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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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lichen Telegraphen-Apparaten, d. h. jenen Apparaten, durch welche jede beliebige
Depesche übermittelt werden kann, absehen, weil wir deren Repräsentanten bereits
kennen gelernt haben. Hingegen wollen wir von jenen Apparaten und Einrichtungen
eine Vorstellung zu gewinnen suchen, welche nur wenige ganz bestimmte Zeichen
oder Signale zu übermitteln haben, d. h. also, wir wollen uns mit dem Eisenbahn-
Signalwesen
vertraut machen. Die außergewöhnliche Wichtigkeit desselben bringt
es mit sich, daß dasselbe, entsprechend der hohen Entwicklung des Verkehrswesens,
sich gleichfalls zu einem bereits sehr umfangreichen Wissenszweige ausgebildet hat.
Wir müssen uns daher hier, des beschränkten Raumes wegen, mit der Betrachtung
weniger und einfacher Beispiele begnügen und die sich eingehender für diesen
Gegenstand interessirenden Leser auf die einschlägige Fachliteratur verweisen.

Fragen wir uns zunächst, welchen Zwecken die Eisenbahnsignale zu dienen
haben, so lautet die Antwort hierauf: Sie haben die Sicherheit des Zugsverkehres
zu bewirken, die Regelmäßigkeit des Betriebes zu ermöglichen und die Leistungsfähigkeit
der Bahnanlage zu erhöhen. Durch ihre Vermittlung muß daher das Betriebs-
personal in Stand gesetzt werden, Auskünfte, Befehle oder Warnungen ertheilen

[Abbildung] Fig. 818.

Markirung der Wächter-Controluhr.

oder empfangen zu können, die sich auf den normalen Betrieb beziehen oder wohl
auch auf einzelne außergewöhnliche, aber immerhin vorauszusehende Vorkommnisse
erstrecken.

"Es liegt in der Natur der Sache," schreibt Kohlfürst*) "daß diese Signale
nicht nur in der Ferne sinnlich wahrgenommen werden müssen, sondern daß es auch
Signale giebt, die aus der Ferne hervorgerufen werden sollen und bei welchen also
sowohl der Empfangs- als der Aufstellungs- und der Absendungsort des Signals
voneinander getrennt liegen. Die Entfernung zwischen Empfangs- und Aufstellungsort
ist, da es sich nur um das Sehen und Hören des Signalzeichens handeln kann, immer
eine beschränkte; beschränkt sowohl durch das Wahrnehmungsvermögen des gesunden
menschlichen Auges und Ohres, als eventuell durch äußere Umgebung des Signals
und die meteorologischen Verhältnisse. Diese Beschränkung muß durch die Entfernung
zwischen Aufstellungspunkt und Absendungsort des Signals wieder ausgeglichen
werden können, denn bei den derzeitigen Zugsgeschwindigkeiten und Bahnhofs-
ausdehnungen würde sonst ein Auslangen mit den gewöhnlichen akustischen und
optischen Signalmitteln nicht gefunden, oder es müßte wenigstens zur Fortpflanzung

*) L. Kohlfürst, Die elektrischen Einrichtungen der Eisenbahnen.

lichen Telegraphen-Apparaten, d. h. jenen Apparaten, durch welche jede beliebige
Depeſche übermittelt werden kann, abſehen, weil wir deren Repräſentanten bereits
kennen gelernt haben. Hingegen wollen wir von jenen Apparaten und Einrichtungen
eine Vorſtellung zu gewinnen ſuchen, welche nur wenige ganz beſtimmte Zeichen
oder Signale zu übermitteln haben, d. h. alſo, wir wollen uns mit dem Eiſenbahn-
Signalweſen
vertraut machen. Die außergewöhnliche Wichtigkeit desſelben bringt
es mit ſich, daß dasſelbe, entſprechend der hohen Entwicklung des Verkehrsweſens,
ſich gleichfalls zu einem bereits ſehr umfangreichen Wiſſenszweige ausgebildet hat.
Wir müſſen uns daher hier, des beſchränkten Raumes wegen, mit der Betrachtung
weniger und einfacher Beiſpiele begnügen und die ſich eingehender für dieſen
Gegenſtand intereſſirenden Leſer auf die einſchlägige Fachliteratur verweiſen.

Fragen wir uns zunächſt, welchen Zwecken die Eiſenbahnſignale zu dienen
haben, ſo lautet die Antwort hierauf: Sie haben die Sicherheit des Zugsverkehres
zu bewirken, die Regelmäßigkeit des Betriebes zu ermöglichen und die Leiſtungsfähigkeit
der Bahnanlage zu erhöhen. Durch ihre Vermittlung muß daher das Betriebs-
perſonal in Stand geſetzt werden, Auskünfte, Befehle oder Warnungen ertheilen

[Abbildung] Fig. 818.

Markirung der Wächter-Controluhr.

oder empfangen zu können, die ſich auf den normalen Betrieb beziehen oder wohl
auch auf einzelne außergewöhnliche, aber immerhin vorauszuſehende Vorkommniſſe
erſtrecken.

„Es liegt in der Natur der Sache,“ ſchreibt Kohlfürſt*) „daß dieſe Signale
nicht nur in der Ferne ſinnlich wahrgenommen werden müſſen, ſondern daß es auch
Signale giebt, die aus der Ferne hervorgerufen werden ſollen und bei welchen alſo
ſowohl der Empfangs- als der Aufſtellungs- und der Abſendungsort des Signals
voneinander getrennt liegen. Die Entfernung zwiſchen Empfangs- und Aufſtellungsort
iſt, da es ſich nur um das Sehen und Hören des Signalzeichens handeln kann, immer
eine beſchränkte; beſchränkt ſowohl durch das Wahrnehmungsvermögen des geſunden
menſchlichen Auges und Ohres, als eventuell durch äußere Umgebung des Signals
und die meteorologiſchen Verhältniſſe. Dieſe Beſchränkung muß durch die Entfernung
zwiſchen Aufſtellungspunkt und Abſendungsort des Signals wieder ausgeglichen
werden können, denn bei den derzeitigen Zugsgeſchwindigkeiten und Bahnhofs-
ausdehnungen würde ſonſt ein Auslangen mit den gewöhnlichen akuſtiſchen und
optiſchen Signalmitteln nicht gefunden, oder es müßte wenigſtens zur Fortpflanzung

*) L. Kohlfürſt, Die elektriſchen Einrichtungen der Eiſenbahnen.
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[1067/1081] lichen Telegraphen-Apparaten, d. h. jenen Apparaten, durch welche jede beliebige Depeſche übermittelt werden kann, abſehen, weil wir deren Repräſentanten bereits kennen gelernt haben. Hingegen wollen wir von jenen Apparaten und Einrichtungen eine Vorſtellung zu gewinnen ſuchen, welche nur wenige ganz beſtimmte Zeichen oder Signale zu übermitteln haben, d. h. alſo, wir wollen uns mit dem Eiſenbahn- Signalweſen vertraut machen. Die außergewöhnliche Wichtigkeit desſelben bringt es mit ſich, daß dasſelbe, entſprechend der hohen Entwicklung des Verkehrsweſens, ſich gleichfalls zu einem bereits ſehr umfangreichen Wiſſenszweige ausgebildet hat. Wir müſſen uns daher hier, des beſchränkten Raumes wegen, mit der Betrachtung weniger und einfacher Beiſpiele begnügen und die ſich eingehender für dieſen Gegenſtand intereſſirenden Leſer auf die einſchlägige Fachliteratur verweiſen. Fragen wir uns zunächſt, welchen Zwecken die Eiſenbahnſignale zu dienen haben, ſo lautet die Antwort hierauf: Sie haben die Sicherheit des Zugsverkehres zu bewirken, die Regelmäßigkeit des Betriebes zu ermöglichen und die Leiſtungsfähigkeit der Bahnanlage zu erhöhen. Durch ihre Vermittlung muß daher das Betriebs- perſonal in Stand geſetzt werden, Auskünfte, Befehle oder Warnungen ertheilen [Abbildung Fig. 818. Markirung der Wächter-Controluhr.] oder empfangen zu können, die ſich auf den normalen Betrieb beziehen oder wohl auch auf einzelne außergewöhnliche, aber immerhin vorauszuſehende Vorkommniſſe erſtrecken. „Es liegt in der Natur der Sache,“ ſchreibt Kohlfürſt *) „daß dieſe Signale nicht nur in der Ferne ſinnlich wahrgenommen werden müſſen, ſondern daß es auch Signale giebt, die aus der Ferne hervorgerufen werden ſollen und bei welchen alſo ſowohl der Empfangs- als der Aufſtellungs- und der Abſendungsort des Signals voneinander getrennt liegen. Die Entfernung zwiſchen Empfangs- und Aufſtellungsort iſt, da es ſich nur um das Sehen und Hören des Signalzeichens handeln kann, immer eine beſchränkte; beſchränkt ſowohl durch das Wahrnehmungsvermögen des geſunden menſchlichen Auges und Ohres, als eventuell durch äußere Umgebung des Signals und die meteorologiſchen Verhältniſſe. Dieſe Beſchränkung muß durch die Entfernung zwiſchen Aufſtellungspunkt und Abſendungsort des Signals wieder ausgeglichen werden können, denn bei den derzeitigen Zugsgeſchwindigkeiten und Bahnhofs- ausdehnungen würde ſonſt ein Auslangen mit den gewöhnlichen akuſtiſchen und optiſchen Signalmitteln nicht gefunden, oder es müßte wenigſtens zur Fortpflanzung *) L. Kohlfürſt, Die elektriſchen Einrichtungen der Eiſenbahnen.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 1067. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/1081>, abgerufen am 23.11.2024.