Und findet sie auf andrer Schönen Brust. Der Schönen alte Strenge fliehet: Sie sind ja Fleisch, wie ieder siehet, Das schönste Fleisch, nicht harter Stein. Man gebe mir die größte Spröde, Doch in der Dämmrung und allein: Sie soll nicht lange spröde seyn. Man weis, wir Gnomen sind nicht blöde: Wer muthig stürmt, nimmt alles ein.
Jch konnte mich des Lachens ohnmöglich enthalten, da ich einen Gnomen mit der zuversichtlichen Mine eines Adonis sprechen hörte. Jch glaubte, einen unbärtigen Helden zu hören, welcher der aufmerksamen Mama die Heldentha- ten erzehlet, die sein Arm in der Schlacht bey Mollwitz verrichtet, wo er am ersten die Flucht genommen. Aber der Gnome bezahlte mich für mein Lachen. Alles, was ich bisher gesagt habe, sprach er mit vieler Ernsthaftigkeit zu mir, hilft dir nichts, mein Freund! Jch kenne dich nun: du wirst so wenig jemals ein glücklicher Liebhaber, als ein großer Mann werden. Wer nur ehrlich, niemals unverschämt ist, und mit guter Art weder zu betrügen, noch der Welt Wind zu verkaufen weis, erscheint sehr sel- ten in einer glänzenden Gestalt. Wer dieses wünschet, soll billig alle erforderliche Eigenschaften besitzen, um unter andern Umständen auf einem Rad sterben zu können. Du bist zu nichts nütze. Jch schäme mich der großen Absichten, die ich zu deinem Glücke gehabt habe. Jch
hatte
O 4
Briefe.
Und findet ſie auf andrer Schoͤnen Bruſt. Der Schoͤnen alte Strenge fliehet: Sie ſind ja Fleiſch, wie ieder ſiehet, Das ſchoͤnſte Fleiſch, nicht harter Stein. Man gebe mir die groͤßte Sproͤde, Doch in der Daͤmmrung und allein: Sie ſoll nicht lange ſproͤde ſeyn. Man weis, wir Gnomen ſind nicht bloͤde: Wer muthig ſtuͤrmt, nimmt alles ein.
Jch konnte mich des Lachens ohnmoͤglich enthalten, da ich einen Gnomen mit der zuverſichtlichen Mine eines Adonis ſprechen hoͤrte. Jch glaubte, einen unbaͤrtigen Helden zu hoͤren, welcher der aufmerkſamen Mama die Heldentha- ten erzehlet, die ſein Arm in der Schlacht bey Mollwitz verrichtet, wo er am erſten die Flucht genommen. Aber der Gnome bezahlte mich fuͤr mein Lachen. Alles, was ich bisher geſagt habe, ſprach er mit vieler Ernſthaftigkeit zu mir, hilft dir nichts, mein Freund! Jch kenne dich nun: du wirſt ſo wenig jemals ein gluͤcklicher Liebhaber, als ein großer Mann werden. Wer nur ehrlich, niemals unverſchaͤmt iſt, und mit guter Art weder zu betruͤgen, noch der Welt Wind zu verkaufen weis, erſcheint ſehr ſel- ten in einer glaͤnzenden Geſtalt. Wer dieſes wuͤnſchet, ſoll billig alle erforderliche Eigenſchaften beſitzen, um unter andern Umſtaͤnden auf einem Rad ſterben zu koͤnnen. Du biſt zu nichts nuͤtze. Jch ſchaͤme mich der großen Abſichten, die ich zu deinem Gluͤcke gehabt habe. Jch
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Briefe.
Und findet ſie auf andrer Schoͤnen Bruſt.
Der Schoͤnen alte Strenge fliehet:
Sie ſind ja Fleiſch, wie ieder ſiehet,
Das ſchoͤnſte Fleiſch, nicht harter Stein.
Man gebe mir die groͤßte Sproͤde,
Doch in der Daͤmmrung und allein:
Sie ſoll nicht lange ſproͤde ſeyn.
Man weis, wir Gnomen ſind nicht bloͤde:
Wer muthig ſtuͤrmt, nimmt alles ein.
Jch konnte mich des Lachens ohnmoͤglich enthalten, da ich
einen Gnomen mit der zuverſichtlichen Mine eines Adonis
ſprechen hoͤrte. Jch glaubte, einen unbaͤrtigen Helden zu
hoͤren, welcher der aufmerkſamen Mama die Heldentha-
ten erzehlet, die ſein Arm in der Schlacht bey Mollwitz
verrichtet, wo er am erſten die Flucht genommen. Aber
der Gnome bezahlte mich fuͤr mein Lachen. Alles, was
ich bisher geſagt habe, ſprach er mit vieler Ernſthaftigkeit
zu mir, hilft dir nichts, mein Freund! Jch kenne dich
nun: du wirſt ſo wenig jemals ein gluͤcklicher Liebhaber,
als ein großer Mann werden. Wer nur ehrlich, niemals
unverſchaͤmt iſt, und mit guter Art weder zu betruͤgen,
noch der Welt Wind zu verkaufen weis, erſcheint ſehr ſel-
ten in einer glaͤnzenden Geſtalt. Wer dieſes wuͤnſchet,
ſoll billig alle erforderliche Eigenſchaften beſitzen, um unter
andern Umſtaͤnden auf einem Rad ſterben zu koͤnnen.
Du biſt zu nichts nuͤtze. Jch ſchaͤme mich der großen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]
Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung erschien 1749. Die hier zugrunde gelegte spätere Ausgabe von 1755 ist um einige wichtige Gedichte vermehrt und wurde deshalb zur Digitalisierung ausgewählt. Erstausgaben sind u. a. in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel nachgewiesen.
Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/229>, abgerufen am 17.07.2024.
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