Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.Drittes Buch. Seyd langsam, eh ihr wünscht, und zum Genuß geschwinde: Denn wisst ihr, was euch nützt, die ihr, gleich einem Kinde, Ohn' Ursach lacht, ohn' Ursach weint? Jst euer Auge nicht gebunden? Was in der Ferne böse scheint, Wird in der Näh ausbündig gut befunden: Wie, als ein holder Wind auf unbeschifftem Pfade, Die Helden Portugalls an dein gewünscht Gestade, Madera, Sitz der Wollust! riß: Dich eine schwarze Wolke deckte, Und stygischdicke Finsterniß Sich fürchterlich bis hoch zum Himmel streckte! Die blinde Nacht verließ die ungestümen Wellen; Der Thetis Angesicht fieng an, sich aufzuhellen; Sie spielte ruhig um den Strand: Jndem sie sich dem Ufer nahten, Und jauchzend ein entzückend Land Hier übersahn, und ans Gestade traten. Hier H 2
Drittes Buch. Seyd langſam, eh ihr wuͤnſcht, und zum Genuß geſchwinde: Denn wiſſt ihr, was euch nuͤtzt, die ihr, gleich einem Kinde, Ohn’ Urſach lacht, ohn’ Urſach weint? Jſt euer Auge nicht gebunden? Was in der Ferne boͤſe ſcheint, Wird in der Naͤh ausbuͤndig gut befunden: Wie, als ein holder Wind auf unbeſchifftem Pfade, Die Helden Portugalls an dein gewuͤnſcht Geſtade, Madera, Sitz der Wolluſt! riß: Dich eine ſchwarze Wolke deckte, Und ſtygiſchdicke Finſterniß Sich fuͤrchterlich bis hoch zum Himmel ſtreckte! Die blinde Nacht verließ die ungeſtuͤmen Wellen; Der Thetis Angeſicht fieng an, ſich aufzuhellen; Sie ſpielte ruhig um den Strand: Jndem ſie ſich dem Ufer nahten, Und jauchzend ein entzuͤckend Land Hier uͤberſahn, und ans Geſtade traten. Hier H 2
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Drittes Buch.
Seyd langſam, eh ihr wuͤnſcht, und zum Genuß
geſchwinde:
Denn wiſſt ihr, was euch nuͤtzt, die ihr, gleich einem
Kinde,
Ohn’ Urſach lacht, ohn’ Urſach weint?
Jſt euer Auge nicht gebunden?
Was in der Ferne boͤſe ſcheint,
Wird in der Naͤh ausbuͤndig gut befunden:
Wie, als ein holder Wind auf unbeſchifftem Pfade,
Die Helden Portugalls an dein gewuͤnſcht Geſtade,
Madera, Sitz der Wolluſt! riß:
Dich eine ſchwarze Wolke deckte,
Und ſtygiſchdicke Finſterniß
Sich fuͤrchterlich bis hoch zum Himmel ſtreckte!
Die blinde Nacht verließ die ungeſtuͤmen Wellen;
Der Thetis Angeſicht fieng an, ſich aufzuhellen;
Sie ſpielte ruhig um den Strand:
Jndem ſie ſich dem Ufer nahten,
Und jauchzend ein entzuͤckend Land
Hier uͤberſahn, und ans Geſtade traten.
Hier
H 2
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Zitationshilfe: | Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/129>, abgerufen am 16.02.2025. |