Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch.
Quält mich sein Urtheil nicht mit nagendem Verdrusse,
So sey mein Eigenthum der schlauen Bosheit Raub;
So trete mich mit stolzem Fusse
Das ungestüme Glück in Staub.
Jch winsle nicht um Trost, nicht weibisch um Er-
barmen:
Die Ruhe folget mir zum armen Strohdach hin,
Wo ich in reiner Wollust Armen
Durch Unschuld reich und glücklich bin.
Fehlt innre Ruhe nicht; was fehlet meinem Leben,
Als was entbehrlich ist und unentbehrlich scheint?
Sollt ich bey iedem Unfall beben,
Und weinen, wann die Thorheit weint?
Mit weiser Huld vertheilt das Schicksal Weh und
Freuden,
Das bald auf Rosen uns durchs Leben wandern heißt,
Bald aber durch bedornte Leiden
Des Lasters Armen uns entreißt.
Ein Blick in vorig Leid wird künftig uns entzücken,
Wenn unsrem Auge sich der Ordnung Plan entdeckt,
Der nun vor unsern kühnen Blicken
Jn heilig Dunkel sich versteckt.
Der
H 4
Viertes Buch.
Quaͤlt mich ſein Urtheil nicht mit nagendem Verdruſſe,
So ſey mein Eigenthum der ſchlauen Bosheit Raub;
So trete mich mit ſtolzem Fuſſe
Das ungeſtuͤme Gluͤck in Staub.
Jch winſle nicht um Troſt, nicht weibiſch um Er-
barmen:
Die Ruhe folget mir zum armen Strohdach hin,
Wo ich in reiner Wolluſt Armen
Durch Unſchuld reich und gluͤcklich bin.
Fehlt innre Ruhe nicht; was fehlet meinem Leben,
Als was entbehrlich iſt und unentbehrlich ſcheint?
Sollt ich bey iedem Unfall beben,
Und weinen, wann die Thorheit weint?
Mit weiſer Huld vertheilt das Schickſal Weh und
Freuden,
Das bald auf Roſen uns durchs Leben wandern heißt,
Bald aber durch bedornte Leiden
Des Laſters Armen uns entreißt.
Ein Blick in vorig Leid wird kuͤnftig uns entzuͤcken,
Wenn unſrem Auge ſich der Ordnung Plan entdeckt,
Der nun vor unſern kuͤhnen Blicken
Jn heilig Dunkel ſich verſteckt.
Der
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0133" n="119"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="8">
              <l><hi rendition="#in">Q</hi>ua&#x0364;lt mich &#x017F;ein Urtheil nicht mit nagendem Verdru&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;ey mein Eigenthum der &#x017F;chlauen Bosheit Raub;</l><lb/>
              <l>So trete mich mit &#x017F;tolzem Fu&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Das unge&#x017F;tu&#x0364;me Glu&#x0364;ck in Staub.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>ch win&#x017F;le nicht um Tro&#x017F;t, nicht weibi&#x017F;ch um Er-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">barmen:</hi> </l><lb/>
              <l>Die Ruhe folget mir zum armen Strohdach hin,</l><lb/>
              <l>Wo ich in reiner Wollu&#x017F;t Armen</l><lb/>
              <l>Durch Un&#x017F;chuld reich und glu&#x0364;cklich bin.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l><hi rendition="#in">F</hi>ehlt innre Ruhe nicht; was fehlet meinem Leben,</l><lb/>
              <l>Als was entbehrlich i&#x017F;t und unentbehrlich &#x017F;cheint?</l><lb/>
              <l>Sollt ich bey iedem Unfall beben,</l><lb/>
              <l>Und weinen, wann die Thorheit weint?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l><hi rendition="#in">M</hi>it wei&#x017F;er Huld vertheilt das Schick&#x017F;al Weh und</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Freuden,</hi> </l><lb/>
              <l>Das bald auf Ro&#x017F;en uns durchs Leben wandern heißt,</l><lb/>
              <l>Bald aber durch bedornte Leiden</l><lb/>
              <l>Des La&#x017F;ters Armen uns entreißt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>in Blick in vorig Leid wird ku&#x0364;nftig uns entzu&#x0364;cken,</l><lb/>
              <l>Wenn un&#x017F;rem Auge &#x017F;ich der Ordnung Plan entdeckt,</l><lb/>
              <l>Der nun vor un&#x017F;ern ku&#x0364;hnen Blicken</l><lb/>
              <l>Jn heilig Dunkel &#x017F;ich ver&#x017F;teckt.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Der</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0133] Viertes Buch. Quaͤlt mich ſein Urtheil nicht mit nagendem Verdruſſe, So ſey mein Eigenthum der ſchlauen Bosheit Raub; So trete mich mit ſtolzem Fuſſe Das ungeſtuͤme Gluͤck in Staub. Jch winſle nicht um Troſt, nicht weibiſch um Er- barmen: Die Ruhe folget mir zum armen Strohdach hin, Wo ich in reiner Wolluſt Armen Durch Unſchuld reich und gluͤcklich bin. Fehlt innre Ruhe nicht; was fehlet meinem Leben, Als was entbehrlich iſt und unentbehrlich ſcheint? Sollt ich bey iedem Unfall beben, Und weinen, wann die Thorheit weint? Mit weiſer Huld vertheilt das Schickſal Weh und Freuden, Das bald auf Roſen uns durchs Leben wandern heißt, Bald aber durch bedornte Leiden Des Laſters Armen uns entreißt. Ein Blick in vorig Leid wird kuͤnftig uns entzuͤcken, Wenn unſrem Auge ſich der Ordnung Plan entdeckt, Der nun vor unſern kuͤhnen Blicken Jn heilig Dunkel ſich verſteckt. Der H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/133
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/133>, abgerufen am 22.11.2024.