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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Sieg des Liebesgottes
Dorante war allein bey ihr zurückgeblieben,
Und sprach nun ungestört von seinen bessern Trieben.
Durch seine Lippen sprach Natur und Zärtlichkeit,
Da iede reizend ist und allem Reiz verleiht.
Doch welche Muse darf ihm nachzusprechen wagen?
Romanenmäßig schallt die Zärtlichkeit der Klagen
Jn unser ekles Ohr, das Crebillon ergetzt,
Der Wollust Girren rührt und Amors Ach! verletzt.
Ein schalkheitvoller Mund mit ungetreuen Schwüren,
Nicht ächte Liebe, kann ein heutig Herze rühren.
Die Schöne, wenn sie liebt, denkt nur auf süssen Scherz,
Und sieht auf äussern Glanz und sieht nicht auf das Herz.
Dorante sprach umsonst, der nicht von Golde strahlte,
Nicht fremdes Geld verthat und seine Schulden zahlte.
Selinde blies durch Lob in seiner Liebe Brand,
Und lobend gähnte sie mit vorgehaltner Hand.
Sie wallten auf und ab in bluhmenvollen Steigen,
Mit feyerlichem Ernst und oft in tiefem Schweigen;
Und kamen an den Busch, wo im bethauten Gras
Sich Selimor berauscht bey Lesbien vergaß.
Kaum hörte Lesbia das Rascheln fremder Tritte,
So wischte sie davon mit unbemerktem Schritte:
Jndeß mit offner Stirn, wie nach der besten That,
Der dreiste Selimor hin zu Selinden trat.
Vergebens, fieng er an, mit wahrem Stutzer-Witze;
Entflieh ich im Gesträuch entflammter Sonnenhitze!
Auch in den dicksten Busch, wohin mein Fuß entwich,
Folgt mir die Sonne nach und wüthet über mich.

Der

Sieg des Liebesgottes
Dorante war allein bey ihr zuruͤckgeblieben,
Und ſprach nun ungeſtoͤrt von ſeinen beſſern Trieben.
Durch ſeine Lippen ſprach Natur und Zaͤrtlichkeit,
Da iede reizend iſt und allem Reiz verleiht.
Doch welche Muſe darf ihm nachzuſprechen wagen?
Romanenmaͤßig ſchallt die Zaͤrtlichkeit der Klagen
Jn unſer ekles Ohr, das Crebillon ergetzt,
Der Wolluſt Girren ruͤhrt und Amors Ach! verletzt.
Ein ſchalkheitvoller Mund mit ungetreuen Schwuͤren,
Nicht aͤchte Liebe, kann ein heutig Herze ruͤhren.
Die Schoͤne, wenn ſie liebt, denkt nur auf ſuͤſſen Scherz,
Und ſieht auf aͤuſſern Glanz und ſieht nicht auf das Herz.
Dorante ſprach umſonſt, der nicht von Golde ſtrahlte,
Nicht fremdes Geld verthat und ſeine Schulden zahlte.
Selinde blies durch Lob in ſeiner Liebe Brand,
Und lobend gaͤhnte ſie mit vorgehaltner Hand.
Sie wallten auf und ab in bluhmenvollen Steigen,
Mit feyerlichem Ernſt und oft in tiefem Schweigen;
Und kamen an den Buſch, wo im bethauten Gras
Sich Selimor berauſcht bey Lesbien vergaß.
Kaum hoͤrte Lesbia das Raſcheln fremder Tritte,
So wiſchte ſie davon mit unbemerktem Schritte:
Jndeß mit offner Stirn, wie nach der beſten That,
Der dreiſte Selimor hin zu Selinden trat.
Vergebens, fieng er an, mit wahrem Stutzer-Witze;
Entflieh ich im Geſtraͤuch entflammter Sonnenhitze!
Auch in den dickſten Buſch, wohin mein Fuß entwich,
Folgt mir die Sonne nach und wuͤthet uͤber mich.

Der
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[186/0200] Sieg des Liebesgottes Dorante war allein bey ihr zuruͤckgeblieben, Und ſprach nun ungeſtoͤrt von ſeinen beſſern Trieben. Durch ſeine Lippen ſprach Natur und Zaͤrtlichkeit, Da iede reizend iſt und allem Reiz verleiht. Doch welche Muſe darf ihm nachzuſprechen wagen? Romanenmaͤßig ſchallt die Zaͤrtlichkeit der Klagen Jn unſer ekles Ohr, das Crebillon ergetzt, Der Wolluſt Girren ruͤhrt und Amors Ach! verletzt. Ein ſchalkheitvoller Mund mit ungetreuen Schwuͤren, Nicht aͤchte Liebe, kann ein heutig Herze ruͤhren. Die Schoͤne, wenn ſie liebt, denkt nur auf ſuͤſſen Scherz, Und ſieht auf aͤuſſern Glanz und ſieht nicht auf das Herz. Dorante ſprach umſonſt, der nicht von Golde ſtrahlte, Nicht fremdes Geld verthat und ſeine Schulden zahlte. Selinde blies durch Lob in ſeiner Liebe Brand, Und lobend gaͤhnte ſie mit vorgehaltner Hand. Sie wallten auf und ab in bluhmenvollen Steigen, Mit feyerlichem Ernſt und oft in tiefem Schweigen; Und kamen an den Buſch, wo im bethauten Gras Sich Selimor berauſcht bey Lesbien vergaß. Kaum hoͤrte Lesbia das Raſcheln fremder Tritte, So wiſchte ſie davon mit unbemerktem Schritte: Jndeß mit offner Stirn, wie nach der beſten That, Der dreiſte Selimor hin zu Selinden trat. Vergebens, fieng er an, mit wahrem Stutzer-Witze; Entflieh ich im Geſtraͤuch entflammter Sonnenhitze! Auch in den dickſten Buſch, wohin mein Fuß entwich, Folgt mir die Sonne nach und wuͤthet uͤber mich. Der

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/200>, abgerufen am 24.11.2024.