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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Bevor man zur Ausführung einer elektrischen Beleuchtungsanlage schreitet,
hat man aber nicht nur die technische Durchführung derselben genau zu über-
legen, sondern man muß vielmehr auch erwägen, ob mit Beachtung des im Vor-
stehenden Angedeuteten und der anderen möglichen Beleuchtungsarten die elektrische
Beleuchtung überhaupt vortheilhaft anwendbar ist. Hierüber können wir ein Urtheil
durch Vergleichung des elektrischen Lichtes mit der Gasbeleuchtung
gewinnen. An Lichtfülle übertrifft das elektrische Licht nicht nur das Gaslicht,
sondern überhaupt alle uns gegenwärtig bekannten und in Gebrauch stehenden
Beleuchtungsmittel; sein Glanz und die Reinheit der Farbe wetteifern mit dem
Sonnenlichte. Zwar wird häufig behauptet, das elektrische Licht erscheine bläulich,
bewirke mehr den Effect einer Mondbeleuchtung und entbehre des warmen Tones
einer Gasbeleuchtung; dies ist aber nicht ganz begründet. Newton hat uns ein
unfehlbares Mittel an die Hand gegeben, die Farben eines Lichtes unzweifelhaft
festzustellen. Er hat uns gezeigt, wie man weißes Licht in seine farbigen Bestand-
theile zerlegen kann, und daß nur die Gesammtheit aller Farben weißes Licht zu
geben im Stande ist. Das Mittel zu dieser Farbenanalyse ist ein dreiseitiges Glas-
prisma. Leitet man durch dieses die Strahlen irgend einer Lichtquelle, so gehen
letztere nicht unverändert durch, sondern werden in Strahlenbüschel verschiedener
Farben zerlegt; fängt man letztere auf einem weißen Schirme auf, so erscheinen
die Farben nebeneinander und in jener Reihenfolge, welche die Farben des Regen-
bogens zeigen. Davon, daß man es hier mit einer wirklichen Zerlegung des weißen
Lichtes in seine farbigen Bestandtheile zu thun hat, kann man sich dadurch leicht
überzeugen, daß man die farbigen Strahlen durch eine Sammellinse wieder ver-
einigt; hierdurch bekommt man wieder weißes Licht. Die Physik hat uns jedoch
nicht nur Mittel an die Hand gegeben, die Farbe des Lichtes qualitativ zu unter-
suchen, sondern sie gestattet auch quantitative Messungen. Man hat nun das Licht
der Sonne, das Gas- und das elektrische Licht sorgfältig untersucht und dabei
gefunden, daß das Gaslicht reicher an rothen Strahlen ist als das Sonnenlicht,
letzteres jedoch mehr violette Strahlen enthält als das erstere; daß das Gaslicht
auch reicher an rothen und ärmer an violetten Strahlen ist als das elektrische Licht.
Man fand aber auch, daß das Sonnenlicht im Grün und Blau heller leuchtet
als das elektrische Licht, letzteres aber in Roth und Violett überwiegen kann.
Daraus erhellt, daß das elektrische Licht im Vergleiche zum Sonnenlichte noch
immer gelblich oder röthlich erscheinen muß, was man auch in der That beobachten
kann, wenn gleichzeitig eine Fläche zum Theile vom elektrischen Lichte, zum Theile
von der Sonne beleuchtet ist. Die Farbe des elektrischen Lichtes ist daher jener
des Gaslichtes entschieden vorzuziehen und nur die Gewohnheit von Jugend auf,
Abends Alles im röthlichen Lichte zu sehen, läßt uns die elektrische Beleuchtung kalt
und unnatürlich erscheinen. Sollte es denn natürlicher sein, daß Grün und Blau
bei Gasbeleuchtung betrachtet so sehr denselben Eindruck auf unser Auge machen,
daß diese beiden Farben häufig gar nicht zu unterscheiden sind, als daß wir beide
Farben wohl erkennen, wie dies bei elektrischer Beleuchtung der Fall ist? Es ist
aber nicht blos angenehm, die Gegenstände in ihren natürlichen Farben zu sehen,
sondern in vielen Fällen unbedingt nothwendig. So können z. B. Spinnereien,
Webereien und Buntdruckereien gewisse Arbeiten nur bei Tageslicht machen, da die
bisher üblichen Beleuchtungsarten die Unterscheidung gewisser Farben und Farben-
nuancen nicht gestatten. Gegen diese Uebelstände schafft die elektrische Beleuchtung
Abhilfe. Trotzdem aber das elektrische Licht im Vergleiche zum Lichte der Sonne

Bevor man zur Ausführung einer elektriſchen Beleuchtungsanlage ſchreitet,
hat man aber nicht nur die techniſche Durchführung derſelben genau zu über-
legen, ſondern man muß vielmehr auch erwägen, ob mit Beachtung des im Vor-
ſtehenden Angedeuteten und der anderen möglichen Beleuchtungsarten die elektriſche
Beleuchtung überhaupt vortheilhaft anwendbar iſt. Hierüber können wir ein Urtheil
durch Vergleichung des elektriſchen Lichtes mit der Gasbeleuchtung
gewinnen. An Lichtfülle übertrifft das elektriſche Licht nicht nur das Gaslicht,
ſondern überhaupt alle uns gegenwärtig bekannten und in Gebrauch ſtehenden
Beleuchtungsmittel; ſein Glanz und die Reinheit der Farbe wetteifern mit dem
Sonnenlichte. Zwar wird häufig behauptet, das elektriſche Licht erſcheine bläulich,
bewirke mehr den Effect einer Mondbeleuchtung und entbehre des warmen Tones
einer Gasbeleuchtung; dies iſt aber nicht ganz begründet. Newton hat uns ein
unfehlbares Mittel an die Hand gegeben, die Farben eines Lichtes unzweifelhaft
feſtzuſtellen. Er hat uns gezeigt, wie man weißes Licht in ſeine farbigen Beſtand-
theile zerlegen kann, und daß nur die Geſammtheit aller Farben weißes Licht zu
geben im Stande iſt. Das Mittel zu dieſer Farbenanalyſe iſt ein dreiſeitiges Glas-
prisma. Leitet man durch dieſes die Strahlen irgend einer Lichtquelle, ſo gehen
letztere nicht unverändert durch, ſondern werden in Strahlenbüſchel verſchiedener
Farben zerlegt; fängt man letztere auf einem weißen Schirme auf, ſo erſcheinen
die Farben nebeneinander und in jener Reihenfolge, welche die Farben des Regen-
bogens zeigen. Davon, daß man es hier mit einer wirklichen Zerlegung des weißen
Lichtes in ſeine farbigen Beſtandtheile zu thun hat, kann man ſich dadurch leicht
überzeugen, daß man die farbigen Strahlen durch eine Sammellinſe wieder ver-
einigt; hierdurch bekommt man wieder weißes Licht. Die Phyſik hat uns jedoch
nicht nur Mittel an die Hand gegeben, die Farbe des Lichtes qualitativ zu unter-
ſuchen, ſondern ſie geſtattet auch quantitative Meſſungen. Man hat nun das Licht
der Sonne, das Gas- und das elektriſche Licht ſorgfältig unterſucht und dabei
gefunden, daß das Gaslicht reicher an rothen Strahlen iſt als das Sonnenlicht,
letzteres jedoch mehr violette Strahlen enthält als das erſtere; daß das Gaslicht
auch reicher an rothen und ärmer an violetten Strahlen iſt als das elektriſche Licht.
Man fand aber auch, daß das Sonnenlicht im Grün und Blau heller leuchtet
als das elektriſche Licht, letzteres aber in Roth und Violett überwiegen kann.
Daraus erhellt, daß das elektriſche Licht im Vergleiche zum Sonnenlichte noch
immer gelblich oder röthlich erſcheinen muß, was man auch in der That beobachten
kann, wenn gleichzeitig eine Fläche zum Theile vom elektriſchen Lichte, zum Theile
von der Sonne beleuchtet iſt. Die Farbe des elektriſchen Lichtes iſt daher jener
des Gaslichtes entſchieden vorzuziehen und nur die Gewohnheit von Jugend auf,
Abends Alles im röthlichen Lichte zu ſehen, läßt uns die elektriſche Beleuchtung kalt
und unnatürlich erſcheinen. Sollte es denn natürlicher ſein, daß Grün und Blau
bei Gasbeleuchtung betrachtet ſo ſehr denſelben Eindruck auf unſer Auge machen,
daß dieſe beiden Farben häufig gar nicht zu unterſcheiden ſind, als daß wir beide
Farben wohl erkennen, wie dies bei elektriſcher Beleuchtung der Fall iſt? Es iſt
aber nicht blos angenehm, die Gegenſtände in ihren natürlichen Farben zu ſehen,
ſondern in vielen Fällen unbedingt nothwendig. So können z. B. Spinnereien,
Webereien und Buntdruckereien gewiſſe Arbeiten nur bei Tageslicht machen, da die
bisher üblichen Beleuchtungsarten die Unterſcheidung gewiſſer Farben und Farben-
nuancen nicht geſtatten. Gegen dieſe Uebelſtände ſchafft die elektriſche Beleuchtung
Abhilfe. Trotzdem aber das elektriſche Licht im Vergleiche zum Lichte der Sonne

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[717/0731] Bevor man zur Ausführung einer elektriſchen Beleuchtungsanlage ſchreitet, hat man aber nicht nur die techniſche Durchführung derſelben genau zu über- legen, ſondern man muß vielmehr auch erwägen, ob mit Beachtung des im Vor- ſtehenden Angedeuteten und der anderen möglichen Beleuchtungsarten die elektriſche Beleuchtung überhaupt vortheilhaft anwendbar iſt. Hierüber können wir ein Urtheil durch Vergleichung des elektriſchen Lichtes mit der Gasbeleuchtung gewinnen. An Lichtfülle übertrifft das elektriſche Licht nicht nur das Gaslicht, ſondern überhaupt alle uns gegenwärtig bekannten und in Gebrauch ſtehenden Beleuchtungsmittel; ſein Glanz und die Reinheit der Farbe wetteifern mit dem Sonnenlichte. Zwar wird häufig behauptet, das elektriſche Licht erſcheine bläulich, bewirke mehr den Effect einer Mondbeleuchtung und entbehre des warmen Tones einer Gasbeleuchtung; dies iſt aber nicht ganz begründet. Newton hat uns ein unfehlbares Mittel an die Hand gegeben, die Farben eines Lichtes unzweifelhaft feſtzuſtellen. Er hat uns gezeigt, wie man weißes Licht in ſeine farbigen Beſtand- theile zerlegen kann, und daß nur die Geſammtheit aller Farben weißes Licht zu geben im Stande iſt. Das Mittel zu dieſer Farbenanalyſe iſt ein dreiſeitiges Glas- prisma. Leitet man durch dieſes die Strahlen irgend einer Lichtquelle, ſo gehen letztere nicht unverändert durch, ſondern werden in Strahlenbüſchel verſchiedener Farben zerlegt; fängt man letztere auf einem weißen Schirme auf, ſo erſcheinen die Farben nebeneinander und in jener Reihenfolge, welche die Farben des Regen- bogens zeigen. Davon, daß man es hier mit einer wirklichen Zerlegung des weißen Lichtes in ſeine farbigen Beſtandtheile zu thun hat, kann man ſich dadurch leicht überzeugen, daß man die farbigen Strahlen durch eine Sammellinſe wieder ver- einigt; hierdurch bekommt man wieder weißes Licht. Die Phyſik hat uns jedoch nicht nur Mittel an die Hand gegeben, die Farbe des Lichtes qualitativ zu unter- ſuchen, ſondern ſie geſtattet auch quantitative Meſſungen. Man hat nun das Licht der Sonne, das Gas- und das elektriſche Licht ſorgfältig unterſucht und dabei gefunden, daß das Gaslicht reicher an rothen Strahlen iſt als das Sonnenlicht, letzteres jedoch mehr violette Strahlen enthält als das erſtere; daß das Gaslicht auch reicher an rothen und ärmer an violetten Strahlen iſt als das elektriſche Licht. Man fand aber auch, daß das Sonnenlicht im Grün und Blau heller leuchtet als das elektriſche Licht, letzteres aber in Roth und Violett überwiegen kann. Daraus erhellt, daß das elektriſche Licht im Vergleiche zum Sonnenlichte noch immer gelblich oder röthlich erſcheinen muß, was man auch in der That beobachten kann, wenn gleichzeitig eine Fläche zum Theile vom elektriſchen Lichte, zum Theile von der Sonne beleuchtet iſt. Die Farbe des elektriſchen Lichtes iſt daher jener des Gaslichtes entſchieden vorzuziehen und nur die Gewohnheit von Jugend auf, Abends Alles im röthlichen Lichte zu ſehen, läßt uns die elektriſche Beleuchtung kalt und unnatürlich erſcheinen. Sollte es denn natürlicher ſein, daß Grün und Blau bei Gasbeleuchtung betrachtet ſo ſehr denſelben Eindruck auf unſer Auge machen, daß dieſe beiden Farben häufig gar nicht zu unterſcheiden ſind, als daß wir beide Farben wohl erkennen, wie dies bei elektriſcher Beleuchtung der Fall iſt? Es iſt aber nicht blos angenehm, die Gegenſtände in ihren natürlichen Farben zu ſehen, ſondern in vielen Fällen unbedingt nothwendig. So können z. B. Spinnereien, Webereien und Buntdruckereien gewiſſe Arbeiten nur bei Tageslicht machen, da die bisher üblichen Beleuchtungsarten die Unterſcheidung gewiſſer Farben und Farben- nuancen nicht geſtatten. Gegen dieſe Uebelſtände ſchafft die elektriſche Beleuchtung Abhilfe. Trotzdem aber das elektriſche Licht im Vergleiche zum Lichte der Sonne

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/731>, abgerufen am 22.11.2024.