Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

gen gesetzt, und man will sagen, daß diese Mei-
nung ietzo noch sehr im Schwange gehe. So
viel ist gewiß, daß dieselbe die allernatürlichste
zu seyn scheinet, und daß sie ein Ungelehrter
noch leichter ohne Lachen anhören wird, als
das Lehrgebäude derer Harmonisten. Jch
hoffe den Grund hiervon eingesehen zu haben,
wenn ich behaupte, daß ein gewisses Vorurtheil
an dieser gantzen Sache schuld sey; und daher
kan ich es denen Harmonisten nicht verdencken,
wenn sie sich vor ienen erhabene Geister nen-
nen, die sich von denen Vorurtheilen der Unge-
lehrten nach Möglichkeit zu befreyen suchen.
Jch werde unten meine Meinung von dieser
Lehre ausführlicher sagen. Da es so viele ver-
nünftige Männer giebt, welche derselben zuge-
than sind, so kan ich mich noch nicht überreden,
daß sie den physicalischen Einfluß so behaupten
solten, wie ich ihn ietzo vorgetragen. Jch
hoffe sie werden eine gantz andre Meinung da-
von hegen, und wenn ich nicht zu viel vermuthe,
so habe ich vielleicht ihren Sinn getroffen,
wenn ich mich erklären werde, wie ich mir den
Einfluß zwischen Seel und Leib einbilde.

§. 10.

Ehe ich nun weiter gehe, solte ich wol erst
von Rechtswegen sagen, was es denn nun wä-
re, das ich glaubte, und worin ich mich von
denen andern Meinungen unterscheide. Allein
ich habe einige Gründe, warum ich noch ietzo
mit meinem Bekänntniß zurück halte. Jch

will
D 3

gen geſetzt, und man will ſagen, daß dieſe Mei-
nung ietzo noch ſehr im Schwange gehe. So
viel iſt gewiß, daß dieſelbe die allernatuͤrlichſte
zu ſeyn ſcheinet, und daß ſie ein Ungelehrter
noch leichter ohne Lachen anhoͤren wird, als
das Lehrgebaͤude derer Harmoniſten. Jch
hoffe den Grund hiervon eingeſehen zu haben,
wenn ich behaupte, daß ein gewiſſes Vorurtheil
an dieſer gantzen Sache ſchuld ſey; und daher
kan ich es denen Harmoniſten nicht verdencken,
wenn ſie ſich vor ienen erhabene Geiſter nen-
nen, die ſich von denen Vorurtheilen der Unge-
lehrten nach Moͤglichkeit zu befreyen ſuchen.
Jch werde unten meine Meinung von dieſer
Lehre ausfuͤhrlicher ſagen. Da es ſo viele ver-
nuͤnftige Maͤnner giebt, welche derſelben zuge-
than ſind, ſo kan ich mich noch nicht uͤberreden,
daß ſie den phyſicaliſchen Einfluß ſo behaupten
ſolten, wie ich ihn ietzo vorgetragen. Jch
hoffe ſie werden eine gantz andre Meinung da-
von hegen, und wenn ich nicht zu viel vermuthe,
ſo habe ich vielleicht ihren Sinn getroffen,
wenn ich mich erklaͤren werde, wie ich mir den
Einfluß zwiſchen Seel und Leib einbilde.

§. 10.

Ehe ich nun weiter gehe, ſolte ich wol erſt
von Rechtswegen ſagen, was es denn nun waͤ-
re, das ich glaubte, und worin ich mich von
denen andern Meinungen unterſcheide. Allein
ich habe einige Gruͤnde, warum ich noch ietzo
mit meinem Bekaͤnntniß zuruͤck halte. Jch

will
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="27"/>
gen ge&#x017F;etzt, und man will &#x017F;agen, daß die&#x017F;e Mei-<lb/>
nung ietzo noch &#x017F;ehr im Schwange gehe. So<lb/>
viel i&#x017F;t gewiß, daß die&#x017F;elbe die allernatu&#x0364;rlich&#x017F;te<lb/>
zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet, und daß &#x017F;ie ein Ungelehrter<lb/>
noch leichter ohne Lachen anho&#x0364;ren wird, als<lb/>
das Lehrgeba&#x0364;ude derer Harmoni&#x017F;ten. Jch<lb/>
hoffe den Grund hiervon einge&#x017F;ehen zu haben,<lb/>
wenn ich behaupte, daß ein gewi&#x017F;&#x017F;es Vorurtheil<lb/>
an die&#x017F;er gantzen Sache &#x017F;chuld &#x017F;ey; und daher<lb/>
kan ich es denen Harmoni&#x017F;ten nicht verdencken,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;ich vor ienen erhabene Gei&#x017F;ter nen-<lb/>
nen, die &#x017F;ich von denen Vorurtheilen der Unge-<lb/>
lehrten nach Mo&#x0364;glichkeit zu befreyen &#x017F;uchen.<lb/>
Jch werde unten meine Meinung von die&#x017F;er<lb/>
Lehre ausfu&#x0364;hrlicher &#x017F;agen. Da es &#x017F;o viele ver-<lb/>
nu&#x0364;nftige Ma&#x0364;nner giebt, welche der&#x017F;elben zuge-<lb/>
than &#x017F;ind, &#x017F;o kan ich mich noch nicht u&#x0364;berreden,<lb/>
daß &#x017F;ie den phy&#x017F;icali&#x017F;chen Einfluß &#x017F;o behaupten<lb/>
&#x017F;olten, wie ich ihn ietzo vorgetragen. Jch<lb/>
hoffe &#x017F;ie werden eine gantz andre Meinung da-<lb/>
von hegen, und wenn ich nicht zu viel vermuthe,<lb/>
&#x017F;o habe ich vielleicht ihren Sinn getroffen,<lb/>
wenn ich mich erkla&#x0364;ren werde, wie ich mir den<lb/>
Einfluß zwi&#x017F;chen Seel und Leib einbilde.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 10.</head><lb/>
          <p>Ehe ich nun weiter gehe, &#x017F;olte ich wol er&#x017F;t<lb/>
von Rechtswegen &#x017F;agen, was es denn nun wa&#x0364;-<lb/>
re, das ich glaubte, und worin ich mich von<lb/>
denen andern Meinungen unter&#x017F;cheide. Allein<lb/>
ich habe einige Gru&#x0364;nde, warum ich noch ietzo<lb/>
mit meinem Beka&#x0364;nntniß zuru&#x0364;ck halte. Jch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">will</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0057] gen geſetzt, und man will ſagen, daß dieſe Mei- nung ietzo noch ſehr im Schwange gehe. So viel iſt gewiß, daß dieſelbe die allernatuͤrlichſte zu ſeyn ſcheinet, und daß ſie ein Ungelehrter noch leichter ohne Lachen anhoͤren wird, als das Lehrgebaͤude derer Harmoniſten. Jch hoffe den Grund hiervon eingeſehen zu haben, wenn ich behaupte, daß ein gewiſſes Vorurtheil an dieſer gantzen Sache ſchuld ſey; und daher kan ich es denen Harmoniſten nicht verdencken, wenn ſie ſich vor ienen erhabene Geiſter nen- nen, die ſich von denen Vorurtheilen der Unge- lehrten nach Moͤglichkeit zu befreyen ſuchen. Jch werde unten meine Meinung von dieſer Lehre ausfuͤhrlicher ſagen. Da es ſo viele ver- nuͤnftige Maͤnner giebt, welche derſelben zuge- than ſind, ſo kan ich mich noch nicht uͤberreden, daß ſie den phyſicaliſchen Einfluß ſo behaupten ſolten, wie ich ihn ietzo vorgetragen. Jch hoffe ſie werden eine gantz andre Meinung da- von hegen, und wenn ich nicht zu viel vermuthe, ſo habe ich vielleicht ihren Sinn getroffen, wenn ich mich erklaͤren werde, wie ich mir den Einfluß zwiſchen Seel und Leib einbilde. §. 10. Ehe ich nun weiter gehe, ſolte ich wol erſt von Rechtswegen ſagen, was es denn nun waͤ- re, das ich glaubte, und worin ich mich von denen andern Meinungen unterſcheide. Allein ich habe einige Gruͤnde, warum ich noch ietzo mit meinem Bekaͤnntniß zuruͤck halte. Jch will D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/57
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/57>, abgerufen am 24.11.2024.