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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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mehr nothwendig, auf die ganz ungewöhnlich großen Gefahren und Nachtheile
hinzuweisen, welche die Gasbeleuchtung in Theatern herbeiführt. Nach statistischen
Ausweisen sind in den letzten
25 Jahren 290 Theaterbrände bekannt
geworden; von diesen Theatern waren
28 Procent erst 5 Jahre
eröffnet
, 15 Procent 6 bis 10 Jahre, 18 Procent 11 bis 20 Jahre
und
10 Procent 21 bis 30 Jahre. Das durchschnittliche Alter der
abgebrannten Theater betrug
22 Jahre. Bei diesen Bränden sollen
10.000 Menschen ihr Leben eingebüßt haben und der materielle
Schaden beziffert sich auf
75,000.000 Gulden. Was sogenannte feuersichere
Constructionen oder Imprägnirungen zu leisten im Stande sind, haben wir an
den zahlreichen Theaterbränden nach der entsetzlichen Katastrophe im Wiener
Ringtheater erfahren. Alle die feuersicheren, sowie auch die imprägnirten sind bis
auf die vier Mauern ausgebrannt. Aber wozu auch heute noch, bei dem gegen-
wärtigen Stande der elektrischen Beleuchtung, so viele Hunderte von Flammen
und Flämmchen an einem Orte, dem an Feuergefährlichkeit kein zweiter gleichkommt?
Durch die Einführung der elektrischen Beleuchtung ist das Uebel bei der Wurzel
gefaßt, denn nicht der bereits eingetretene Brand wird in seinen verderben-
bringenden Wirkungen bekämpft, sondern das Eintreten selbst wird unmöglich
gemacht. In richtiger Würdigung dieser Umstände wurde die elektrische Beleuchtung
bereits in eilf Theatern eingeführt und es wäre nur zu wünschen, daß die leitenden
Personen anderer Theater von der ihnen durch das elektrische Licht gebotenen
Feuersicherheit für ihre Institute Gebrauch machen möchten, bevor sie durch die
schauerliche Beredsamkeit feuriger Zungen sich belehren und überzeugen zu lassen
gezwungen werden. Sie mögen sich vor Augen halten, daß gegenwärtig einem
Theaterbrande zum Opfer fallende Menschenleben schwer zu verantworten sein
werden. Ohne auf die mannigfachen Sicherheitsvorkehrungen hinzuweisen, welche
die Anwendung der Elektricität überhaupt bietet, möge an dieser Stelle nur die
wichtigste Maßregel, nämlich die Beseitigung jeder Art offener Flamme aus Theatern
besonders hervorgehoben werden.

Das erste vollständig mit elektrischem Glühlichte beleuchtete größere Theater
ist das Savoy Theater in London. Hierauf erhielt, dank der Energie Winter-
holler's
, des Bürgermeisters der Stadt Brünn, das dort neuerbaute Stadt-
Theater ausschließlich elektrische Beleuchtung. Elektrische Beleuchtungsanlagen wurden
ferner installirt im Theater zu Havana auf Kuba, im Bijou-Theater zu Boston,
im Theatre du Parc in Brüssel, in den Residenz-Theatern zu Stuttgart und
München, im Manzoni- und de la Scala-Theater zu Mailand und in den Theatern
zu Manchester und Budapest. Sämmtliche Beleuchtungsanlagen functionirten seit
ihrer Inbetriebsetzung ohne jedwede Störung.

Die Beleuchtungsanlage des Brünner Theaters wurde gemeinschaftlich von der
Societe electrique Edison in Paris und der Commandit-Gesellschaft Brückner, Roß &
Consorten
in Wien ausgeführt. Dieses im November 1882 eröffnete Theater bedeckt eine
Grundfläche von etwa 2100 Quadratmeter, ist nur für Sitzplätze eingerichtet und kann
1200 Menschen fassen. Das Maschinenhaus ist etwa 300 Meter weit vom Theater entfernt;
die Maschinenanlage zeigt Fig. 525 im Grundriß und Längenschnitt. Im Kesselhause sind
drei Röhrendampfkessel b (System Dupuis) eingemauert, die eine Heizfläche von zusammen
168 Quadratmeter besitzen. Zum regelmäßigen Betriebe der Beleuchtungsanlage genügen
jedoch zwei Kesseln, so daß also einer als Aushilfe dient. Sie sind auf sieben Atmosphären
Betriebsspannung concessionirt und selbstverständlich mit allen Heiz- und Sicherheitsarmaturen
ausgestattet. Ueber den Rosten der Kessel wurden eigens construirte Dampfgebläse angebracht,
welche bei jeder Beschickung in Thätigkeit gesetzt werden und die Rauchverzehrung bewirken.

mehr nothwendig, auf die ganz ungewöhnlich großen Gefahren und Nachtheile
hinzuweiſen, welche die Gasbeleuchtung in Theatern herbeiführt. Nach ſtatiſtiſchen
Ausweiſen ſind in den letzten
25 Jahren 290 Theaterbrände bekannt
geworden; von dieſen Theatern waren
28 Procent erſt 5 Jahre
eröffnet
, 15 Procent 6 bis 10 Jahre, 18 Procent 11 bis 20 Jahre
und
10 Procent 21 bis 30 Jahre. Das durchſchnittliche Alter der
abgebrannten Theater betrug
22 Jahre. Bei dieſen Bränden ſollen
10.000 Menſchen ihr Leben eingebüßt haben und der materielle
Schaden beziffert ſich auf
75,000.000 Gulden. Was ſogenannte feuerſichere
Conſtructionen oder Imprägnirungen zu leiſten im Stande ſind, haben wir an
den zahlreichen Theaterbränden nach der entſetzlichen Kataſtrophe im Wiener
Ringtheater erfahren. Alle die feuerſicheren, ſowie auch die imprägnirten ſind bis
auf die vier Mauern ausgebrannt. Aber wozu auch heute noch, bei dem gegen-
wärtigen Stande der elektriſchen Beleuchtung, ſo viele Hunderte von Flammen
und Flämmchen an einem Orte, dem an Feuergefährlichkeit kein zweiter gleichkommt?
Durch die Einführung der elektriſchen Beleuchtung iſt das Uebel bei der Wurzel
gefaßt, denn nicht der bereits eingetretene Brand wird in ſeinen verderben-
bringenden Wirkungen bekämpft, ſondern das Eintreten ſelbſt wird unmöglich
gemacht. In richtiger Würdigung dieſer Umſtände wurde die elektriſche Beleuchtung
bereits in eilf Theatern eingeführt und es wäre nur zu wünſchen, daß die leitenden
Perſonen anderer Theater von der ihnen durch das elektriſche Licht gebotenen
Feuerſicherheit für ihre Inſtitute Gebrauch machen möchten, bevor ſie durch die
ſchauerliche Beredſamkeit feuriger Zungen ſich belehren und überzeugen zu laſſen
gezwungen werden. Sie mögen ſich vor Augen halten, daß gegenwärtig einem
Theaterbrande zum Opfer fallende Menſchenleben ſchwer zu verantworten ſein
werden. Ohne auf die mannigfachen Sicherheitsvorkehrungen hinzuweiſen, welche
die Anwendung der Elektricität überhaupt bietet, möge an dieſer Stelle nur die
wichtigſte Maßregel, nämlich die Beſeitigung jeder Art offener Flamme aus Theatern
beſonders hervorgehoben werden.

Das erſte vollſtändig mit elektriſchem Glühlichte beleuchtete größere Theater
iſt das Savoy Theater in London. Hierauf erhielt, dank der Energie Winter-
holler’s
, des Bürgermeiſters der Stadt Brünn, das dort neuerbaute Stadt-
Theater ausſchließlich elektriſche Beleuchtung. Elektriſche Beleuchtungsanlagen wurden
ferner inſtallirt im Theater zu Havana auf Kuba, im Bijou-Theater zu Boſton,
im Théâtre du Parc in Brüſſel, in den Reſidenz-Theatern zu Stuttgart und
München, im Manzoni- und de la Scala-Theater zu Mailand und in den Theatern
zu Mancheſter und Budapeſt. Sämmtliche Beleuchtungsanlagen functionirten ſeit
ihrer Inbetriebſetzung ohne jedwede Störung.

Die Beleuchtungsanlage des Brünner Theaters wurde gemeinſchaftlich von der
Société électrique Ediſon in Paris und der Commandit-Geſellſchaft Brückner, Roß &
Conſorten
in Wien ausgeführt. Dieſes im November 1882 eröffnete Theater bedeckt eine
Grundfläche von etwa 2100 Quadratmeter, iſt nur für Sitzplätze eingerichtet und kann
1200 Menſchen faſſen. Das Maſchinenhaus iſt etwa 300 Meter weit vom Theater entfernt;
die Maſchinenanlage zeigt Fig. 525 im Grundriß und Längenſchnitt. Im Keſſelhauſe ſind
drei Röhrendampfkeſſel b (Syſtem Dupuis) eingemauert, die eine Heizfläche von zuſammen
168 Quadratmeter beſitzen. Zum regelmäßigen Betriebe der Beleuchtungsanlage genügen
jedoch zwei Keſſeln, ſo daß alſo einer als Aushilfe dient. Sie ſind auf ſieben Atmoſphären
Betriebsſpannung conceſſionirt und ſelbſtverſtändlich mit allen Heiz- und Sicherheitsarmaturen
ausgeſtattet. Ueber den Roſten der Keſſel wurden eigens conſtruirte Dampfgebläſe angebracht,
welche bei jeder Beſchickung in Thätigkeit geſetzt werden und die Rauchverzehrung bewirken.

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[726/0740] mehr nothwendig, auf die ganz ungewöhnlich großen Gefahren und Nachtheile hinzuweiſen, welche die Gasbeleuchtung in Theatern herbeiführt. Nach ſtatiſtiſchen Ausweiſen ſind in den letzten 25 Jahren 290 Theaterbrände bekannt geworden; von dieſen Theatern waren 28 Procent erſt 5 Jahre eröffnet, 15 Procent 6 bis 10 Jahre, 18 Procent 11 bis 20 Jahre und 10 Procent 21 bis 30 Jahre. Das durchſchnittliche Alter der abgebrannten Theater betrug 22 Jahre. Bei dieſen Bränden ſollen 10.000 Menſchen ihr Leben eingebüßt haben und der materielle Schaden beziffert ſich auf 75,000.000 Gulden. Was ſogenannte feuerſichere Conſtructionen oder Imprägnirungen zu leiſten im Stande ſind, haben wir an den zahlreichen Theaterbränden nach der entſetzlichen Kataſtrophe im Wiener Ringtheater erfahren. Alle die feuerſicheren, ſowie auch die imprägnirten ſind bis auf die vier Mauern ausgebrannt. Aber wozu auch heute noch, bei dem gegen- wärtigen Stande der elektriſchen Beleuchtung, ſo viele Hunderte von Flammen und Flämmchen an einem Orte, dem an Feuergefährlichkeit kein zweiter gleichkommt? Durch die Einführung der elektriſchen Beleuchtung iſt das Uebel bei der Wurzel gefaßt, denn nicht der bereits eingetretene Brand wird in ſeinen verderben- bringenden Wirkungen bekämpft, ſondern das Eintreten ſelbſt wird unmöglich gemacht. In richtiger Würdigung dieſer Umſtände wurde die elektriſche Beleuchtung bereits in eilf Theatern eingeführt und es wäre nur zu wünſchen, daß die leitenden Perſonen anderer Theater von der ihnen durch das elektriſche Licht gebotenen Feuerſicherheit für ihre Inſtitute Gebrauch machen möchten, bevor ſie durch die ſchauerliche Beredſamkeit feuriger Zungen ſich belehren und überzeugen zu laſſen gezwungen werden. Sie mögen ſich vor Augen halten, daß gegenwärtig einem Theaterbrande zum Opfer fallende Menſchenleben ſchwer zu verantworten ſein werden. Ohne auf die mannigfachen Sicherheitsvorkehrungen hinzuweiſen, welche die Anwendung der Elektricität überhaupt bietet, möge an dieſer Stelle nur die wichtigſte Maßregel, nämlich die Beſeitigung jeder Art offener Flamme aus Theatern beſonders hervorgehoben werden. Das erſte vollſtändig mit elektriſchem Glühlichte beleuchtete größere Theater iſt das Savoy Theater in London. Hierauf erhielt, dank der Energie Winter- holler’s, des Bürgermeiſters der Stadt Brünn, das dort neuerbaute Stadt- Theater ausſchließlich elektriſche Beleuchtung. Elektriſche Beleuchtungsanlagen wurden ferner inſtallirt im Theater zu Havana auf Kuba, im Bijou-Theater zu Boſton, im Théâtre du Parc in Brüſſel, in den Reſidenz-Theatern zu Stuttgart und München, im Manzoni- und de la Scala-Theater zu Mailand und in den Theatern zu Mancheſter und Budapeſt. Sämmtliche Beleuchtungsanlagen functionirten ſeit ihrer Inbetriebſetzung ohne jedwede Störung. Die Beleuchtungsanlage des Brünner Theaters wurde gemeinſchaftlich von der Société électrique Ediſon in Paris und der Commandit-Geſellſchaft Brückner, Roß & Conſorten in Wien ausgeführt. Dieſes im November 1882 eröffnete Theater bedeckt eine Grundfläche von etwa 2100 Quadratmeter, iſt nur für Sitzplätze eingerichtet und kann 1200 Menſchen faſſen. Das Maſchinenhaus iſt etwa 300 Meter weit vom Theater entfernt; die Maſchinenanlage zeigt Fig. 525 im Grundriß und Längenſchnitt. Im Keſſelhauſe ſind drei Röhrendampfkeſſel b (Syſtem Dupuis) eingemauert, die eine Heizfläche von zuſammen 168 Quadratmeter beſitzen. Zum regelmäßigen Betriebe der Beleuchtungsanlage genügen jedoch zwei Keſſeln, ſo daß alſo einer als Aushilfe dient. Sie ſind auf ſieben Atmoſphären Betriebsſpannung conceſſionirt und ſelbſtverſtändlich mit allen Heiz- und Sicherheitsarmaturen ausgeſtattet. Ueber den Roſten der Keſſel wurden eigens conſtruirte Dampfgebläſe angebracht, welche bei jeder Beſchickung in Thätigkeit geſetzt werden und die Rauchverzehrung bewirken.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/740>, abgerufen am 22.11.2024.