Jch komme nun zu denenienigen, welche den idealischen Einfluß behaupten. Sie behaupten theils, daß die Sele alle ihre Veränderungen, wie der Körper die seinigen durch eigene Kraft gantz allein hervorbringe, und daß also keines von beyden auch nicht einen einzigen Grund von de- nen Veränderungen des andern, in sich enthalte; theils daß einiger zwischen beyden statt habe; so daß z. E. eine Bewegung nicht hätte gesche- hen können, wo nicht eine gewisse Vorstellung in der Sele zu der Zeit zugegen gewesen. Bey der Meinung derer letztern fragt es sich vom neuen, ob sie diesen Grund der Veränderungen des Körpers, in das Wesen und die Kraft der Sele selbst setzen, oder ausser ihr z. E. in den allgemeinen Zusammenhang aller Dinge, und ob sie bey Veränderungen der Sele wiederum denselben zu dem Wesen des Körpers oder aus- ser demselben zu etwas anders rechnen. Jst das letztere; so rechnen wir sie mit zu der Classe dererienigen, welche behaupten, daß die Ver- änderungen keinen andern Grund als in der Kraft der Sele oder des Körpers selbst haben, weil dieienigen, so dieses behaupten, ebenfals den allgemeinen Zusammenhang annehmen können. Die aber, welche das erste glauben, wollen wir beurtheilen, so bald wir von der Meinung der vorigen unsre Gedancken eröfnet haben. Jch werde mich bey dieser Beurthei- lung alles Glimpfs und aller Bescheidenheit
bedie-
§. 15.
Jch komme nun zu denenienigen, welche den idealiſchen Einfluß behaupten. Sie behaupten theils, daß die Sele alle ihre Veraͤnderungen, wie der Koͤrper die ſeinigen durch eigene Kraft gantz allein hervorbringe, und daß alſo keines von beyden auch nicht einen einzigen Grund von de- nen Veraͤnderungen des andern, in ſich enthalte; theils daß einiger zwiſchen beyden ſtatt habe; ſo daß z. E. eine Bewegung nicht haͤtte geſche- hen koͤnnen, wo nicht eine gewiſſe Vorſtellung in der Sele zu der Zeit zugegen geweſen. Bey der Meinung derer letztern fragt es ſich vom neuen, ob ſie dieſen Grund der Veraͤnderungen des Koͤrpers, in das Weſen und die Kraft der Sele ſelbſt ſetzen, oder auſſer ihr z. E. in den allgemeinen Zuſammenhang aller Dinge, und ob ſie bey Veraͤnderungen der Sele wiederum denſelben zu dem Weſen des Koͤrpers oder auſ- ſer demſelben zu etwas anders rechnen. Jſt das letztere; ſo rechnen wir ſie mit zu der Claſſe dererienigen, welche behaupten, daß die Ver- aͤnderungen keinen andern Grund als in der Kraft der Sele oder des Koͤrpers ſelbſt haben, weil dieienigen, ſo dieſes behaupten, ebenfals den allgemeinen Zuſammenhang annehmen koͤnnen. Die aber, welche das erſte glauben, wollen wir beurtheilen, ſo bald wir von der Meinung der vorigen unſre Gedancken eroͤfnet haben. Jch werde mich bey dieſer Beurthei- lung alles Glimpfs und aller Beſcheidenheit
bedie-
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§. 15.
Jch komme nun zu denenienigen, welche den
idealiſchen Einfluß behaupten. Sie behaupten
theils, daß die Sele alle ihre Veraͤnderungen,
wie der Koͤrper die ſeinigen durch eigene Kraft
gantz allein hervorbringe, und daß alſo keines von
beyden auch nicht einen einzigen Grund von de-
nen Veraͤnderungen des andern, in ſich enthalte;
theils daß einiger zwiſchen beyden ſtatt habe;
ſo daß z. E. eine Bewegung nicht haͤtte geſche-
hen koͤnnen, wo nicht eine gewiſſe Vorſtellung
in der Sele zu der Zeit zugegen geweſen. Bey
der Meinung derer letztern fragt es ſich vom
neuen, ob ſie dieſen Grund der Veraͤnderungen
des Koͤrpers, in das Weſen und die Kraft der
Sele ſelbſt ſetzen, oder auſſer ihr z. E. in den
allgemeinen Zuſammenhang aller Dinge, und
ob ſie bey Veraͤnderungen der Sele wiederum
denſelben zu dem Weſen des Koͤrpers oder auſ-
ſer demſelben zu etwas anders rechnen. Jſt
das letztere; ſo rechnen wir ſie mit zu der Claſſe
dererienigen, welche behaupten, daß die Ver-
aͤnderungen keinen andern Grund als in der
Kraft der Sele oder des Koͤrpers ſelbſt haben,
weil dieienigen, ſo dieſes behaupten, ebenfals
den allgemeinen Zuſammenhang annehmen
koͤnnen. Die aber, welche das erſte glauben,
wollen wir beurtheilen, ſo bald wir von der
Meinung der vorigen unſre Gedancken eroͤfnet
haben. Jch werde mich bey dieſer Beurthei-
lung alles Glimpfs und aller Beſcheidenheit
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/66>, abgerufen am 03.03.2025.
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