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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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beziehungsweise aus demselben ableiten, Elektroden, und zwar positive Elektrode
oder Anode jenen Draht, an welchem sich der Sauerstoff abscheidet, negative
Elektrode oder Kathode jenen, an welchem sich der Wasserstoff entwickelt, oder
allgemein bezeichnet man als Anode jenen Draht, durch welchen der positive Strom
in die Flüssigkeit eintritt und als Kathode jenen Draht, durch welchen er die
Flüssigkeit verläßt. Den Zersetzungsproceß selbst nennt man Elektrolyse und den
Körper, welcher zersetzt wird, einen Elektrolyten. Die Zersetzungsproducte heißen
Jonen, und zwar jenes, welches sich an der Kathode ausscheidet, positives Jon
oder Kathion und das, welches sich an der Anode ausscheidet, negatives Jon
oder Anion.

Vollkommen reines Wasser zu elektrolysiren, ist äußerst schwierig, weil der
galvanische Strom durch dieses kaum hindurchzubringen ist. Einige Tropfen Schwefel-
säure genügen jedoch, um diese Schwierigkeit zu beseitigen, immerhin müssen aber
zur Wasserzersetzung mindestens zwei Elemente in Verwendung kommen; ein Element
kann dieselbe wegen der hierbei auftretenden Polarisation der Elektroden, einer
später zu erklärenden Erscheinung, nicht bewirken. Beobachtet man aber diese Um-
stände, so gelingt die Zerlegung des Wassers sehr leicht und erfolgt immer in der
Weise, daß für je ein Volumen Sauerstoff nahezu genau zwei Volumen Wasserstoff
ausgeschieden werden. Der Sauerstoff entwickelt sich an der Anode, bildet daher
das negative Jon oder Kathion und der Wasserstoff das Anion.

Die Umstände, welche die Genauigkeit des Volumverhältnisses, in dem die
beiden Gase ausgeschieden werden, beeinträchtigen, sind theils im Verhalten des
Wassers zu den Gasen, theils im Verhalten der Schwefelsäure während der Elek-
trolyse zu suchen. Das Wasser besitzt nämlich ein größeres Absorptionsvermögen
für den Sauerstoff als für das Wasserstoffgas; es wird daher mehr Sauerstoff
lösen als Wasserstoff und dadurch das genaue Verhältniß der Volumina zueinander
stören. Ist das Wasser stark mit Schwefelsäure angesäuert, so erleidet der Sauer-
stoff noch eine weitere Verminderung seines Volumens dadurch, daß er zum Theile
in eine andere Modification übergeht, die man mit dem Namen Ozon bezeichnet.
In dieser Form tritt der Sauerstoff immer auf, wenn durch die Luft hindurch
elektrische Entladungen stattfinden. Das Ozon bildet sich daher auch beim Ueber-
schlagen von Funken aus dem Conductor einer Elektrisirmaschine oder beim Ent-
laden von Kleist'schen Flaschen u. s. w. Elektrisirt man Sauerstoff oder Luft in
einer etwa durch Quecksilber abgeschlossenen Röhre, so beobachtet man eine Volums-
verminderung des Gases; es tritt, wie man sich auszudrücken pflegt, eine Contraction
ein. Der gewöhnliche Sauerstoff geht gewissermaßen in einen concentrirten Zustand
über, bei gleichzeitiger Steigerung seiner chemischen Kraft. Sobald daher im Wasser-
zersetzungs-Apparate Ozonbildung eintritt, muß auch das Volumen des ausgeschiedenen
Sauerstoffes vermindert werden.

Der Sauerstoff kann aber noch eine weitere Verminderung erfahren. Nach
Versuchen von Meidinger und Schönbein tritt bei der Elektrolyse des Wassers stets
auch eine höhere Oxydationsstufe des Wasserstoffes, nämlich Wasserstoffsuper-
oxyd
*) auf, sobald sich Ozon bildet. Dies muß daher natürlich eine weitere Ver-

*) Das Wasserstoffsuperoxyd oder Wasserstoffdioxyd ist eine dicke, farblose Flüssigkeit,
die wegen ihrer leichten Zersetzbarkeit ein kräftiges Oxydationsmittel bildet und organische
Farbstoffe zerstört. Verdünnt mit Wasser, also in wässeriger Lösung, wird sie zum Reinigen
alter Oelgemälde, Kupferstiche etc. benutzt; sie dient auch als Schönheitsmittel, um dunkles
Haar in blondes zu verwandeln.
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beziehungsweiſe aus demſelben ableiten, Elektroden, und zwar poſitive Elektrode
oder Anode jenen Draht, an welchem ſich der Sauerſtoff abſcheidet, negative
Elektrode oder Kathode jenen, an welchem ſich der Waſſerſtoff entwickelt, oder
allgemein bezeichnet man als Anode jenen Draht, durch welchen der poſitive Strom
in die Flüſſigkeit eintritt und als Kathode jenen Draht, durch welchen er die
Flüſſigkeit verläßt. Den Zerſetzungsproceß ſelbſt nennt man Elektrolyſe und den
Körper, welcher zerſetzt wird, einen Elektrolyten. Die Zerſetzungsproducte heißen
Jonen, und zwar jenes, welches ſich an der Kathode ausſcheidet, poſitives Jon
oder Kathion und das, welches ſich an der Anode ausſcheidet, negatives Jon
oder Anion.

Vollkommen reines Waſſer zu elektrolyſiren, iſt äußerſt ſchwierig, weil der
galvaniſche Strom durch dieſes kaum hindurchzubringen iſt. Einige Tropfen Schwefel-
ſäure genügen jedoch, um dieſe Schwierigkeit zu beſeitigen, immerhin müſſen aber
zur Waſſerzerſetzung mindeſtens zwei Elemente in Verwendung kommen; ein Element
kann dieſelbe wegen der hierbei auftretenden Polariſation der Elektroden, einer
ſpäter zu erklärenden Erſcheinung, nicht bewirken. Beobachtet man aber dieſe Um-
ſtände, ſo gelingt die Zerlegung des Waſſers ſehr leicht und erfolgt immer in der
Weiſe, daß für je ein Volumen Sauerſtoff nahezu genau zwei Volumen Waſſerſtoff
ausgeſchieden werden. Der Sauerſtoff entwickelt ſich an der Anode, bildet daher
das negative Jon oder Kathion und der Waſſerſtoff das Anion.

Die Umſtände, welche die Genauigkeit des Volumverhältniſſes, in dem die
beiden Gaſe ausgeſchieden werden, beeinträchtigen, ſind theils im Verhalten des
Waſſers zu den Gaſen, theils im Verhalten der Schwefelſäure während der Elek-
trolyſe zu ſuchen. Das Waſſer beſitzt nämlich ein größeres Abſorptionsvermögen
für den Sauerſtoff als für das Waſſerſtoffgas; es wird daher mehr Sauerſtoff
löſen als Waſſerſtoff und dadurch das genaue Verhältniß der Volumina zueinander
ſtören. Iſt das Waſſer ſtark mit Schwefelſäure angeſäuert, ſo erleidet der Sauer-
ſtoff noch eine weitere Verminderung ſeines Volumens dadurch, daß er zum Theile
in eine andere Modification übergeht, die man mit dem Namen Ozon bezeichnet.
In dieſer Form tritt der Sauerſtoff immer auf, wenn durch die Luft hindurch
elektriſche Entladungen ſtattfinden. Das Ozon bildet ſich daher auch beim Ueber-
ſchlagen von Funken aus dem Conductor einer Elektriſirmaſchine oder beim Ent-
laden von Kleiſt’ſchen Flaſchen u. ſ. w. Elektriſirt man Sauerſtoff oder Luft in
einer etwa durch Queckſilber abgeſchloſſenen Röhre, ſo beobachtet man eine Volums-
verminderung des Gaſes; es tritt, wie man ſich auszudrücken pflegt, eine Contraction
ein. Der gewöhnliche Sauerſtoff geht gewiſſermaßen in einen concentrirten Zuſtand
über, bei gleichzeitiger Steigerung ſeiner chemiſchen Kraft. Sobald daher im Waſſer-
zerſetzungs-Apparate Ozonbildung eintritt, muß auch das Volumen des ausgeſchiedenen
Sauerſtoffes vermindert werden.

Der Sauerſtoff kann aber noch eine weitere Verminderung erfahren. Nach
Verſuchen von Meidinger und Schönbein tritt bei der Elektrolyſe des Waſſers ſtets
auch eine höhere Oxydationsſtufe des Waſſerſtoffes, nämlich Waſſerſtoffſuper-
oxyd
*) auf, ſobald ſich Ozon bildet. Dies muß daher natürlich eine weitere Ver-

*) Das Waſſerſtoffſuperoxyd oder Waſſerſtoffdioxyd iſt eine dicke, farbloſe Flüſſigkeit,
die wegen ihrer leichten Zerſetzbarkeit ein kräftiges Oxydationsmittel bildet und organiſche
Farbſtoffe zerſtört. Verdünnt mit Waſſer, alſo in wäſſeriger Löſung, wird ſie zum Reinigen
alter Oelgemälde, Kupferſtiche ꝛc. benutzt; ſie dient auch als Schönheitsmittel, um dunkles
Haar in blondes zu verwandeln.
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[243/0257] beziehungsweiſe aus demſelben ableiten, Elektroden, und zwar poſitive Elektrode oder Anode jenen Draht, an welchem ſich der Sauerſtoff abſcheidet, negative Elektrode oder Kathode jenen, an welchem ſich der Waſſerſtoff entwickelt, oder allgemein bezeichnet man als Anode jenen Draht, durch welchen der poſitive Strom in die Flüſſigkeit eintritt und als Kathode jenen Draht, durch welchen er die Flüſſigkeit verläßt. Den Zerſetzungsproceß ſelbſt nennt man Elektrolyſe und den Körper, welcher zerſetzt wird, einen Elektrolyten. Die Zerſetzungsproducte heißen Jonen, und zwar jenes, welches ſich an der Kathode ausſcheidet, poſitives Jon oder Kathion und das, welches ſich an der Anode ausſcheidet, negatives Jon oder Anion. Vollkommen reines Waſſer zu elektrolyſiren, iſt äußerſt ſchwierig, weil der galvaniſche Strom durch dieſes kaum hindurchzubringen iſt. Einige Tropfen Schwefel- ſäure genügen jedoch, um dieſe Schwierigkeit zu beſeitigen, immerhin müſſen aber zur Waſſerzerſetzung mindeſtens zwei Elemente in Verwendung kommen; ein Element kann dieſelbe wegen der hierbei auftretenden Polariſation der Elektroden, einer ſpäter zu erklärenden Erſcheinung, nicht bewirken. Beobachtet man aber dieſe Um- ſtände, ſo gelingt die Zerlegung des Waſſers ſehr leicht und erfolgt immer in der Weiſe, daß für je ein Volumen Sauerſtoff nahezu genau zwei Volumen Waſſerſtoff ausgeſchieden werden. Der Sauerſtoff entwickelt ſich an der Anode, bildet daher das negative Jon oder Kathion und der Waſſerſtoff das Anion. Die Umſtände, welche die Genauigkeit des Volumverhältniſſes, in dem die beiden Gaſe ausgeſchieden werden, beeinträchtigen, ſind theils im Verhalten des Waſſers zu den Gaſen, theils im Verhalten der Schwefelſäure während der Elek- trolyſe zu ſuchen. Das Waſſer beſitzt nämlich ein größeres Abſorptionsvermögen für den Sauerſtoff als für das Waſſerſtoffgas; es wird daher mehr Sauerſtoff löſen als Waſſerſtoff und dadurch das genaue Verhältniß der Volumina zueinander ſtören. Iſt das Waſſer ſtark mit Schwefelſäure angeſäuert, ſo erleidet der Sauer- ſtoff noch eine weitere Verminderung ſeines Volumens dadurch, daß er zum Theile in eine andere Modification übergeht, die man mit dem Namen Ozon bezeichnet. In dieſer Form tritt der Sauerſtoff immer auf, wenn durch die Luft hindurch elektriſche Entladungen ſtattfinden. Das Ozon bildet ſich daher auch beim Ueber- ſchlagen von Funken aus dem Conductor einer Elektriſirmaſchine oder beim Ent- laden von Kleiſt’ſchen Flaſchen u. ſ. w. Elektriſirt man Sauerſtoff oder Luft in einer etwa durch Queckſilber abgeſchloſſenen Röhre, ſo beobachtet man eine Volums- verminderung des Gaſes; es tritt, wie man ſich auszudrücken pflegt, eine Contraction ein. Der gewöhnliche Sauerſtoff geht gewiſſermaßen in einen concentrirten Zuſtand über, bei gleichzeitiger Steigerung ſeiner chemiſchen Kraft. Sobald daher im Waſſer- zerſetzungs-Apparate Ozonbildung eintritt, muß auch das Volumen des ausgeſchiedenen Sauerſtoffes vermindert werden. Der Sauerſtoff kann aber noch eine weitere Verminderung erfahren. Nach Verſuchen von Meidinger und Schönbein tritt bei der Elektrolyſe des Waſſers ſtets auch eine höhere Oxydationsſtufe des Waſſerſtoffes, nämlich Waſſerſtoffſuper- oxyd *) auf, ſobald ſich Ozon bildet. Dies muß daher natürlich eine weitere Ver- *) Das Waſſerſtoffſuperoxyd oder Waſſerſtoffdioxyd iſt eine dicke, farbloſe Flüſſigkeit, die wegen ihrer leichten Zerſetzbarkeit ein kräftiges Oxydationsmittel bildet und organiſche Farbſtoffe zerſtört. Verdünnt mit Waſſer, alſo in wäſſeriger Löſung, wird ſie zum Reinigen alter Oelgemälde, Kupferſtiche ꝛc. benutzt; ſie dient auch als Schönheitsmittel, um dunkles Haar in blondes zu verwandeln. 16*

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/257>, abgerufen am 24.11.2024.