nicht wusten daß ihre Gehirne nur mit Wor- ten erfüllt wären, und sie übrigens mit ihnen einerley Gaben hätten. Wo ich mich nicht irre, so wird die heutige Geringschätzung der Gelehrsamkeit am meisten davon herrühren, daß man diesen Kunstgrif nicht beybehalten hat. Wer würde wohl ietzo den Doläus vor einen Comödianten unter denen Gelehrten ansehen, wenn diese Kunst noch bey ihnen herrschete? Allein, es ist nun ein vor allemahl nicht, und ich werde wol am besten thun, wenn ich die Parthey der neuern erwähle. Doläus, dieser Doläus, welcher in der That die Geisterlehre sehr hochgetrieben hat, war einer von denenie- nigen, die die Begriffe hassen und die Nah- men lieb haben. Er verbesserte die innre Ein- richtung des Menschen dadurch, daß er die Nahmen vieler Arten von Selen erdachte, wel- che sich in dem menschlichen Körper bemühe- ten, eine recht weise Einrichtung zu machen, und die allesammt Unterthanen eines Monar- chen waren. Wir haben von dieser Einrich- tung keinen weitern Nutzen, als eine Menge recht prächtiger Nahmen, welche vielleicht ohne dieselbe unbekandt geblieben wären. Micro- cosmetor, war der Monarch von den wir ietzo reden; sein Bedienter war der so in dem Hertzen sein Regiment führete, und Cardime- lech hieß. Ein andrer hieß Cosmetorges, der so die Speisen verdauete, nennte sich Ga- steranax und Bithnimalca, und der werthe
Nah-
nicht wuſten daß ihre Gehirne nur mit Wor- ten erfuͤllt waͤren, und ſie uͤbrigens mit ihnen einerley Gaben haͤtten. Wo ich mich nicht irre, ſo wird die heutige Geringſchaͤtzung der Gelehrſamkeit am meiſten davon herruͤhren, daß man dieſen Kunſtgrif nicht beybehalten hat. Wer wuͤrde wohl ietzo den Dolaͤus vor einen Comoͤdianten unter denen Gelehrten anſehen, wenn dieſe Kunſt noch bey ihnen herrſchete? Allein, es iſt nun ein vor allemahl nicht, und ich werde wol am beſten thun, wenn ich die Parthey der neuern erwaͤhle. Dolaͤus, dieſer Dolaͤus, welcher in der That die Geiſterlehre ſehr hochgetrieben hat, war einer von denenie- nigen, die die Begriffe haſſen und die Nah- men lieb haben. Er verbeſſerte die innre Ein- richtung des Menſchen dadurch, daß er die Nahmen vieler Arten von Selen erdachte, wel- che ſich in dem menſchlichen Koͤrper bemuͤhe- ten, eine recht weiſe Einrichtung zu machen, und die alleſammt Unterthanen eines Monar- chen waren. Wir haben von dieſer Einrich- tung keinen weitern Nutzen, als eine Menge recht praͤchtiger Nahmen, welche vielleicht ohne dieſelbe unbekandt geblieben waͤren. Micro- cosmetor, war der Monarch von den wir ietzo reden; ſein Bedienter war der ſo in dem Hertzen ſein Regiment fuͤhrete, und Cardime- lech hieß. Ein andrer hieß Cosmetorges, der ſo die Speiſen verdauete, nennte ſich Ga- ſteranax und Bithnimalca, und der werthe
Nah-
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nicht wuſten daß ihre Gehirne nur mit Wor-
ten erfuͤllt waͤren, und ſie uͤbrigens mit ihnen
einerley Gaben haͤtten. Wo ich mich nicht
irre, ſo wird die heutige Geringſchaͤtzung der
Gelehrſamkeit am meiſten davon herruͤhren,
daß man dieſen Kunſtgrif nicht beybehalten hat.
Wer wuͤrde wohl ietzo den Dolaͤus vor einen
Comoͤdianten unter denen Gelehrten anſehen,
wenn dieſe Kunſt noch bey ihnen herrſchete?
Allein, es iſt nun ein vor allemahl nicht, und
ich werde wol am beſten thun, wenn ich die
Parthey der neuern erwaͤhle. Dolaͤus, dieſer
Dolaͤus, welcher in der That die Geiſterlehre
ſehr hochgetrieben hat, war einer von denenie-
nigen, die die Begriffe haſſen und die Nah-
men lieb haben. Er verbeſſerte die innre Ein-
richtung des Menſchen dadurch, daß er die
Nahmen vieler Arten von Selen erdachte, wel-
che ſich in dem menſchlichen Koͤrper bemuͤhe-
ten, eine recht weiſe Einrichtung zu machen,
und die alleſammt Unterthanen eines Monar-
chen waren. Wir haben von dieſer Einrich-
tung keinen weitern Nutzen, als eine Menge
recht praͤchtiger Nahmen, welche vielleicht ohne
dieſelbe unbekandt geblieben waͤren. Micro-
cosmetor, war der Monarch von den wir
ietzo reden; ſein Bedienter war der ſo in dem
Hertzen ſein Regiment fuͤhrete, und Cardime-
lech hieß. Ein andrer hieß Cosmetorges,
der ſo die Speiſen verdauete, nennte ſich Ga-
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/32>, abgerufen am 16.07.2024.
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