besprochenen Zerstreuung und dem Stützenverluste zusammen. Hierzu kommt jedoch noch eine andere Art des Verlustes. Wir haben oben (S. 92 u. f.) gesehen, daß alle elektrischen Theilchen an der Oberfläche eines Leiters das Bestreben zeigen, sich von dem Leiter zu entfernen, und daß sie daran nur durch den Widerstand, welchen das umgebende Medium, also gewöhnlich die Luft, ihrer Entfernung vom Leiter entgegensetzt, auf diesem zurückgehalten werden. Wird jedoch die Dichte der Elektricität auf dem Leiter so groß, daß sie den Widerstand der Luft überwinden kann, so ist der Leiter nicht mehr im Stande, weiterhin Elektricität aufzunehmen, sondern die ihm dann noch zugeführte Elektricität strömt in die Luft aus. Im Dunkeln beobachtet man hierbei, daß der Uebertritt der Elektricität von dem Leiter in die Luft unter Lichtentwicklung stattfindet. Die auf die Elektricität wirkende Kraft, welche sie vom Leiter zu entfernen strebt, nennt man die Spannung. Die Spannung wächst aber mit der Dichte der Elektricität (im quadratischen Verhältnisse) und diese ist desto größer, je kleiner der Krümmungsradius der be- treffenden Stelle der Leiteroberfläche ist (vergl. Fig. 44). Die Spannung wird
[Abbildung]
Fig. 45.
Elektrisches Flugrädchen.
deshalb an jenen Stellen eines Leiters am leichtesten den Widerstand durch die Luft überwinden können, welche am stärksten gekrümmt sind. Die Krüm- mung einer Spitze entspricht aber einem außerordentlich kleinen Krümmungs- radius, weshalb die Dichte der Elek- tricität und mit ihr die Spannung außer- ordentlich groß sein muß. Dies hat zur Folge, daß bei einem elektrisirten Körper, der mit einer Spitze versehen ist, durch diese die Elektricität aus- strömen muß, selbst auch dann, wenn die dem Körper mitgetheilte Elektricitäts- menge eine sehr kleine ist. Könnten wir einen Körper mit einer mathematischen Spitze versehen, so müßte es ganz un- möglich sein, auf dem Körper irgendwelche Elektricitätsmenge zu erhalten. Bei der Anwendung solcher Spitzen, wie wir sie herzustellen im Stande sind, wird aber der damit versehene Körper so viel Elektricität behalten können, daß die Span- nung an der Spitze noch nicht im Stande ist, Elektricität an die Luft abzugeben. Natürlich wird diese zurückbleibende Elektricität bei einer sehr scharfen Spitze eine so geringe sein, daß man sie in der Regel vernachlässigen kann.
Die Ausströmung der Elektricität in Folge ihrer Spannung ist stets mit dem Auftreten eines Luftstromes, des elektrischen Windes, verbunden, der in der Richtung von der Ausströmungsstelle weg bläst; bei entsprechender Spannung kann der elektrische Wind so stark werden, daß er Lichtflammen auszulöschen im Stande ist. Das Auftreten des elektrischen Windes, also das Wegschleudern der elektrisirten Lufttheilchen, kann auch durch das elektrische Flugrädchen (Fig. 45) gezeigt werden. Dasselbe besteht aus S-förmig gekrümmten Metallblättchen oder Drähten, die an ihren Enden zugespitzt sind und sich auf einer verticalen Axe leicht drehen können. Mit letzterer setzt man das Flugrädchen auf den Conductor einer Elektrisirmaschine auf. Sobald die Elektricität auf dem Conductor und somit auch auf dem mit ihm in leitender Verbindung stehenden Flugrädchen eine gewisse
beſprochenen Zerſtreuung und dem Stützenverluſte zuſammen. Hierzu kommt jedoch noch eine andere Art des Verluſtes. Wir haben oben (S. 92 u. f.) geſehen, daß alle elektriſchen Theilchen an der Oberfläche eines Leiters das Beſtreben zeigen, ſich von dem Leiter zu entfernen, und daß ſie daran nur durch den Widerſtand, welchen das umgebende Medium, alſo gewöhnlich die Luft, ihrer Entfernung vom Leiter entgegenſetzt, auf dieſem zurückgehalten werden. Wird jedoch die Dichte der Elektricität auf dem Leiter ſo groß, daß ſie den Widerſtand der Luft überwinden kann, ſo iſt der Leiter nicht mehr im Stande, weiterhin Elektricität aufzunehmen, ſondern die ihm dann noch zugeführte Elektricität ſtrömt in die Luft aus. Im Dunkeln beobachtet man hierbei, daß der Uebertritt der Elektricität von dem Leiter in die Luft unter Lichtentwicklung ſtattfindet. Die auf die Elektricität wirkende Kraft, welche ſie vom Leiter zu entfernen ſtrebt, nennt man die Spannung. Die Spannung wächſt aber mit der Dichte der Elektricität (im quadratiſchen Verhältniſſe) und dieſe iſt deſto größer, je kleiner der Krümmungsradius der be- treffenden Stelle der Leiteroberfläche iſt (vergl. Fig. 44). Die Spannung wird
[Abbildung]
Fig. 45.
Elektriſches Flugrädchen.
deshalb an jenen Stellen eines Leiters am leichteſten den Widerſtand durch die Luft überwinden können, welche am ſtärkſten gekrümmt ſind. Die Krüm- mung einer Spitze entſpricht aber einem außerordentlich kleinen Krümmungs- radius, weshalb die Dichte der Elek- tricität und mit ihr die Spannung außer- ordentlich groß ſein muß. Dies hat zur Folge, daß bei einem elektriſirten Körper, der mit einer Spitze verſehen iſt, durch dieſe die Elektricität aus- ſtrömen muß, ſelbſt auch dann, wenn die dem Körper mitgetheilte Elektricitäts- menge eine ſehr kleine iſt. Könnten wir einen Körper mit einer mathematiſchen Spitze verſehen, ſo müßte es ganz un- möglich ſein, auf dem Körper irgendwelche Elektricitätsmenge zu erhalten. Bei der Anwendung ſolcher Spitzen, wie wir ſie herzuſtellen im Stande ſind, wird aber der damit verſehene Körper ſo viel Elektricität behalten können, daß die Span- nung an der Spitze noch nicht im Stande iſt, Elektricität an die Luft abzugeben. Natürlich wird dieſe zurückbleibende Elektricität bei einer ſehr ſcharfen Spitze eine ſo geringe ſein, daß man ſie in der Regel vernachläſſigen kann.
Die Ausſtrömung der Elektricität in Folge ihrer Spannung iſt ſtets mit dem Auftreten eines Luftſtromes, des elektriſchen Windes, verbunden, der in der Richtung von der Ausſtrömungsſtelle weg bläſt; bei entſprechender Spannung kann der elektriſche Wind ſo ſtark werden, daß er Lichtflammen auszulöſchen im Stande iſt. Das Auftreten des elektriſchen Windes, alſo das Wegſchleudern der elektriſirten Lufttheilchen, kann auch durch das elektriſche Flugrädchen (Fig. 45) gezeigt werden. Dasſelbe beſteht aus S-förmig gekrümmten Metallblättchen oder Drähten, die an ihren Enden zugeſpitzt ſind und ſich auf einer verticalen Axe leicht drehen können. Mit letzterer ſetzt man das Flugrädchen auf den Conductor einer Elektriſirmaſchine auf. Sobald die Elektricität auf dem Conductor und ſomit auch auf dem mit ihm in leitender Verbindung ſtehenden Flugrädchen eine gewiſſe
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0110"n="96"/>
beſprochenen Zerſtreuung und dem Stützenverluſte zuſammen. Hierzu kommt jedoch<lb/>
noch eine andere Art des Verluſtes. Wir haben oben (S. 92 u. f.) geſehen, daß<lb/>
alle elektriſchen Theilchen an der Oberfläche eines Leiters das Beſtreben zeigen,<lb/>ſich von dem Leiter zu entfernen, und daß ſie daran nur durch den Widerſtand,<lb/>
welchen das umgebende Medium, alſo gewöhnlich die Luft, ihrer Entfernung vom<lb/>
Leiter entgegenſetzt, auf dieſem zurückgehalten werden. Wird jedoch die Dichte der<lb/>
Elektricität auf dem Leiter ſo groß, daß ſie den Widerſtand der Luft überwinden<lb/>
kann, ſo iſt der Leiter nicht mehr im Stande, weiterhin Elektricität aufzunehmen,<lb/>ſondern die ihm dann noch zugeführte Elektricität ſtrömt in die Luft aus. Im<lb/>
Dunkeln beobachtet man hierbei, daß der Uebertritt der Elektricität von dem Leiter<lb/>
in die Luft unter Lichtentwicklung ſtattfindet. Die auf die Elektricität wirkende<lb/>
Kraft, welche ſie vom Leiter zu entfernen ſtrebt, nennt man die <hirendition="#g">Spannung</hi>.<lb/>
Die Spannung wächſt aber mit der Dichte der Elektricität (im quadratiſchen<lb/>
Verhältniſſe) und dieſe iſt deſto größer, je kleiner der Krümmungsradius der be-<lb/>
treffenden Stelle der Leiteroberfläche iſt (vergl. Fig. 44). Die Spannung wird<lb/><figure><head>Fig. 45.</head><lb/><p>Elektriſches Flugrädchen.</p></figure><lb/>
deshalb an jenen Stellen eines Leiters<lb/>
am leichteſten den Widerſtand durch<lb/>
die Luft überwinden können, welche<lb/>
am ſtärkſten gekrümmt ſind. Die Krüm-<lb/>
mung einer Spitze entſpricht aber einem<lb/>
außerordentlich kleinen Krümmungs-<lb/>
radius, weshalb die Dichte der Elek-<lb/>
tricität und mit ihr die Spannung außer-<lb/>
ordentlich groß ſein muß. Dies hat<lb/>
zur Folge, daß bei einem elektriſirten<lb/>
Körper, der mit einer Spitze verſehen<lb/>
iſt, durch dieſe die Elektricität aus-<lb/>ſtrömen muß, ſelbſt auch dann, wenn<lb/>
die dem Körper mitgetheilte Elektricitäts-<lb/>
menge eine ſehr kleine iſt. Könnten wir<lb/>
einen Körper mit einer mathematiſchen Spitze verſehen, ſo müßte es ganz un-<lb/>
möglich ſein, auf dem Körper irgendwelche Elektricitätsmenge zu erhalten. Bei der<lb/>
Anwendung ſolcher Spitzen, wie wir ſie herzuſtellen im Stande ſind, wird aber<lb/>
der damit verſehene Körper ſo viel Elektricität behalten können, daß die Span-<lb/>
nung an der Spitze noch nicht im Stande iſt, Elektricität an die Luft abzugeben.<lb/>
Natürlich wird dieſe zurückbleibende Elektricität bei einer ſehr ſcharfen Spitze eine<lb/>ſo geringe ſein, daß man ſie in der Regel vernachläſſigen kann.</p><lb/><p>Die Ausſtrömung der Elektricität in Folge ihrer Spannung iſt ſtets mit<lb/>
dem Auftreten eines Luftſtromes, des <hirendition="#g">elektriſchen Windes</hi>, verbunden, der in<lb/>
der Richtung von der Ausſtrömungsſtelle weg bläſt; bei entſprechender Spannung<lb/>
kann der elektriſche Wind ſo ſtark werden, daß er Lichtflammen auszulöſchen im<lb/>
Stande iſt. Das Auftreten des elektriſchen Windes, alſo das Wegſchleudern der<lb/>
elektriſirten Lufttheilchen, kann auch durch das elektriſche Flugrädchen (Fig. 45)<lb/>
gezeigt werden. Dasſelbe beſteht aus <hirendition="#aq">S</hi>-förmig gekrümmten Metallblättchen oder<lb/>
Drähten, die an ihren Enden zugeſpitzt ſind und ſich auf einer verticalen Axe<lb/>
leicht drehen können. Mit letzterer ſetzt man das Flugrädchen auf den Conductor<lb/>
einer Elektriſirmaſchine auf. Sobald die Elektricität auf dem Conductor und ſomit<lb/>
auch auf dem mit ihm in leitender Verbindung ſtehenden Flugrädchen eine gewiſſe<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[96/0110]
beſprochenen Zerſtreuung und dem Stützenverluſte zuſammen. Hierzu kommt jedoch
noch eine andere Art des Verluſtes. Wir haben oben (S. 92 u. f.) geſehen, daß
alle elektriſchen Theilchen an der Oberfläche eines Leiters das Beſtreben zeigen,
ſich von dem Leiter zu entfernen, und daß ſie daran nur durch den Widerſtand,
welchen das umgebende Medium, alſo gewöhnlich die Luft, ihrer Entfernung vom
Leiter entgegenſetzt, auf dieſem zurückgehalten werden. Wird jedoch die Dichte der
Elektricität auf dem Leiter ſo groß, daß ſie den Widerſtand der Luft überwinden
kann, ſo iſt der Leiter nicht mehr im Stande, weiterhin Elektricität aufzunehmen,
ſondern die ihm dann noch zugeführte Elektricität ſtrömt in die Luft aus. Im
Dunkeln beobachtet man hierbei, daß der Uebertritt der Elektricität von dem Leiter
in die Luft unter Lichtentwicklung ſtattfindet. Die auf die Elektricität wirkende
Kraft, welche ſie vom Leiter zu entfernen ſtrebt, nennt man die Spannung.
Die Spannung wächſt aber mit der Dichte der Elektricität (im quadratiſchen
Verhältniſſe) und dieſe iſt deſto größer, je kleiner der Krümmungsradius der be-
treffenden Stelle der Leiteroberfläche iſt (vergl. Fig. 44). Die Spannung wird
[Abbildung Fig. 45.
Elektriſches Flugrädchen.]
deshalb an jenen Stellen eines Leiters
am leichteſten den Widerſtand durch
die Luft überwinden können, welche
am ſtärkſten gekrümmt ſind. Die Krüm-
mung einer Spitze entſpricht aber einem
außerordentlich kleinen Krümmungs-
radius, weshalb die Dichte der Elek-
tricität und mit ihr die Spannung außer-
ordentlich groß ſein muß. Dies hat
zur Folge, daß bei einem elektriſirten
Körper, der mit einer Spitze verſehen
iſt, durch dieſe die Elektricität aus-
ſtrömen muß, ſelbſt auch dann, wenn
die dem Körper mitgetheilte Elektricitäts-
menge eine ſehr kleine iſt. Könnten wir
einen Körper mit einer mathematiſchen Spitze verſehen, ſo müßte es ganz un-
möglich ſein, auf dem Körper irgendwelche Elektricitätsmenge zu erhalten. Bei der
Anwendung ſolcher Spitzen, wie wir ſie herzuſtellen im Stande ſind, wird aber
der damit verſehene Körper ſo viel Elektricität behalten können, daß die Span-
nung an der Spitze noch nicht im Stande iſt, Elektricität an die Luft abzugeben.
Natürlich wird dieſe zurückbleibende Elektricität bei einer ſehr ſcharfen Spitze eine
ſo geringe ſein, daß man ſie in der Regel vernachläſſigen kann.
Die Ausſtrömung der Elektricität in Folge ihrer Spannung iſt ſtets mit
dem Auftreten eines Luftſtromes, des elektriſchen Windes, verbunden, der in
der Richtung von der Ausſtrömungsſtelle weg bläſt; bei entſprechender Spannung
kann der elektriſche Wind ſo ſtark werden, daß er Lichtflammen auszulöſchen im
Stande iſt. Das Auftreten des elektriſchen Windes, alſo das Wegſchleudern der
elektriſirten Lufttheilchen, kann auch durch das elektriſche Flugrädchen (Fig. 45)
gezeigt werden. Dasſelbe beſteht aus S-förmig gekrümmten Metallblättchen oder
Drähten, die an ihren Enden zugeſpitzt ſind und ſich auf einer verticalen Axe
leicht drehen können. Mit letzterer ſetzt man das Flugrädchen auf den Conductor
einer Elektriſirmaſchine auf. Sobald die Elektricität auf dem Conductor und ſomit
auch auf dem mit ihm in leitender Verbindung ſtehenden Flugrädchen eine gewiſſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/110>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.