Aufgaben klug verfahren will, so muß man ent- weder noch zur Zeit seine Unwissenheit bekennen, oder man muß die Sele dabey allein agiren lassen. Jch wünsche, daß dieienigen besonders dieses be- dencken möchten, die, indem sie die Lehre des gros- sen Stahls zu vertheidigen suchen, durch derglei- chen übereilte Urtheile, welche sich meistentheils auf nichts weiter, als eine Unwissenheit in der Weltweisheit gründen, dieselbe bey allen denen lächerlich machen, die sich darauf legen, die Kräfte der Körper richtig zu untersuchen.
Meiers Ged. v. Zust. d. Sele n. d. Tode.
§. 1.
Wir sind blind genug, die Fehltrit- te unsers Verstandes nicht zu bemercken; und ein ieder hat sein eigenes Lehrgebäu- de, welches er, wie leicht zu erachten ist, für das einzige wahre hält.
Was für Schwachheit!
Aufgaben klug verfahren will, ſo muß man ent- weder noch zur Zeit ſeine Unwiſſenheit bekennen, oder man muß die Sele dabey allein agiren laſſen. Jch wuͤnſche, daß dieienigen beſonders dieſes be- dencken moͤchten, die, indem ſie die Lehre des groſ- ſen Stahls zu vertheidigen ſuchen, durch derglei- chen uͤbereilte Urtheile, welche ſich meiſtentheils auf nichts weiter, als eine Unwiſſenheit in der Weltweisheit gruͤnden, dieſelbe bey allen denen laͤcherlich machen, die ſich darauf legen, die Kraͤfte der Koͤrper richtig zu unterſuchen.
Meiers Ged. v. Zuſt. d. Sele n. d. Tode.
§. 1.
Wir ſind blind genug, die Fehltrit- te unſers Verſtandes nicht zu bemercken; und ein ieder hat ſein eigenes Lehrgebaͤu- de, welches er, wie leicht zu erachten iſt, fuͤr das einzige wahre haͤlt.
Was fuͤr Schwachheit!
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Aufgaben klug verfahren will, ſo muß man ent-
weder noch zur Zeit ſeine Unwiſſenheit bekennen,
oder man muß die Sele dabey allein agiren laſſen.
Jch wuͤnſche, daß dieienigen beſonders dieſes be-
dencken moͤchten, die, indem ſie die Lehre des groſ-
ſen Stahls zu vertheidigen ſuchen, durch derglei-
chen uͤbereilte Urtheile, welche ſich meiſtentheils
auf nichts weiter, als eine Unwiſſenheit in der
Weltweisheit gruͤnden, dieſelbe bey allen denen
laͤcherlich machen, die ſich darauf legen, die
Kraͤfte der Koͤrper richtig zu unterſuchen.
Meiers
Ged. v. Zuſt. d. Sele n. d. Tode.
§. 1.
Wir ſind blind genug, die Fehltrit-
te unſers Verſtandes nicht zu bemercken;
und ein ieder hat ſein eigenes Lehrgebaͤu-
de, welches er, wie leicht zu erachten
iſt, fuͤr das einzige wahre haͤlt.
Was fuͤr Schwachheit!
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/180>, abgerufen am 27.07.2024.
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