Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch.


An Galathee.
Fleuch, Galathee! den Stolz verlebter Schönen!
Schilt auf die Liebe nicht.
Du wirst sie nur mit falschen Lippen höhnen:
Dein Auge widerspricht.
Es müsse dich die süsse Leyer lehren,
Die überredend klingt,
Und, wie man glaubt, trotz heuchlerischem Wehren,
Von manchem spröden Mund oft manchen Kuß erzwingt.
Der Liebesgott schlief unter Myrthenbüschen,
Jn Bluhmen hingestreckt;
Und ließ im Schlaf durch Nymphen sich erwischen,
Die er so oft erschreckt.
Nur eingedenk, wie Amor sie geplaget,
Nicht, wie er sie entzückt,
Verübten sie, was niemand noch gewaget:
Sie fesselten den Gott, der Götter selbst bestrickt.
Der schlaue Gott sah, als er schnell erwachte,
Den ihm gespielten Streich.
O loses Volk! sprach dieser Schalk und lachte;
Wie listig rächt ihr euch!
Jch läugne nicht, was ich an euch begangen:
Jch macht' euch tausend Pein.
Besänftigt euch! nun habt ihr mich gefangen:
Jhr werdet ungequält und ungeküsset seyn.
Und
Viertes Buch.


An Galathee.
Fleuch, Galathee! den Stolz verlebter Schoͤnen!
Schilt auf die Liebe nicht.
Du wirſt ſie nur mit falſchen Lippen hoͤhnen:
Dein Auge widerſpricht.
Es muͤſſe dich die ſuͤſſe Leyer lehren,
Die uͤberredend klingt,
Und, wie man glaubt, trotz heuchleriſchem Wehren,
Von manchem ſproͤden Mund oft manchen Kuß erzwingt.
Der Liebesgott ſchlief unter Myrthenbuͤſchen,
Jn Bluhmen hingeſtreckt;
Und ließ im Schlaf durch Nymphen ſich erwiſchen,
Die er ſo oft erſchreckt.
Nur eingedenk, wie Amor ſie geplaget,
Nicht, wie er ſie entzuͤckt,
Veruͤbten ſie, was niemand noch gewaget:
Sie feſſelten den Gott, der Goͤtter ſelbſt beſtrickt.
Der ſchlaue Gott ſah, als er ſchnell erwachte,
Den ihm geſpielten Streich.
O loſes Volk! ſprach dieſer Schalk und lachte;
Wie liſtig raͤcht ihr euch!
Jch laͤugne nicht, was ich an euch begangen:
Jch macht’ euch tauſend Pein.
Beſaͤnftigt euch! nun habt ihr mich gefangen:
Jhr werdet ungequaͤlt und ungekuͤſſet ſeyn.
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0141" n="127"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">An Galathee.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">F</hi>leuch, Galathee! den Stolz verlebter Scho&#x0364;nen!</l><lb/>
              <l>Schilt auf die Liebe nicht.</l><lb/>
              <l>Du wir&#x017F;t &#x017F;ie nur mit fal&#x017F;chen Lippen ho&#x0364;hnen:</l><lb/>
              <l>Dein Auge wider&#x017F;pricht.</l><lb/>
              <l>Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e dich die &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Leyer lehren,</l><lb/>
              <l>Die u&#x0364;berredend klingt,</l><lb/>
              <l>Und, wie man glaubt, trotz heuchleri&#x017F;chem Wehren,</l><lb/>
              <l>Von manchem &#x017F;pro&#x0364;den Mund oft manchen Kuß erzwingt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>er Liebesgott &#x017F;chlief unter Myrthenbu&#x0364;&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Jn Bluhmen hinge&#x017F;treckt;</l><lb/>
              <l>Und ließ im Schlaf durch Nymphen &#x017F;ich erwi&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Die er &#x017F;o oft er&#x017F;chreckt.</l><lb/>
              <l>Nur eingedenk, wie Amor &#x017F;ie geplaget,</l><lb/>
              <l>Nicht, wie er &#x017F;ie entzu&#x0364;ckt,</l><lb/>
              <l>Veru&#x0364;bten &#x017F;ie, was niemand noch gewaget:</l><lb/>
              <l>Sie fe&#x017F;&#x017F;elten den Gott, der Go&#x0364;tter &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;trickt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>er &#x017F;chlaue Gott &#x017F;ah, als er &#x017F;chnell erwachte,</l><lb/>
              <l>Den ihm ge&#x017F;pielten Streich.</l><lb/>
              <l>O lo&#x017F;es Volk! &#x017F;prach die&#x017F;er Schalk und lachte;</l><lb/>
              <l>Wie li&#x017F;tig ra&#x0364;cht ihr euch!</l><lb/>
              <l>Jch la&#x0364;ugne nicht, was ich an euch begangen:</l><lb/>
              <l>Jch macht&#x2019; euch tau&#x017F;end Pein.</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;a&#x0364;nftigt euch! nun habt ihr mich gefangen:</l><lb/>
              <l>Jhr werdet ungequa&#x0364;lt und ungeku&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0141] Viertes Buch. An Galathee. Fleuch, Galathee! den Stolz verlebter Schoͤnen! Schilt auf die Liebe nicht. Du wirſt ſie nur mit falſchen Lippen hoͤhnen: Dein Auge widerſpricht. Es muͤſſe dich die ſuͤſſe Leyer lehren, Die uͤberredend klingt, Und, wie man glaubt, trotz heuchleriſchem Wehren, Von manchem ſproͤden Mund oft manchen Kuß erzwingt. Der Liebesgott ſchlief unter Myrthenbuͤſchen, Jn Bluhmen hingeſtreckt; Und ließ im Schlaf durch Nymphen ſich erwiſchen, Die er ſo oft erſchreckt. Nur eingedenk, wie Amor ſie geplaget, Nicht, wie er ſie entzuͤckt, Veruͤbten ſie, was niemand noch gewaget: Sie feſſelten den Gott, der Goͤtter ſelbſt beſtrickt. Der ſchlaue Gott ſah, als er ſchnell erwachte, Den ihm geſpielten Streich. O loſes Volk! ſprach dieſer Schalk und lachte; Wie liſtig raͤcht ihr euch! Jch laͤugne nicht, was ich an euch begangen: Jch macht’ euch tauſend Pein. Beſaͤnftigt euch! nun habt ihr mich gefangen: Jhr werdet ungequaͤlt und ungekuͤſſet ſeyn. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/141
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/141>, abgerufen am 24.11.2024.