vensafte die Ehre, daß sie ihn vor ihre Sele erklären, andre sagen dieses hingegen nur von denen Nervenhäuten. Die erstern führen zu Vertheidigung ihrer Meinung an, daß weil ein Nerve, wenn er ausgetrocknet ist, nicht mehr empfinde; so müsse dieser nicht die Sele seyn, sondern vielmehr der Nervensaft Die andern sagen, weil die weiche Substanz des Gehirns unempfindlich, hingegen die Hirnhäu- te so sehr empfindlich wären; so müste in die- sen vielmehr der Grund von denen Vorstel- lungen zu suchen seyn, und nicht in dem Ner- vensaft. Noch andre, welche die Klügsten seyn wollen, nehmen beydes zusammen, und sagen, daß die mit Nervensaft erfüllten Ner- venfäserchen ihre Sele wären. Fraget man aber darnach, woher sie alles dieses erweisen wollen; so ist es gewiß erbärmlich anzuhören, wenn sie sagen, daß man nicht begreifen könte, wie ein einfaches Ding solte beschaffen seyn, noch vielweniger, wie es Vorstellungen habe. Denn ob gleich nichts gewisser ist, als dieses, so klingt es doch gar nicht philosophisch, wenn man eine Meinung mit folgenden Schlusse erweisen will: Alles was ich nicht begrei- fen kan, ist unmöglich: Nun kan ich nicht begreifen, was eine Monade sey, und wie sie dencke; Derohalben ist meine Sele keine Monade. Jch berühre ietzo nicht einmal, daß ein Monadist diesen Schluß, wenn es erlaubt wäre, sich desselben zu bedie-
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venſafte die Ehre, daß ſie ihn vor ihre Sele erklaͤren, andre ſagen dieſes hingegen nur von denen Nervenhaͤuten. Die erſtern fuͤhren zu Vertheidigung ihrer Meinung an, daß weil ein Nerve, wenn er ausgetrocknet iſt, nicht mehr empfinde; ſo muͤſſe dieſer nicht die Sele ſeyn, ſondern vielmehr der Nervenſaft Die andern ſagen, weil die weiche Subſtanz des Gehirns unempfindlich, hingegen die Hirnhaͤu- te ſo ſehr empfindlich waͤren; ſo muͤſte in die- ſen vielmehr der Grund von denen Vorſtel- lungen zu ſuchen ſeyn, und nicht in dem Ner- venſaft. Noch andre, welche die Kluͤgſten ſeyn wollen, nehmen beydes zuſammen, und ſagen, daß die mit Nervenſaft erfuͤllten Ner- venfaͤſerchen ihre Sele waͤren. Fraget man aber darnach, woher ſie alles dieſes erweiſen wollen; ſo iſt es gewiß erbaͤrmlich anzuhoͤren, wenn ſie ſagen, daß man nicht begreifen koͤnte, wie ein einfaches Ding ſolte beſchaffen ſeyn, noch vielweniger, wie es Vorſtellungen habe. Denn ob gleich nichts gewiſſer iſt, als dieſes, ſo klingt es doch gar nicht philoſophiſch, wenn man eine Meinung mit folgenden Schluſſe erweiſen will: Alles was ich nicht begrei- fen kan, iſt unmoͤglich: Nun kan ich nicht begreifen, was eine Monade ſey, und wie ſie dencke; Derohalben iſt meine Sele keine Monade. Jch beruͤhre ietzo nicht einmal, daß ein Monadiſt dieſen Schluß, wenn es erlaubt waͤre, ſich deſſelben zu bedie-
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[14/0044]
venſafte die Ehre, daß ſie ihn vor ihre Sele
erklaͤren, andre ſagen dieſes hingegen nur von
denen Nervenhaͤuten. Die erſtern fuͤhren zu
Vertheidigung ihrer Meinung an, daß weil
ein Nerve, wenn er ausgetrocknet iſt, nicht
mehr empfinde; ſo muͤſſe dieſer nicht die Sele
ſeyn, ſondern vielmehr der Nervenſaft Die
andern ſagen, weil die weiche Subſtanz des
Gehirns unempfindlich, hingegen die Hirnhaͤu-
te ſo ſehr empfindlich waͤren; ſo muͤſte in die-
ſen vielmehr der Grund von denen Vorſtel-
lungen zu ſuchen ſeyn, und nicht in dem Ner-
venſaft. Noch andre, welche die Kluͤgſten
ſeyn wollen, nehmen beydes zuſammen, und
ſagen, daß die mit Nervenſaft erfuͤllten Ner-
venfaͤſerchen ihre Sele waͤren. Fraget man
aber darnach, woher ſie alles dieſes erweiſen
wollen; ſo iſt es gewiß erbaͤrmlich anzuhoͤren,
wenn ſie ſagen, daß man nicht begreifen koͤnte,
wie ein einfaches Ding ſolte beſchaffen ſeyn,
noch vielweniger, wie es Vorſtellungen habe.
Denn ob gleich nichts gewiſſer iſt, als dieſes,
ſo klingt es doch gar nicht philoſophiſch, wenn
man eine Meinung mit folgenden Schluſſe
erweiſen will: Alles was ich nicht begrei-
fen kan, iſt unmoͤglich: Nun kan ich
nicht begreifen, was eine Monade ſey,
und wie ſie dencke; Derohalben iſt meine
Sele keine Monade. Jch beruͤhre ietzo
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/44>, abgerufen am 16.02.2025.
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