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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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röthlich erscheint, enthält es immerhin noch mehr violette Strahlen als das Gas-
licht. Diese Eigenschaft befähigt das elektrische Licht zur Anwendung in photo-
graphischen Anstalten, in welchen das Gaslicht ganz unbrauchbar ist.

Unbestreitbar sind die Vorzüge des elektrischen Lichtes gegenüber dem Gas-
lichte in hygienischer Beziehung. Ist nicht Jedermann die Ueberhitzung geschlos-
sener Räume durch Gasflammen bekannt? Zu wie vielen Erkrankungen legt der
Austritt aus dem heißen Theaterlocale in die kalte Winterluft den Grund! Ball-
und Concertsäle, Gast- und Kaffeehauslocale sind gleichfalls hiervon nicht aus-
genommen. Das Gas und überhaupt alle anderen Beleuchtungsmittel, mit Aus-
nahme der elektrischen Beleuchtung, erhöhen aber nicht nur die Temperatur sehr
bedeutend, sondern veranlassen auch ein rasches Verderben der Luft. Indem sie
Brennmateriale verzehren, verbrauchen sie den Sauerstoff der Luft und produciren
dafür bedeutende Mengen unathembarer Gase, von welchen die Kohlensäure
die weitaus überwiegende Menge bildet. *) F. Fischer hat den Kraft-, beziehungs-
weise Stoffverbrauch und die hiermit verbundene Wärme- und Kohlensäure-Entwicklung
für 16 verschiedene Beleuchtungsarten sehr eingehend studirt; in nachstehender
Tabelle ist ein Theil der hierbei erzielten Resultate zusammengestellt.

[Tabelle]
**)
***)

Als im königlichen Residenztheater zu München das elektrische Licht, und zwar Edison-
Glühlichtlampen, installirt war, wurde M. v. Pettenkofer aufgefordert, vergleichende Ver-
suche zwischen der Glühlicht- und der Gasbeleuchtung vom hygienischen Standpunkte aus vor-
zunehmen. Diese erstreckten sich auf die Feststellung des Kohlensäuregehaltes und die Erhöhung der
Temperatur bei vollem und bei leerem Hause und ergaben mit voller Sicherheit folgende zwei
Sätze: 1. daß die elektrische Beleuchtung in hohem Grade die Ueberhitzung der Luft im Theater
verhindert und 2. daß sie allerdings an und für sich nicht im Stande ist, die Ventilation des
Theaters entbehrlich zu machen, daß sie aber eine geringere Ventilation desselben erfordert als

*) Die hieraus resultirende schädliche Einwirkung des Gaslichtes auf die Luft in
geschlossenen Räumen ergiebt sich auch aus nachstehendem Beispiele: sechs elektrische Lampen
erzeugen durch Verbrennen ihrer Kohlenstäbe 2 bis 3 Kubikfuß Kohlensäure, Gasflammen von
derselben Lichtintensität circa 1500 Kubikfuß. Zur Herbeischaffung des hierzu nothwendigen,
Sauerstoffes und Erhaltung einer halbwegs erträglichen Temperatur müßten in diesem Falle
beiläufig 25.000 Kubikfuß frischer Luft per Minute herbeigeschafft werden.
**) Siehe Anmerkung, Seite 229.
***) Die Verbrennungsgase werden bei den Siemens'schen Regenerativbrennern abgeleitet.

röthlich erſcheint, enthält es immerhin noch mehr violette Strahlen als das Gas-
licht. Dieſe Eigenſchaft befähigt das elektriſche Licht zur Anwendung in photo-
graphiſchen Anſtalten, in welchen das Gaslicht ganz unbrauchbar iſt.

Unbeſtreitbar ſind die Vorzüge des elektriſchen Lichtes gegenüber dem Gas-
lichte in hygieniſcher Beziehung. Iſt nicht Jedermann die Ueberhitzung geſchloſ-
ſener Räume durch Gasflammen bekannt? Zu wie vielen Erkrankungen legt der
Austritt aus dem heißen Theaterlocale in die kalte Winterluft den Grund! Ball-
und Concertſäle, Gaſt- und Kaffeehauslocale ſind gleichfalls hiervon nicht aus-
genommen. Das Gas und überhaupt alle anderen Beleuchtungsmittel, mit Aus-
nahme der elektriſchen Beleuchtung, erhöhen aber nicht nur die Temperatur ſehr
bedeutend, ſondern veranlaſſen auch ein raſches Verderben der Luft. Indem ſie
Brennmateriale verzehren, verbrauchen ſie den Sauerſtoff der Luft und produciren
dafür bedeutende Mengen unathembarer Gaſe, von welchen die Kohlenſäure
die weitaus überwiegende Menge bildet. *) F. Fiſcher hat den Kraft-, beziehungs-
weiſe Stoffverbrauch und die hiermit verbundene Wärme- und Kohlenſäure-Entwicklung
für 16 verſchiedene Beleuchtungsarten ſehr eingehend ſtudirt; in nachſtehender
Tabelle iſt ein Theil der hierbei erzielten Reſultate zuſammengeſtellt.

[Tabelle]
**)
***)

Als im königlichen Reſidenztheater zu München das elektriſche Licht, und zwar Ediſon-
Glühlichtlampen, inſtallirt war, wurde M. v. Pettenkofer aufgefordert, vergleichende Ver-
ſuche zwiſchen der Glühlicht- und der Gasbeleuchtung vom hygieniſchen Standpunkte aus vor-
zunehmen. Dieſe erſtreckten ſich auf die Feſtſtellung des Kohlenſäuregehaltes und die Erhöhung der
Temperatur bei vollem und bei leerem Hauſe und ergaben mit voller Sicherheit folgende zwei
Sätze: 1. daß die elektriſche Beleuchtung in hohem Grade die Ueberhitzung der Luft im Theater
verhindert und 2. daß ſie allerdings an und für ſich nicht im Stande iſt, die Ventilation des
Theaters entbehrlich zu machen, daß ſie aber eine geringere Ventilation desſelben erfordert als

*) Die hieraus reſultirende ſchädliche Einwirkung des Gaslichtes auf die Luft in
geſchloſſenen Räumen ergiebt ſich auch aus nachſtehendem Beiſpiele: ſechs elektriſche Lampen
erzeugen durch Verbrennen ihrer Kohlenſtäbe 2 bis 3 Kubikfuß Kohlenſäure, Gasflammen von
derſelben Lichtintenſität circa 1500 Kubikfuß. Zur Herbeiſchaffung des hierzu nothwendigen,
Sauerſtoffes und Erhaltung einer halbwegs erträglichen Temperatur müßten in dieſem Falle
beiläufig 25.000 Kubikfuß friſcher Luft per Minute herbeigeſchafft werden.
**) Siehe Anmerkung, Seite 229.
***) Die Verbrennungsgaſe werden bei den Siemens’ſchen Regenerativbrennern abgeleitet.
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[718/0732] röthlich erſcheint, enthält es immerhin noch mehr violette Strahlen als das Gas- licht. Dieſe Eigenſchaft befähigt das elektriſche Licht zur Anwendung in photo- graphiſchen Anſtalten, in welchen das Gaslicht ganz unbrauchbar iſt. Unbeſtreitbar ſind die Vorzüge des elektriſchen Lichtes gegenüber dem Gas- lichte in hygieniſcher Beziehung. Iſt nicht Jedermann die Ueberhitzung geſchloſ- ſener Räume durch Gasflammen bekannt? Zu wie vielen Erkrankungen legt der Austritt aus dem heißen Theaterlocale in die kalte Winterluft den Grund! Ball- und Concertſäle, Gaſt- und Kaffeehauslocale ſind gleichfalls hiervon nicht aus- genommen. Das Gas und überhaupt alle anderen Beleuchtungsmittel, mit Aus- nahme der elektriſchen Beleuchtung, erhöhen aber nicht nur die Temperatur ſehr bedeutend, ſondern veranlaſſen auch ein raſches Verderben der Luft. Indem ſie Brennmateriale verzehren, verbrauchen ſie den Sauerſtoff der Luft und produciren dafür bedeutende Mengen unathembarer Gaſe, von welchen die Kohlenſäure die weitaus überwiegende Menge bildet. *) F. Fiſcher hat den Kraft-, beziehungs- weiſe Stoffverbrauch und die hiermit verbundene Wärme- und Kohlenſäure-Entwicklung für 16 verſchiedene Beleuchtungsarten ſehr eingehend ſtudirt; in nachſtehender Tabelle iſt ein Theil der hierbei erzielten Reſultate zuſammengeſtellt. **) ***) Als im königlichen Reſidenztheater zu München das elektriſche Licht, und zwar Ediſon- Glühlichtlampen, inſtallirt war, wurde M. v. Pettenkofer aufgefordert, vergleichende Ver- ſuche zwiſchen der Glühlicht- und der Gasbeleuchtung vom hygieniſchen Standpunkte aus vor- zunehmen. Dieſe erſtreckten ſich auf die Feſtſtellung des Kohlenſäuregehaltes und die Erhöhung der Temperatur bei vollem und bei leerem Hauſe und ergaben mit voller Sicherheit folgende zwei Sätze: 1. daß die elektriſche Beleuchtung in hohem Grade die Ueberhitzung der Luft im Theater verhindert und 2. daß ſie allerdings an und für ſich nicht im Stande iſt, die Ventilation des Theaters entbehrlich zu machen, daß ſie aber eine geringere Ventilation desſelben erfordert als *) Die hieraus reſultirende ſchädliche Einwirkung des Gaslichtes auf die Luft in geſchloſſenen Räumen ergiebt ſich auch aus nachſtehendem Beiſpiele: ſechs elektriſche Lampen erzeugen durch Verbrennen ihrer Kohlenſtäbe 2 bis 3 Kubikfuß Kohlenſäure, Gasflammen von derſelben Lichtintenſität circa 1500 Kubikfuß. Zur Herbeiſchaffung des hierzu nothwendigen, Sauerſtoffes und Erhaltung einer halbwegs erträglichen Temperatur müßten in dieſem Falle beiläufig 25.000 Kubikfuß friſcher Luft per Minute herbeigeſchafft werden. **) Siehe Anmerkung, Seite 229. ***) Die Verbrennungsgaſe werden bei den Siemens’ſchen Regenerativbrennern abgeleitet.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 718. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/732>, abgerufen am 22.11.2024.