Wir haben bis jetzt die Wirkungsweise der Maschine immer nur für eine bestimmte Lage des Cylinders während seiner Rotation betrachtet, haben daher noch die übrigen Stadien zu erörtern. Das oben Gesagte hat offenbar so lange Geltung, als s s unter der Einwirkung von N N und n n unter jener von S steht. Bei Fortsetzung der Drehung gelangen dann s s ebensowohl als n n in den Zwischenraum zwischen N N und S, d. h. in eine Lage, in welcher sich die magnetisirende Wirkung von S und N nicht geltend machen kann, also der Cylinder unmagnetisch wird. Hierauf folgt jenes Stadium, bei welchem n n in die Stellung kommt, die früher s s eingenommen hat, und s s in jene Stellung, die früher n n eingenommen hat. Es muß also jenes Cylinderstück, welches in der ersten Stellung Nordmagnetismus erhielt, jetzt Südmagnetismus erhalten; jenes, welches früher Südmagnetismus zeigte, jetzt Nordmagnetismus bekommen.
Mit dem Eisencylinder dreht sich auch die Drahtwindung (oder in Wirklich- keit drehen sich die Drahtwindungen) und daher wird der früher gedeckt gewesene, mit dem Metallcylinder M in Verbindung stehende Theil jetzt sichtbar werden oder nach oben gelangen und der zur Axe A X führende Theil nach unten kommen, wie dies in dem getrennt gezeichneten Theile der Fig. 228 zu erkennen ist. Die Inductionsvorgänge sind bei dieser Stellung des Cylinders natürlich genau die- selben wie in der ersten Stellung, da der Cylinder vollkommen symmetrisch gebaut ist. Der einzige Unterschied beider Stellungen besteht darin, daß jetzt die mit dem Metallcylinder M in Verbindung stehenden Drahtlagen nach oben gekommen sind. Dies hat zur Folge, daß im ersten Falle der Inductionsstrom von M über 1 nach d und von c über 2 nach a fließt, während er im letzterwähnten Stadium der Cylinderdrehung den umgekehrten Weg einschlagen muß, nämlich von a über 2 nach c und von d über 1 nach M.
Es ergiebt sich daher aus der Betrachtung einer vollen Umdrehung der Cylinderarmatur, daß, wenn wir die zuerst behandelte Stellung als Beginn der Bewegung auffassen, zunächst in den Drahtwindungen der Armatur Ströme einer Richtung inducirt werden, hierauf eine Stellung folgt, in welcher die Drähte stromlos sind, dann abermals Ströme inducirt werden, aber von der entgegen- gesetzten Richtung, dann neuerdings die Stromerregung unterbrochen wird und schließlich wieder Inductionsströme der ersten Richtung auftreten.
Soll daher die Maschine als dynamoelektrische fungiren, also der Elektro- magnet nicht durch eine eigene Stromquelle, sondern durch den in der Armatur selbst erzeugten Strom erregt werden, so muß mit der Maschine offenbar ein Commutator verbunden sein, durch dessen Vermittlung die Inductionsströme stets in einer und derselben Richtung durch die Drahtwindungen des Elektromagnetes gesandt werden, da nur unter dieser Bedingung der Magnetismus eine progressive Steigerung erfahren kann.
Es muß noch die Frage beantwortet werden, wieso es kommt, daß der Magnetismus zunimmt, trotzdem die Maschine keinen continuirlichen, sondern nur einzeln aufeinanderfolgende Ströme durch die Drahtwindungen des Elektro- magnetes sendet und, wie wir wissen, der Magnetismus eines weichen Eisens ver- schwindet, sobald der ihn erregende Strom unterbrochen wird. Würde der in den Eisenplatten des Elektromagnetes erregte Magnetismus mit dem Aufhören des Stromes momentan erlöschen, so wäre die früher geschilderte Wirkungsweise der Maschine allerdings unmöglich. Nun verschwindet aber der in einem Eisen erregte Magnetismus in Folge der Trägheit der Eisenmoleküle thatsächlich nicht momentan
Urbanitzky: Elektricität. 23
Wir haben bis jetzt die Wirkungsweiſe der Maſchine immer nur für eine beſtimmte Lage des Cylinders während ſeiner Rotation betrachtet, haben daher noch die übrigen Stadien zu erörtern. Das oben Geſagte hat offenbar ſo lange Geltung, als s s unter der Einwirkung von N N und n n unter jener von S ſteht. Bei Fortſetzung der Drehung gelangen dann s s ebenſowohl als n n in den Zwiſchenraum zwiſchen N N und S, d. h. in eine Lage, in welcher ſich die magnetiſirende Wirkung von S und N nicht geltend machen kann, alſo der Cylinder unmagnetiſch wird. Hierauf folgt jenes Stadium, bei welchem n n in die Stellung kommt, die früher s s eingenommen hat, und s s in jene Stellung, die früher n n eingenommen hat. Es muß alſo jenes Cylinderſtück, welches in der erſten Stellung Nordmagnetismus erhielt, jetzt Südmagnetismus erhalten; jenes, welches früher Südmagnetismus zeigte, jetzt Nordmagnetismus bekommen.
Mit dem Eiſencylinder dreht ſich auch die Drahtwindung (oder in Wirklich- keit drehen ſich die Drahtwindungen) und daher wird der früher gedeckt geweſene, mit dem Metallcylinder M in Verbindung ſtehende Theil jetzt ſichtbar werden oder nach oben gelangen und der zur Axe A X führende Theil nach unten kommen, wie dies in dem getrennt gezeichneten Theile der Fig. 228 zu erkennen iſt. Die Inductionsvorgänge ſind bei dieſer Stellung des Cylinders natürlich genau die- ſelben wie in der erſten Stellung, da der Cylinder vollkommen ſymmetriſch gebaut iſt. Der einzige Unterſchied beider Stellungen beſteht darin, daß jetzt die mit dem Metallcylinder M in Verbindung ſtehenden Drahtlagen nach oben gekommen ſind. Dies hat zur Folge, daß im erſten Falle der Inductionsſtrom von M über 1 nach d und von c über 2 nach a fließt, während er im letzterwähnten Stadium der Cylinderdrehung den umgekehrten Weg einſchlagen muß, nämlich von a über 2 nach c und von d über 1 nach M.
Es ergiebt ſich daher aus der Betrachtung einer vollen Umdrehung der Cylinderarmatur, daß, wenn wir die zuerſt behandelte Stellung als Beginn der Bewegung auffaſſen, zunächſt in den Drahtwindungen der Armatur Ströme einer Richtung inducirt werden, hierauf eine Stellung folgt, in welcher die Drähte ſtromlos ſind, dann abermals Ströme inducirt werden, aber von der entgegen- geſetzten Richtung, dann neuerdings die Stromerregung unterbrochen wird und ſchließlich wieder Inductionsſtröme der erſten Richtung auftreten.
Soll daher die Maſchine als dynamoelektriſche fungiren, alſo der Elektro- magnet nicht durch eine eigene Stromquelle, ſondern durch den in der Armatur ſelbſt erzeugten Strom erregt werden, ſo muß mit der Maſchine offenbar ein Commutator verbunden ſein, durch deſſen Vermittlung die Inductionsſtröme ſtets in einer und derſelben Richtung durch die Drahtwindungen des Elektromagnetes geſandt werden, da nur unter dieſer Bedingung der Magnetismus eine progreſſive Steigerung erfahren kann.
Es muß noch die Frage beantwortet werden, wieſo es kommt, daß der Magnetismus zunimmt, trotzdem die Maſchine keinen continuirlichen, ſondern nur einzeln aufeinanderfolgende Ströme durch die Drahtwindungen des Elektro- magnetes ſendet und, wie wir wiſſen, der Magnetismus eines weichen Eiſens ver- ſchwindet, ſobald der ihn erregende Strom unterbrochen wird. Würde der in den Eiſenplatten des Elektromagnetes erregte Magnetismus mit dem Aufhören des Stromes momentan erlöſchen, ſo wäre die früher geſchilderte Wirkungsweiſe der Maſchine allerdings unmöglich. Nun verſchwindet aber der in einem Eiſen erregte Magnetismus in Folge der Trägheit der Eiſenmoleküle thatſächlich nicht momentan
Urbanitzky: Elektricität. 23
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[353/0367]
Wir haben bis jetzt die Wirkungsweiſe der Maſchine immer nur für eine
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noch die übrigen Stadien zu erörtern. Das oben Geſagte hat offenbar ſo lange
Geltung, als s s unter der Einwirkung von N N und n n unter jener von S
ſteht. Bei Fortſetzung der Drehung gelangen dann s s ebenſowohl als n n in den
Zwiſchenraum zwiſchen N N und S, d. h. in eine Lage, in welcher ſich die
magnetiſirende Wirkung von S und N nicht geltend machen kann, alſo der Cylinder
unmagnetiſch wird. Hierauf folgt jenes Stadium, bei welchem n n in die Stellung
kommt, die früher s s eingenommen hat, und s s in jene Stellung, die früher n n
eingenommen hat. Es muß alſo jenes Cylinderſtück, welches in der erſten Stellung
Nordmagnetismus erhielt, jetzt Südmagnetismus erhalten; jenes, welches früher
Südmagnetismus zeigte, jetzt Nordmagnetismus bekommen.
Mit dem Eiſencylinder dreht ſich auch die Drahtwindung (oder in Wirklich-
keit drehen ſich die Drahtwindungen) und daher wird der früher gedeckt geweſene,
mit dem Metallcylinder M in Verbindung ſtehende Theil jetzt ſichtbar werden oder
nach oben gelangen und der zur Axe A X führende Theil nach unten kommen,
wie dies in dem getrennt gezeichneten Theile der Fig. 228 zu erkennen iſt. Die
Inductionsvorgänge ſind bei dieſer Stellung des Cylinders natürlich genau die-
ſelben wie in der erſten Stellung, da der Cylinder vollkommen ſymmetriſch gebaut
iſt. Der einzige Unterſchied beider Stellungen beſteht darin, daß jetzt die mit dem
Metallcylinder M in Verbindung ſtehenden Drahtlagen nach oben gekommen ſind.
Dies hat zur Folge, daß im erſten Falle der Inductionsſtrom von M über 1
nach d und von c über 2 nach a fließt, während er im letzterwähnten Stadium
der Cylinderdrehung den umgekehrten Weg einſchlagen muß, nämlich von a über 2
nach c und von d über 1 nach M.
Es ergiebt ſich daher aus der Betrachtung einer vollen Umdrehung der
Cylinderarmatur, daß, wenn wir die zuerſt behandelte Stellung als Beginn der
Bewegung auffaſſen, zunächſt in den Drahtwindungen der Armatur Ströme einer
Richtung inducirt werden, hierauf eine Stellung folgt, in welcher die Drähte
ſtromlos ſind, dann abermals Ströme inducirt werden, aber von der entgegen-
geſetzten Richtung, dann neuerdings die Stromerregung unterbrochen wird und
ſchließlich wieder Inductionsſtröme der erſten Richtung auftreten.
Soll daher die Maſchine als dynamoelektriſche fungiren, alſo der Elektro-
magnet nicht durch eine eigene Stromquelle, ſondern durch den in der Armatur
ſelbſt erzeugten Strom erregt werden, ſo muß mit der Maſchine offenbar ein
Commutator verbunden ſein, durch deſſen Vermittlung die Inductionsſtröme ſtets
in einer und derſelben Richtung durch die Drahtwindungen des Elektromagnetes
geſandt werden, da nur unter dieſer Bedingung der Magnetismus eine progreſſive
Steigerung erfahren kann.
Es muß noch die Frage beantwortet werden, wieſo es kommt, daß der
Magnetismus zunimmt, trotzdem die Maſchine keinen continuirlichen, ſondern
nur einzeln aufeinanderfolgende Ströme durch die Drahtwindungen des Elektro-
magnetes ſendet und, wie wir wiſſen, der Magnetismus eines weichen Eiſens ver-
ſchwindet, ſobald der ihn erregende Strom unterbrochen wird. Würde der in den
Eiſenplatten des Elektromagnetes erregte Magnetismus mit dem Aufhören des
Stromes momentan erlöſchen, ſo wäre die früher geſchilderte Wirkungsweiſe der
Maſchine allerdings unmöglich. Nun verſchwindet aber der in einem Eiſen erregte
Magnetismus in Folge der Trägheit der Eiſenmoleküle thatſächlich nicht momentan
Urbanitzky: Elektricität. 23
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/367>, abgerufen am 25.11.2024.
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