Nun ist es einmal Zeit wieder eine neue Scene zu eröfnen. Meine Leser werden die Gütigkeit haben, sich dasienige wieder in die Gedancken zu bringen, wovon ich oben § 16. 17. geredet. Jch beurtheilete daselbst die psycholo- gischen Harmonisten, und machte einen Unter- schied unter denenienigen, welche behaupteten, die Sele würcke gar nicht in ihren Körper, und dieser würcke gar nicht in die Sele zurück. Mit diesen Herren habe ich es bisher zu thun gehabt, und ihnen ist eigentlich der Beweiß, daß die Sele und der Körper in einander würckten, entgegen gesetzt. Nun komme ich auf dieieni- gen Harmonisten, welche zugeben, daß die Ver- änderungen im Körper ohnmöglich geschehen könten, wenn keine Sele vorhanden wäre, und daß auch die Sele nicht alle Vorstellungen in eben der Ordnung haben könte, als sie diesel- ben hervorbringet, wenn sie mit einem Körper verbunden ist. Dieienigen so dieses behaupten, müssen zugeben, daß nicht der gantze und hin- reichende Grund sowol von Veränderungen der Sele als auch des Körpers in beyder Kräf- ten allein gefunden werden könne. Also müs- sen sie zugeben, daß ein Grund davon ausser dem Körper und der Sele vorhanden sey Die- ser Grund lieget nun bey denen Veränderun- gen des Körpers entweder in der Sele, oder in dem allgemeinen Zusammenhange aller Din- gs, und bey denen Veränderungen der Sele
wie-
§. 43.
Nun iſt es einmal Zeit wieder eine neue Scene zu eroͤfnen. Meine Leſer werden die Guͤtigkeit haben, ſich dasienige wieder in die Gedancken zu bringen, wovon ich oben § 16. 17. geredet. Jch beurtheilete daſelbſt die pſycholo- giſchen Harmoniſten, und machte einen Unter- ſchied unter denenienigen, welche behaupteten, die Sele wuͤrcke gar nicht in ihren Koͤrper, und dieſer wuͤrcke gar nicht in die Sele zuruͤck. Mit dieſen Herren habe ich es bisher zu thun gehabt, und ihnen iſt eigentlich der Beweiß, daß die Sele und der Koͤrper in einander wuͤrckten, entgegen geſetzt. Nun komme ich auf dieieni- gen Harmoniſten, welche zugeben, daß die Ver- aͤnderungen im Koͤrper ohnmoͤglich geſchehen koͤnten, wenn keine Sele vorhanden waͤre, und daß auch die Sele nicht alle Vorſtellungen in eben der Ordnung haben koͤnte, als ſie dieſel- ben hervorbringet, wenn ſie mit einem Koͤrper verbunden iſt. Dieienigen ſo dieſes behaupten, muͤſſen zugeben, daß nicht der gantze und hin- reichende Grund ſowol von Veraͤnderungen der Sele als auch des Koͤrpers in beyder Kraͤf- ten allein gefunden werden koͤnne. Alſo muͤſ- ſen ſie zugeben, daß ein Grund davon auſſer dem Koͤrper und der Sele vorhanden ſey Die- ſer Grund lieget nun bey denen Veraͤnderun- gen des Koͤrpers entweder in der Sele, oder in dem allgemeinen Zuſammenhange aller Din- gs, und bey denen Veraͤnderungen der Sele
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§. 43.
Nun iſt es einmal Zeit wieder eine neue
Scene zu eroͤfnen. Meine Leſer werden die
Guͤtigkeit haben, ſich dasienige wieder in die
Gedancken zu bringen, wovon ich oben § 16. 17.
geredet. Jch beurtheilete daſelbſt die pſycholo-
giſchen Harmoniſten, und machte einen Unter-
ſchied unter denenienigen, welche behaupteten,
die Sele wuͤrcke gar nicht in ihren Koͤrper,
und dieſer wuͤrcke gar nicht in die Sele zuruͤck.
Mit dieſen Herren habe ich es bisher zu thun
gehabt, und ihnen iſt eigentlich der Beweiß, daß
die Sele und der Koͤrper in einander wuͤrckten,
entgegen geſetzt. Nun komme ich auf dieieni-
gen Harmoniſten, welche zugeben, daß die Ver-
aͤnderungen im Koͤrper ohnmoͤglich geſchehen
koͤnten, wenn keine Sele vorhanden waͤre, und
daß auch die Sele nicht alle Vorſtellungen in
eben der Ordnung haben koͤnte, als ſie dieſel-
ben hervorbringet, wenn ſie mit einem Koͤrper
verbunden iſt. Dieienigen ſo dieſes behaupten,
muͤſſen zugeben, daß nicht der gantze und hin-
reichende Grund ſowol von Veraͤnderungen
der Sele als auch des Koͤrpers in beyder Kraͤf-
ten allein gefunden werden koͤnne. Alſo muͤſ-
ſen ſie zugeben, daß ein Grund davon auſſer
dem Koͤrper und der Sele vorhanden ſey Die-
ſer Grund lieget nun bey denen Veraͤnderun-
gen des Koͤrpers entweder in der Sele, oder
in dem allgemeinen Zuſammenhange aller Din-
gs, und bey denen Veraͤnderungen der Sele
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/144>, abgerufen am 03.03.2025.
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