lachen: Was immer wiederkommt wird endlich müde machen. Wer immer mahlt und mahlt, und ieden Mücken- Fuß Jn sein Gemählde bringt, mahlt uns zum Ueberdruß. Der Schüler der Natur verlangt nicht stets zu glän- zen: Er läßt ein lebhaft Licht an sanfte Schatten gränzen. Es blendet unser Aug ein steter Sonnenschein: (*) Wir suchen Dunkelheit und fliehen in den Hayn. Der Bluhmen hohen Glanz wird falber Grund erhe- ben; Da Sudler überall nur lichte Farben geben. Was pfropft ihr ein Gedicht mit Gegensätzen voll, Und (*) Lorsque nous demandons des choses qui nous pi- quent & nous reveillent, outre qu'il est a propos que ces choses soient menagees & dans des distances convenables, nous voulons encore qu'elles soient placees sur un fond simple. Lettr. II. sur les cau- ses de la Decadence du gout par Remond de Saint Mard. Q 3
Briefe. Jn Laͤndern voller Lichts, in anfgeklaͤrten Zeiten,Soll wider die Vernunft allein die Dichtkunſt ſtrei- ten? Wie? dieſes Himmelskind ſchmuͤckt poͤbelhaften Wahn, Pflanzt alten Jrrthum fort und pflanzet neuen an? Mit Maͤhrchen ſpielt allein die lachende Satire: Die hohe Muſe weis, was ihrem Ernſt gebuͤhre. Dem Scherze wird verziehn, der eine Thorheit wagt: Doch der wird ausgeziſcht, der ſie im Ernſte ſagt. Nicht Schoͤnheit einer Art muß aller Orten lachen: Was immer wiederkommt wird endlich muͤde machen. Wer immer mahlt und mahlt, und ieden Muͤcken- Fuß Jn ſein Gemaͤhlde bringt, mahlt uns zum Ueberdruß. Der Schuͤler der Natur verlangt nicht ſtets zu glaͤn- zen: Er laͤßt ein lebhaft Licht an ſanfte Schatten graͤnzen. Es blendet unſer Aug ein ſteter Sonnenſchein: (*) Wir ſuchen Dunkelheit und fliehen in den Hayn. Der Bluhmen hohen Glanz wird falber Grund erhe- ben; Da Sudler uͤberall nur lichte Farben geben. Was pfropft ihr ein Gedicht mit Gegenſaͤtzen voll, Und (*) Lorsque nous demandons des choſes qui nous pi- quent & nous reveillent, outre qu’il eſt à propos que ces choſes ſoient menagées & dans des diſtances convenables, nous voulons encore qu’elles ſoient placées ſur un fond ſimple. Lettr. II. ſur les cau- ſes de la Decadence du gout par Remond de Saint Mard. Q 3
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Briefe.
Jn Laͤndern voller Lichts, in anfgeklaͤrten Zeiten,
Soll wider die Vernunft allein die Dichtkunſt ſtrei-
ten?
Wie? dieſes Himmelskind ſchmuͤckt poͤbelhaften Wahn,
Pflanzt alten Jrrthum fort und pflanzet neuen an?
Mit Maͤhrchen ſpielt allein die lachende Satire:
Die hohe Muſe weis, was ihrem Ernſt gebuͤhre.
Dem Scherze wird verziehn, der eine Thorheit wagt:
Doch der wird ausgeziſcht, der ſie im Ernſte ſagt.
Nicht Schoͤnheit einer Art muß aller Orten lachen:
Was immer wiederkommt wird endlich muͤde machen.
Wer immer mahlt und mahlt, und ieden Muͤcken-
Fuß
Jn ſein Gemaͤhlde bringt, mahlt uns zum Ueberdruß.
Der Schuͤler der Natur verlangt nicht ſtets zu glaͤn-
zen:
Er laͤßt ein lebhaft Licht an ſanfte Schatten graͤnzen.
Es blendet unſer Aug ein ſteter Sonnenſchein:
(*) Wir ſuchen Dunkelheit und fliehen in den Hayn.
Der Bluhmen hohen Glanz wird falber Grund erhe-
ben;
Da Sudler uͤberall nur lichte Farben geben.
Was pfropft ihr ein Gedicht mit Gegenſaͤtzen voll,
Und
(*) Lorsque nous demandons des choſes qui nous pi-
quent & nous reveillent, outre qu’il eſt à propos que
ces choſes ſoient menagées & dans des diſtances
convenables, nous voulons encore qu’elles ſoient
placées ſur un fond ſimple. Lettr. II. ſur les cau-
ſes de la Decadence du gout par Remond de Saint
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Q 3
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