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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Dampfmaschine betrieben werden. Die Leitung, welche die primären mit den secundären
Maschinen verbindet, ist nach Art der Telegraphenleitungen auf Pfählen isolirt geführt. Im
Vergleiche zu den Dampfpflügen besitzt der elektrische Pflug den Vortheil, daß er weder
Wasser noch Heizmaterial mitzuführen braucht, daß eine stabile, sonst nicht benützte Dampf-
maschine zu seinem Betriebe verwendet werden kann und daß er ein bedeutend geringeres
Gewicht hat.

Schon vor ziemlich langer Zeit tauchten Vorschläge auf, nach welchen das
Bremsen eines Eisenbahnzuges durch elektrische Ströme, beziehungsweise
den durch sie erregten Magnetismus beabsichtigt wurde. Es war namentlich Achard,
der die elektrische Bremse zum Gegenstande ebenso ausgedehnter als eingehender
Studien machte. "Die Vortheile der elektrischen Eisenbahnbremse," sagt Uppen-
born
, "werden durch einen dem Verviers-Brüssel-Expreß zugestoßenen Unfall
sehr gut illustrirt. Besagter Zug war mit der automatischen Wagenbremse von

[Abbildung] Fig. 621.

Elektrischer Pflug.

Westinghouse ausgerüstet. Etwa 100 Meter vor der Station Ans brach ein
Rohr, wodurch die Bremsung momentan eintrat. Die Folgen waren sehr fatal;
Reisende und Gepäck wurden mit Vehemenz gegen die Wände und Decken der
Waggons geschleudert. Mehrere Passagiere und Beamte wurden ernstlich verletzt.
Was wäre wohl passirt, wenn die Bremsung bei voller Fahrgeschwindigkeit ein-
getreten wäre? Die Bremsung muß sich naturgemäß successive durch den ganzen
Zug fortpflanzen; es sind daher noch einige Wagen frei, wenn die anderen schon
gebremst sind. Hieraus folgt mit Nothwendigkeit eine heftige Contusion. Bei
elektrischen Bremsen können derartige Zusammenstöße der einzelnen Wagen nicht
stattfinden, da die Bremsung überall im selben Momente beginnt."

L. Regray hat über die von der französischen Ostbahn-Gesellschaft angestellten
zahlreichen Versuche mit elektrischen Bremsen in "La lumiere electrique" (1883)
eingehenden Bericht erstattet. Um eine beiläufige Vorstellung dieser Anwendung
elektrischer Ströme zu ermöglichen, wollen wir nachstehend eine der erprobten
Anordnungen skizziren. Die Construction des die Bremse in Thätigkeit setzenden
Elektromagnetes ist aus Fig. 622 zu ersehen. Auf der in den Trägern T T'

Urbanitzky: Elektricität. 55

Dampfmaſchine betrieben werden. Die Leitung, welche die primären mit den ſecundären
Maſchinen verbindet, iſt nach Art der Telegraphenleitungen auf Pfählen iſolirt geführt. Im
Vergleiche zu den Dampfpflügen beſitzt der elektriſche Pflug den Vortheil, daß er weder
Waſſer noch Heizmaterial mitzuführen braucht, daß eine ſtabile, ſonſt nicht benützte Dampf-
maſchine zu ſeinem Betriebe verwendet werden kann und daß er ein bedeutend geringeres
Gewicht hat.

Schon vor ziemlich langer Zeit tauchten Vorſchläge auf, nach welchen das
Bremſen eines Eiſenbahnzuges durch elektriſche Ströme, beziehungsweiſe
den durch ſie erregten Magnetismus beabſichtigt wurde. Es war namentlich Achard,
der die elektriſche Bremſe zum Gegenſtande ebenſo ausgedehnter als eingehender
Studien machte. „Die Vortheile der elektriſchen Eiſenbahnbremſe,“ ſagt Uppen-
born
, „werden durch einen dem Verviers-Brüſſel-Expreß zugeſtoßenen Unfall
ſehr gut illuſtrirt. Beſagter Zug war mit der automatiſchen Wagenbremſe von

[Abbildung] Fig. 621.

Elektriſcher Pflug.

Weſtinghouſe ausgerüſtet. Etwa 100 Meter vor der Station Ans brach ein
Rohr, wodurch die Bremſung momentan eintrat. Die Folgen waren ſehr fatal;
Reiſende und Gepäck wurden mit Vehemenz gegen die Wände und Decken der
Waggons geſchleudert. Mehrere Paſſagiere und Beamte wurden ernſtlich verletzt.
Was wäre wohl paſſirt, wenn die Bremſung bei voller Fahrgeſchwindigkeit ein-
getreten wäre? Die Bremſung muß ſich naturgemäß ſucceſſive durch den ganzen
Zug fortpflanzen; es ſind daher noch einige Wagen frei, wenn die anderen ſchon
gebremſt ſind. Hieraus folgt mit Nothwendigkeit eine heftige Contuſion. Bei
elektriſchen Bremſen können derartige Zuſammenſtöße der einzelnen Wagen nicht
ſtattfinden, da die Bremſung überall im ſelben Momente beginnt.“

L. Regray hat über die von der franzöſiſchen Oſtbahn-Geſellſchaft angeſtellten
zahlreichen Verſuche mit elektriſchen Bremſen in „La lumière électrique” (1883)
eingehenden Bericht erſtattet. Um eine beiläufige Vorſtellung dieſer Anwendung
elektriſcher Ströme zu ermöglichen, wollen wir nachſtehend eine der erprobten
Anordnungen ſkizziren. Die Conſtruction des die Bremſe in Thätigkeit ſetzenden
Elektromagnetes iſt aus Fig. 622 zu erſehen. Auf der in den Trägern T T'

Urbanitzky: Elektricität. 55
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[865/0879] Dampfmaſchine betrieben werden. Die Leitung, welche die primären mit den ſecundären Maſchinen verbindet, iſt nach Art der Telegraphenleitungen auf Pfählen iſolirt geführt. Im Vergleiche zu den Dampfpflügen beſitzt der elektriſche Pflug den Vortheil, daß er weder Waſſer noch Heizmaterial mitzuführen braucht, daß eine ſtabile, ſonſt nicht benützte Dampf- maſchine zu ſeinem Betriebe verwendet werden kann und daß er ein bedeutend geringeres Gewicht hat. Schon vor ziemlich langer Zeit tauchten Vorſchläge auf, nach welchen das Bremſen eines Eiſenbahnzuges durch elektriſche Ströme, beziehungsweiſe den durch ſie erregten Magnetismus beabſichtigt wurde. Es war namentlich Achard, der die elektriſche Bremſe zum Gegenſtande ebenſo ausgedehnter als eingehender Studien machte. „Die Vortheile der elektriſchen Eiſenbahnbremſe,“ ſagt Uppen- born, „werden durch einen dem Verviers-Brüſſel-Expreß zugeſtoßenen Unfall ſehr gut illuſtrirt. Beſagter Zug war mit der automatiſchen Wagenbremſe von [Abbildung Fig. 621. Elektriſcher Pflug.] Weſtinghouſe ausgerüſtet. Etwa 100 Meter vor der Station Ans brach ein Rohr, wodurch die Bremſung momentan eintrat. Die Folgen waren ſehr fatal; Reiſende und Gepäck wurden mit Vehemenz gegen die Wände und Decken der Waggons geſchleudert. Mehrere Paſſagiere und Beamte wurden ernſtlich verletzt. Was wäre wohl paſſirt, wenn die Bremſung bei voller Fahrgeſchwindigkeit ein- getreten wäre? Die Bremſung muß ſich naturgemäß ſucceſſive durch den ganzen Zug fortpflanzen; es ſind daher noch einige Wagen frei, wenn die anderen ſchon gebremſt ſind. Hieraus folgt mit Nothwendigkeit eine heftige Contuſion. Bei elektriſchen Bremſen können derartige Zuſammenſtöße der einzelnen Wagen nicht ſtattfinden, da die Bremſung überall im ſelben Momente beginnt.“ L. Regray hat über die von der franzöſiſchen Oſtbahn-Geſellſchaft angeſtellten zahlreichen Verſuche mit elektriſchen Bremſen in „La lumière électrique” (1883) eingehenden Bericht erſtattet. Um eine beiläufige Vorſtellung dieſer Anwendung elektriſcher Ströme zu ermöglichen, wollen wir nachſtehend eine der erprobten Anordnungen ſkizziren. Die Conſtruction des die Bremſe in Thätigkeit ſetzenden Elektromagnetes iſt aus Fig. 622 zu erſehen. Auf der in den Trägern T T' Urbanitzky: Elektricität. 55

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/879>, abgerufen am 22.11.2024.