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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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befriedigende Hypothesen hinauskommen, was bei dem Umstande, daß uns das
Wesen der Elektricität selbst unbekannt ist, nicht wundern darf. Grotthuß erklärte
die Elektrolyse (1805) in nachstehender Weise: Die Bestandtheile der Elektrolyten
sind entgegengesetzt elektrisch, also ist z. B. beim Wasser der Sauerstoff negativ,
der Wasserstoff positiv elektrisch. Im natürlichen Zustande nehmen die Wasser-
moleküle alle möglichen Lagen ein. Nun werden in dasselbe die beiden Elektroden
eingesenkt und der Strom durchgesandt. Sobald die Elektricitäten an den Elektroden
hinlängliche Dichtigkeit erreicht haben, machen sich ihre Anziehungs-, beziehungsweise
Abstoßungskräfte in der Weise geltend, daß sie alle Wassermoleküle mit dem
positiven Wasserstoff gegen die negative Elektrode, mit dem negativen Sauerstoff
gegen die positive Elektrode richten. Die positive Elektrode übt also auf alle
(negativ elektrischen) Sauerstofftheilchen eine anziehende, auf alle (positiv elektrischen)
Wasserstofftheilchen eine abstoßende Wirkung aus. Umgekehrt verhält sich die
Wirkung der negativen Elektrode. Beide Elektroden wirken aber dahin, die Sauer-
stofftheilchen von den Wasserstofftheilchen zu trennen. Es wird dies zunächst an
den Elektroden selbst gelingen, da hier die Kräfte am stärksten wirken. Der Sauer-
stoff der der positiven Elektrode zunächst liegenden Moleküle wird also von der
Anode angezogen und festgehalten, der Wasserstoff aber gegen die negative Elektrode
hin abgestoßen. Er verbindet sich mit dem Sauerstoffe der zunächst gelegenen Wasser-
moleküle, aus welchen dann der früher darin gewesene Wasserstoff verdrängt wird;
der in der zweiten Molekülreihe verdrängte Wasserstoff gelangt dann zur dritten
Molekülreihe und verbindet sich in dieser mit dem Sauerstoff abermals zu Wasser.
Dieser Proceß setzt sich durch sämmtliche zwischen beiden Elektroden befindlichen
Wassermoleküle fort, bis endlich an der der Kathode zunächst liegenden Schichte
der Wasserstoff keinen Sauerstoff mehr findet, mit dem er sich zu Wasser verbinden
könnte. Das Ergebniß des ganzen Processes ist daher, daß Sauerstoff an der
positiven und Wasserstoff an der negativen Elektrode ausgeschieden wird, während
zwischen beiden Elektroden das Wasser unzersetzt bleibt.

Nach Beendigung dieses Processes sind die Wassermoleküle mit ihren Wasser-
stofftheilchen gegen die positive und mit ihren Sauerstofftheilchen gegen die negative
Elektrode gerichtet, nehmen also eine Lage an, welche der den Anziehungs- und
Abstoßungskräften beider Elektroden entsprechenden entgegengesetzt ist. Diese Kräfte
werden daher eine abermalige Drehung der Wassermoleküle bewirken und nun spielt
sich der vorhin geschilderte Vorgang neuerdings ab. Nachstehende schematische Dar-
stellung, in welcher O Sauerstoff und H2 Wasserstoff bedeutet, zeigt die aufeinander-
folgenden Vorgänge übersichtlich.

[Tabelle]

befriedigende Hypotheſen hinauskommen, was bei dem Umſtande, daß uns das
Weſen der Elektricität ſelbſt unbekannt iſt, nicht wundern darf. Grotthuß erklärte
die Elektrolyſe (1805) in nachſtehender Weiſe: Die Beſtandtheile der Elektrolyten
ſind entgegengeſetzt elektriſch, alſo iſt z. B. beim Waſſer der Sauerſtoff negativ,
der Waſſerſtoff poſitiv elektriſch. Im natürlichen Zuſtande nehmen die Waſſer-
moleküle alle möglichen Lagen ein. Nun werden in dasſelbe die beiden Elektroden
eingeſenkt und der Strom durchgeſandt. Sobald die Elektricitäten an den Elektroden
hinlängliche Dichtigkeit erreicht haben, machen ſich ihre Anziehungs-, beziehungsweiſe
Abſtoßungskräfte in der Weiſe geltend, daß ſie alle Waſſermoleküle mit dem
poſitiven Waſſerſtoff gegen die negative Elektrode, mit dem negativen Sauerſtoff
gegen die poſitive Elektrode richten. Die poſitive Elektrode übt alſo auf alle
(negativ elektriſchen) Sauerſtofftheilchen eine anziehende, auf alle (poſitiv elektriſchen)
Waſſerſtofftheilchen eine abſtoßende Wirkung aus. Umgekehrt verhält ſich die
Wirkung der negativen Elektrode. Beide Elektroden wirken aber dahin, die Sauer-
ſtofftheilchen von den Waſſerſtofftheilchen zu trennen. Es wird dies zunächſt an
den Elektroden ſelbſt gelingen, da hier die Kräfte am ſtärkſten wirken. Der Sauer-
ſtoff der der poſitiven Elektrode zunächſt liegenden Moleküle wird alſo von der
Anode angezogen und feſtgehalten, der Waſſerſtoff aber gegen die negative Elektrode
hin abgeſtoßen. Er verbindet ſich mit dem Sauerſtoffe der zunächſt gelegenen Waſſer-
moleküle, aus welchen dann der früher darin geweſene Waſſerſtoff verdrängt wird;
der in der zweiten Molekülreihe verdrängte Waſſerſtoff gelangt dann zur dritten
Molekülreihe und verbindet ſich in dieſer mit dem Sauerſtoff abermals zu Waſſer.
Dieſer Proceß ſetzt ſich durch ſämmtliche zwiſchen beiden Elektroden befindlichen
Waſſermoleküle fort, bis endlich an der der Kathode zunächſt liegenden Schichte
der Waſſerſtoff keinen Sauerſtoff mehr findet, mit dem er ſich zu Waſſer verbinden
könnte. Das Ergebniß des ganzen Proceſſes iſt daher, daß Sauerſtoff an der
poſitiven und Waſſerſtoff an der negativen Elektrode ausgeſchieden wird, während
zwiſchen beiden Elektroden das Waſſer unzerſetzt bleibt.

Nach Beendigung dieſes Proceſſes ſind die Waſſermoleküle mit ihren Waſſer-
ſtofftheilchen gegen die poſitive und mit ihren Sauerſtofftheilchen gegen die negative
Elektrode gerichtet, nehmen alſo eine Lage an, welche der den Anziehungs- und
Abſtoßungskräften beider Elektroden entſprechenden entgegengeſetzt iſt. Dieſe Kräfte
werden daher eine abermalige Drehung der Waſſermoleküle bewirken und nun ſpielt
ſich der vorhin geſchilderte Vorgang neuerdings ab. Nachſtehende ſchematiſche Dar-
ſtellung, in welcher O Sauerſtoff und H2 Waſſerſtoff bedeutet, zeigt die aufeinander-
folgenden Vorgänge überſichtlich.

[Tabelle]
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[252/0266] befriedigende Hypotheſen hinauskommen, was bei dem Umſtande, daß uns das Weſen der Elektricität ſelbſt unbekannt iſt, nicht wundern darf. Grotthuß erklärte die Elektrolyſe (1805) in nachſtehender Weiſe: Die Beſtandtheile der Elektrolyten ſind entgegengeſetzt elektriſch, alſo iſt z. B. beim Waſſer der Sauerſtoff negativ, der Waſſerſtoff poſitiv elektriſch. Im natürlichen Zuſtande nehmen die Waſſer- moleküle alle möglichen Lagen ein. Nun werden in dasſelbe die beiden Elektroden eingeſenkt und der Strom durchgeſandt. Sobald die Elektricitäten an den Elektroden hinlängliche Dichtigkeit erreicht haben, machen ſich ihre Anziehungs-, beziehungsweiſe Abſtoßungskräfte in der Weiſe geltend, daß ſie alle Waſſermoleküle mit dem poſitiven Waſſerſtoff gegen die negative Elektrode, mit dem negativen Sauerſtoff gegen die poſitive Elektrode richten. Die poſitive Elektrode übt alſo auf alle (negativ elektriſchen) Sauerſtofftheilchen eine anziehende, auf alle (poſitiv elektriſchen) Waſſerſtofftheilchen eine abſtoßende Wirkung aus. Umgekehrt verhält ſich die Wirkung der negativen Elektrode. Beide Elektroden wirken aber dahin, die Sauer- ſtofftheilchen von den Waſſerſtofftheilchen zu trennen. Es wird dies zunächſt an den Elektroden ſelbſt gelingen, da hier die Kräfte am ſtärkſten wirken. Der Sauer- ſtoff der der poſitiven Elektrode zunächſt liegenden Moleküle wird alſo von der Anode angezogen und feſtgehalten, der Waſſerſtoff aber gegen die negative Elektrode hin abgeſtoßen. Er verbindet ſich mit dem Sauerſtoffe der zunächſt gelegenen Waſſer- moleküle, aus welchen dann der früher darin geweſene Waſſerſtoff verdrängt wird; der in der zweiten Molekülreihe verdrängte Waſſerſtoff gelangt dann zur dritten Molekülreihe und verbindet ſich in dieſer mit dem Sauerſtoff abermals zu Waſſer. Dieſer Proceß ſetzt ſich durch ſämmtliche zwiſchen beiden Elektroden befindlichen Waſſermoleküle fort, bis endlich an der der Kathode zunächſt liegenden Schichte der Waſſerſtoff keinen Sauerſtoff mehr findet, mit dem er ſich zu Waſſer verbinden könnte. Das Ergebniß des ganzen Proceſſes iſt daher, daß Sauerſtoff an der poſitiven und Waſſerſtoff an der negativen Elektrode ausgeſchieden wird, während zwiſchen beiden Elektroden das Waſſer unzerſetzt bleibt. Nach Beendigung dieſes Proceſſes ſind die Waſſermoleküle mit ihren Waſſer- ſtofftheilchen gegen die poſitive und mit ihren Sauerſtofftheilchen gegen die negative Elektrode gerichtet, nehmen alſo eine Lage an, welche der den Anziehungs- und Abſtoßungskräften beider Elektroden entſprechenden entgegengeſetzt iſt. Dieſe Kräfte werden daher eine abermalige Drehung der Waſſermoleküle bewirken und nun ſpielt ſich der vorhin geſchilderte Vorgang neuerdings ab. Nachſtehende ſchematiſche Dar- ſtellung, in welcher O Sauerſtoff und H2 Waſſerſtoff bedeutet, zeigt die aufeinander- folgenden Vorgänge überſichtlich.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/266>, abgerufen am 24.11.2024.