zu kommen. Dementsprechend fließt nur durch die Federn 4 der beiden Bürsten b b' ein Strom und dieser zersetzt an der Berührungsstelle der Feder 4 von b' mit der imprägnirten Papierfläche die Salzlösung und hinterläßt so eine sichtbare Spur. Da sich dieser Vorgang für jede Feder und jeden Metallbuchstaben in gleicher Weise abspielt, muß in der Empfangsstation auf der Papierfläche ein Bild a' des Wortes in a entstehen. Als empfindliche Zersetzungsflüssigkeit kann Jodkaliumkleister verwendet werden; der elektrische Strom scheidet aus dem Jod- kalium das Jod aus und durch dieses wird der Kleister blau oder violett gefärbt. In dieser Farbe erscheinen dann auch die Buchstaben.
Der chemische Telegraph wurde verbessert, beziehungsweise in neue Formen gebracht durch Stöhrer, Siemens, Gintl u. s. w. Auch die Copir-Tele- graphen von Bakewell, Bonelli, sowie der Pan-Telegraph von Caselli (1856) sind hierher zu zählen. Ihre untergeordnete Bedeutung einerseits und der beschränkte Raum andererseits verbieten ein näheres Eingehen auf diese Apparate.
Nachdem man gelernt hatte, an Stelle der ursprünglich angewandten vielen Drähte nur einen Draht zum Betriebe eines Telegraphen zu benützen, begnügte man sich hiermit nicht, sondern steckte sich vielmehr ein weiteres Ziel. Man wollte nunmehr auch diesen einen Draht noch mehr ausnützen. Dies führte zur Erfindung
[Abbildung]
Fig. 758.
Bain's chemischer Telegraph.
des Gegensprechens oder der Duplex-Telegraphie und der Vielfach- oder Multiplex-Telegraphie. Das Gegensprechen beruht auf der Uebermittlung von- einander unabhängiger telegraphischer Schriftzeichen in einander entgegengesetzten Richtungen in einem und demselben Drahte, indem man die Stärke des den letzteren durchfließenden Stromes verändert. Die Erfindung des Gegensprechens und die Ausführung der ersten praktischen Versuche (1853) verdanken wir dem Professor F. A. Petrina und dem damaligen österreichischen Telegraphen-Director Wilhelm Gintl (geb. 1804, gest. 1883). Die Versuche wurden auf den Linien Wien--Prag und Wien--Linz ausgeführt und hierbei ein von Gintl construirter chemischer Telegraph benützt, da sich bei Anwendung des Morse-Apparates Schwierigkeiten entgegenstellten. Im Jahre 1854 erfanden Telegraphen-Ingenieur Frischen in Hannover und Siemens unabhängig voneinander Gegensprechmethoden und im Jahre 1863 gab Maron eine Gegensprechmethode, basirend auf dem Principe der Wheatstone'schen Brücke, an. Hierauf folgte nun eine große Anzahl von Vorschlägen, die aber erst wieder Beachtung fanden, als der Amerikaner Stearns im Jahre 1872 mit seinem Gegensprecher öffentlich auftrat.
Die Vielfach- oder Multiplex-Telegraphie besteht darin, daß mehrere Apparate durch einen und denselben Draht hintereinander Strom in die Leitung senden, wodurch der Draht auch in jenen Strompausen benützt wird, welche bei Ueber- mittlung einer Depesche dadurch entstehen, daß man die einzelnen telegraphischen
zu kommen. Dementſprechend fließt nur durch die Federn 4 der beiden Bürſten b b' ein Strom und dieſer zerſetzt an der Berührungsſtelle der Feder 4 von b' mit der imprägnirten Papierfläche die Salzlöſung und hinterläßt ſo eine ſichtbare Spur. Da ſich dieſer Vorgang für jede Feder und jeden Metallbuchſtaben in gleicher Weiſe abſpielt, muß in der Empfangsſtation auf der Papierfläche ein Bild a' des Wortes in a entſtehen. Als empfindliche Zerſetzungsflüſſigkeit kann Jodkaliumkleiſter verwendet werden; der elektriſche Strom ſcheidet aus dem Jod- kalium das Jod aus und durch dieſes wird der Kleiſter blau oder violett gefärbt. In dieſer Farbe erſcheinen dann auch die Buchſtaben.
Der chemiſche Telegraph wurde verbeſſert, beziehungsweiſe in neue Formen gebracht durch Stöhrer, Siemens, Gintl u. ſ. w. Auch die Copir-Tele- graphen von Bakewell, Bonelli, ſowie der Pan-Telegraph von Caſelli (1856) ſind hierher zu zählen. Ihre untergeordnete Bedeutung einerſeits und der beſchränkte Raum andererſeits verbieten ein näheres Eingehen auf dieſe Apparate.
Nachdem man gelernt hatte, an Stelle der urſprünglich angewandten vielen Drähte nur einen Draht zum Betriebe eines Telegraphen zu benützen, begnügte man ſich hiermit nicht, ſondern ſteckte ſich vielmehr ein weiteres Ziel. Man wollte nunmehr auch dieſen einen Draht noch mehr ausnützen. Dies führte zur Erfindung
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Fig. 758.
Bain’s chemiſcher Telegraph.
des Gegenſprechens oder der Duplex-Telegraphie und der Vielfach- oder Multiplex-Telegraphie. Das Gegenſprechen beruht auf der Uebermittlung von- einander unabhängiger telegraphiſcher Schriftzeichen in einander entgegengeſetzten Richtungen in einem und demſelben Drahte, indem man die Stärke des den letzteren durchfließenden Stromes verändert. Die Erfindung des Gegenſprechens und die Ausführung der erſten praktiſchen Verſuche (1853) verdanken wir dem Profeſſor F. A. Petřina und dem damaligen öſterreichiſchen Telegraphen-Director Wilhelm Gintl (geb. 1804, geſt. 1883). Die Verſuche wurden auf den Linien Wien—Prag und Wien—Linz ausgeführt und hierbei ein von Gintl conſtruirter chemiſcher Telegraph benützt, da ſich bei Anwendung des Morſe-Apparates Schwierigkeiten entgegenſtellten. Im Jahre 1854 erfanden Telegraphen-Ingenieur Friſchen in Hannover und Siemens unabhängig voneinander Gegenſprechmethoden und im Jahre 1863 gab Maron eine Gegenſprechmethode, baſirend auf dem Principe der Wheatſtone’ſchen Brücke, an. Hierauf folgte nun eine große Anzahl von Vorſchlägen, die aber erſt wieder Beachtung fanden, als der Amerikaner Stearns im Jahre 1872 mit ſeinem Gegenſprecher öffentlich auftrat.
Die Vielfach- oder Multiplex-Telegraphie beſteht darin, daß mehrere Apparate durch einen und denſelben Draht hintereinander Strom in die Leitung ſenden, wodurch der Draht auch in jenen Strompauſen benützt wird, welche bei Ueber- mittlung einer Depeſche dadurch entſtehen, daß man die einzelnen telegraphiſchen
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zu kommen. Dementſprechend fließt nur durch die Federn 4 der beiden Bürſten
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mit der imprägnirten Papierfläche die Salzlöſung und hinterläßt ſo eine ſichtbare
Spur. Da ſich dieſer Vorgang für jede Feder und jeden Metallbuchſtaben in
gleicher Weiſe abſpielt, muß in der Empfangsſtation auf der Papierfläche ein
Bild a' des Wortes in a entſtehen. Als empfindliche Zerſetzungsflüſſigkeit kann
Jodkaliumkleiſter verwendet werden; der elektriſche Strom ſcheidet aus dem Jod-
kalium das Jod aus und durch dieſes wird der Kleiſter blau oder violett gefärbt.
In dieſer Farbe erſcheinen dann auch die Buchſtaben.
Der chemiſche Telegraph wurde verbeſſert, beziehungsweiſe in neue Formen
gebracht durch Stöhrer, Siemens, Gintl u. ſ. w. Auch die Copir-Tele-
graphen von Bakewell, Bonelli, ſowie der Pan-Telegraph von Caſelli (1856)
ſind hierher zu zählen. Ihre untergeordnete Bedeutung einerſeits und der beſchränkte
Raum andererſeits verbieten ein näheres Eingehen auf dieſe Apparate.
Nachdem man gelernt hatte, an Stelle der urſprünglich angewandten vielen
Drähte nur einen Draht zum Betriebe eines Telegraphen zu benützen, begnügte
man ſich hiermit nicht, ſondern ſteckte ſich vielmehr ein weiteres Ziel. Man wollte
nunmehr auch dieſen einen Draht noch mehr ausnützen. Dies führte zur Erfindung
[Abbildung Fig. 758.
Bain’s chemiſcher Telegraph.]
des Gegenſprechens oder der Duplex-Telegraphie und der Vielfach- oder
Multiplex-Telegraphie. Das Gegenſprechen beruht auf der Uebermittlung von-
einander unabhängiger telegraphiſcher Schriftzeichen in einander entgegengeſetzten
Richtungen in einem und demſelben Drahte, indem man die Stärke des den
letzteren durchfließenden Stromes verändert. Die Erfindung des Gegenſprechens
und die Ausführung der erſten praktiſchen Verſuche (1853) verdanken wir dem
Profeſſor F. A. Petřina und dem damaligen öſterreichiſchen Telegraphen-Director
Wilhelm Gintl (geb. 1804, geſt. 1883). Die Verſuche wurden auf den Linien
Wien—Prag und Wien—Linz ausgeführt und hierbei ein von Gintl conſtruirter
chemiſcher Telegraph benützt, da ſich bei Anwendung des Morſe-Apparates
Schwierigkeiten entgegenſtellten. Im Jahre 1854 erfanden Telegraphen-Ingenieur
Friſchen in Hannover und Siemens unabhängig voneinander Gegenſprechmethoden
und im Jahre 1863 gab Maron eine Gegenſprechmethode, baſirend auf dem
Principe der Wheatſtone’ſchen Brücke, an. Hierauf folgte nun eine große Anzahl
von Vorſchlägen, die aber erſt wieder Beachtung fanden, als der Amerikaner
Stearns im Jahre 1872 mit ſeinem Gegenſprecher öffentlich auftrat.
Die Vielfach- oder Multiplex-Telegraphie beſteht darin, daß mehrere Apparate
durch einen und denſelben Draht hintereinander Strom in die Leitung ſenden,
wodurch der Draht auch in jenen Strompauſen benützt wird, welche bei Ueber-
mittlung einer Depeſche dadurch entſtehen, daß man die einzelnen telegraphiſchen
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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 998. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/1012>, abgerufen am 22.11.2024.
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