Herumhüpfen der Korkkugeln dauert natürlich so lange an, als die Metallkugel hinlänglich stark geladen ist, um die Korkkugeln anzuziehen. Das Ano-Katho ist eine Cassette, deren Innenflächen mit Silberpapier oder Stanniol ausgekleidet sind und deren Deckel eine Glasplatte bildet. In der Cassette befinden sich beliebig geformte Figürchen aus Hollundermark. Reibt man nun die Glasplatte an ihrer Oberseite, so wird sie elektrisch und wirkt durch Influenz auf die Hollundermark- figürchen, die dann in gleicher Weise, wie im früher angeführten Beispiele die Korkkugeln, auf und ab hüpfen.
Die elektrischen Tänzer sind leichte Hollundermarkfigürchen, die man auf eine zur Erde abgeleitete Metallplatte stellt, während man über diese und parallel zu ihr eine Metallplatte hängt, welcher man Elektricität zuführt; die Figürchen springen dann zwischen beiden Platten lustig auf und nieder. Alle diese Spielereien
[Abbildung]
Fig. 77.
Elektrisches Kugelspiel.
sind, wie man leicht einsieht, successive Entladungen eines elektrisirten Körpers durch Berührung mit unelektrischen Körpern und hierdurch hervorgerufene Anziehungs- und Abstoßungserscheinungen.
Von größerem Interesse ist jedoch der elek- trische Springbrunnen. Nähert man einem kleinen Springbrunnen, wie solche gegenwärtig häufig als Zierde unserer Blumentische zu finden sind, einen elektrisirten Körper, etwa eine geriebene Glas- oder Siegellackstange, so wird das Aussehen des Spring- brunnens sofort geändert. Während sich früher der Wasserstrahl knapp oberhalb der Ausflußöffnung in Tropfen auflöste, bleibt er jetzt ungetheilt; auch fällt das Wasser nicht mehr in ganz zerstäubtem Zustande, sondern in größeren Tropfen wieder herab. Dieser Versuch wurde zuerst von Fuchs gemacht, dann aber mit mannigfachen Abände- rungen von Reitlinger und Anderen wiederholt; Herwig und Lippmann untersuchten den Einfluß der Elektrisirung auf das Ausfließen aus engen Röhrchen (Capillarröhren) überhaupt, und Zöllner versuchte, den Einfluß der Elektricität auf die Größe der Tropfen zu bestimmen. Nach Reitlinger soll die Einwirkung der Elektricität auf die Form des aus dem Springbrunnen fließenden Wassers darin bestehen, daß die Adhäsion zwischen Wasser und Mündung des Ausfluß- rohres aufgehoben wird, während die Cohäsion (Zusammenhang der Wassertheilchen untereinander) durch die Elektricität unbeeinflußt bleibt. Es muß hierzu bemerkt werden, daß durch anderweitige Versuche als Ursache der Auflösung eines feinen unelektrischen Wasserstrahles in Tropfen die Adhäsion erkannt wurde. Ob nun obige Erklärung die richtige ist oder nicht, interessant bleibt es immerhin, daß sich zwischen dem in Rede stehenden Experimente und gewissen Erscheinungen in der Natur gemeinschaftliche Beziehungen zeigen. Beim Springbrunnen werden nämlich durch Elektrisirung die Wassertröpfchen vergrößert, und hat nicht schon Jedermann beobachtet, daß vor Ausbruch eines Gewitters zumeist große, schwere Tropfen zur Erde fallen? Häufig tritt auch unmittelbar nach einem Blitzschlage eine bedeutende Verstärkung des Regens ein, der dann oft in förmlichen Strahlen zur Erde fließt.
Herumhüpfen der Korkkugeln dauert natürlich ſo lange an, als die Metallkugel hinlänglich ſtark geladen iſt, um die Korkkugeln anzuziehen. Das Ano-Katho iſt eine Caſſette, deren Innenflächen mit Silberpapier oder Stanniol ausgekleidet ſind und deren Deckel eine Glasplatte bildet. In der Caſſette befinden ſich beliebig geformte Figürchen aus Hollundermark. Reibt man nun die Glasplatte an ihrer Oberſeite, ſo wird ſie elektriſch und wirkt durch Influenz auf die Hollundermark- figürchen, die dann in gleicher Weiſe, wie im früher angeführten Beiſpiele die Korkkugeln, auf und ab hüpfen.
Die elektriſchen Tänzer ſind leichte Hollundermarkfigürchen, die man auf eine zur Erde abgeleitete Metallplatte ſtellt, während man über dieſe und parallel zu ihr eine Metallplatte hängt, welcher man Elektricität zuführt; die Figürchen ſpringen dann zwiſchen beiden Platten luſtig auf und nieder. Alle dieſe Spielereien
[Abbildung]
Fig. 77.
Elektriſches Kugelſpiel.
ſind, wie man leicht einſieht, ſucceſſive Entladungen eines elektriſirten Körpers durch Berührung mit unelektriſchen Körpern und hierdurch hervorgerufene Anziehungs- und Abſtoßungserſcheinungen.
Von größerem Intereſſe iſt jedoch der elek- triſche Springbrunnen. Nähert man einem kleinen Springbrunnen, wie ſolche gegenwärtig häufig als Zierde unſerer Blumentiſche zu finden ſind, einen elektriſirten Körper, etwa eine geriebene Glas- oder Siegellackſtange, ſo wird das Ausſehen des Spring- brunnens ſofort geändert. Während ſich früher der Waſſerſtrahl knapp oberhalb der Ausflußöffnung in Tropfen auflöſte, bleibt er jetzt ungetheilt; auch fällt das Waſſer nicht mehr in ganz zerſtäubtem Zuſtande, ſondern in größeren Tropfen wieder herab. Dieſer Verſuch wurde zuerſt von Fuchs gemacht, dann aber mit mannigfachen Abände- rungen von Reitlinger und Anderen wiederholt; Herwig und Lippmann unterſuchten den Einfluß der Elektriſirung auf das Ausfließen aus engen Röhrchen (Capillarröhren) überhaupt, und Zöllner verſuchte, den Einfluß der Elektricität auf die Größe der Tropfen zu beſtimmen. Nach Reitlinger ſoll die Einwirkung der Elektricität auf die Form des aus dem Springbrunnen fließenden Waſſers darin beſtehen, daß die Adhäſion zwiſchen Waſſer und Mündung des Ausfluß- rohres aufgehoben wird, während die Cohäſion (Zuſammenhang der Waſſertheilchen untereinander) durch die Elektricität unbeeinflußt bleibt. Es muß hierzu bemerkt werden, daß durch anderweitige Verſuche als Urſache der Auflöſung eines feinen unelektriſchen Waſſerſtrahles in Tropfen die Adhäſion erkannt wurde. Ob nun obige Erklärung die richtige iſt oder nicht, intereſſant bleibt es immerhin, daß ſich zwiſchen dem in Rede ſtehenden Experimente und gewiſſen Erſcheinungen in der Natur gemeinſchaftliche Beziehungen zeigen. Beim Springbrunnen werden nämlich durch Elektriſirung die Waſſertröpfchen vergrößert, und hat nicht ſchon Jedermann beobachtet, daß vor Ausbruch eines Gewitters zumeiſt große, ſchwere Tropfen zur Erde fallen? Häufig tritt auch unmittelbar nach einem Blitzſchlage eine bedeutende Verſtärkung des Regens ein, der dann oft in förmlichen Strahlen zur Erde fließt.
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Herumhüpfen der Korkkugeln dauert natürlich ſo lange an, als die Metallkugel
hinlänglich ſtark geladen iſt, um die Korkkugeln anzuziehen. Das Ano-Katho iſt
eine Caſſette, deren Innenflächen mit Silberpapier oder Stanniol ausgekleidet
ſind und deren Deckel eine Glasplatte bildet. In der Caſſette befinden ſich beliebig
geformte Figürchen aus Hollundermark. Reibt man nun die Glasplatte an ihrer
Oberſeite, ſo wird ſie elektriſch und wirkt durch Influenz auf die Hollundermark-
figürchen, die dann in gleicher Weiſe, wie im früher angeführten Beiſpiele die
Korkkugeln, auf und ab hüpfen.
Die elektriſchen Tänzer ſind leichte Hollundermarkfigürchen, die man auf eine
zur Erde abgeleitete Metallplatte ſtellt, während man über dieſe und parallel zu
ihr eine Metallplatte hängt, welcher man Elektricität zuführt; die Figürchen
ſpringen dann zwiſchen beiden Platten luſtig auf und nieder. Alle dieſe Spielereien
[Abbildung Fig. 77.
Elektriſches Kugelſpiel.]
ſind, wie man leicht einſieht, ſucceſſive Entladungen
eines elektriſirten Körpers durch Berührung mit
unelektriſchen Körpern und hierdurch hervorgerufene
Anziehungs- und Abſtoßungserſcheinungen.
Von größerem Intereſſe iſt jedoch der elek-
triſche Springbrunnen. Nähert man einem kleinen
Springbrunnen, wie ſolche gegenwärtig häufig als
Zierde unſerer Blumentiſche zu finden ſind, einen
elektriſirten Körper, etwa eine geriebene Glas- oder
Siegellackſtange, ſo wird das Ausſehen des Spring-
brunnens ſofort geändert. Während ſich früher der
Waſſerſtrahl knapp oberhalb der Ausflußöffnung in
Tropfen auflöſte, bleibt er jetzt ungetheilt; auch
fällt das Waſſer nicht mehr in ganz zerſtäubtem
Zuſtande, ſondern in größeren Tropfen wieder
herab. Dieſer Verſuch wurde zuerſt von Fuchs
gemacht, dann aber mit mannigfachen Abände-
rungen von Reitlinger und Anderen wiederholt;
Herwig und Lippmann unterſuchten den Einfluß
der Elektriſirung auf das Ausfließen aus engen
Röhrchen (Capillarröhren) überhaupt, und Zöllner
verſuchte, den Einfluß der Elektricität auf die Größe
der Tropfen zu beſtimmen. Nach Reitlinger ſoll die
Einwirkung der Elektricität auf die Form des aus dem Springbrunnen fließenden
Waſſers darin beſtehen, daß die Adhäſion zwiſchen Waſſer und Mündung des Ausfluß-
rohres aufgehoben wird, während die Cohäſion (Zuſammenhang der Waſſertheilchen
untereinander) durch die Elektricität unbeeinflußt bleibt. Es muß hierzu bemerkt
werden, daß durch anderweitige Verſuche als Urſache der Auflöſung eines feinen
unelektriſchen Waſſerſtrahles in Tropfen die Adhäſion erkannt wurde. Ob nun
obige Erklärung die richtige iſt oder nicht, intereſſant bleibt es immerhin, daß ſich
zwiſchen dem in Rede ſtehenden Experimente und gewiſſen Erſcheinungen in der
Natur gemeinſchaftliche Beziehungen zeigen. Beim Springbrunnen werden nämlich
durch Elektriſirung die Waſſertröpfchen vergrößert, und hat nicht ſchon Jedermann
beobachtet, daß vor Ausbruch eines Gewitters zumeiſt große, ſchwere Tropfen zur
Erde fallen? Häufig tritt auch unmittelbar nach einem Blitzſchlage eine bedeutende
Verſtärkung des Regens ein, der dann oft in förmlichen Strahlen zur Erde fließt.
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/162>, abgerufen am 25.11.2024.
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