daß sie auf das richtigste zutreffen; und ich glaube nicht daß ein Mensch seyn werde, wel- cher nicht zugeben solte, daß dieselben die Ursach solcher Veränderungen in uns wären. Fraget aber einen Artzt, woher er dieses glaube; so wird er euch folgenden Schluß hersagen: So lange der Mensch kein Gift zu sich genommen, so lange hat er keine solche innere Veränderun- gen, als mit dem Gifte verbunden sind: so bald er aber den Gift zu sich genommen, so erfolgen dieselben auch gewiß: endlich kan auch aus der Beschaffenheit der Gifte dargethan werden, wie es möglich sey, daß sie dieses oder ienes würcken können: Daraus schliessen wir, daß das Gift dieses alles würcke. Es ist dieses eben der Schluß, welchen ich oben fest gesetzt §. 21. Und hieraus erkennet man, daß nichts gemeiner sey, als sich dieses Schlusses zu be- dienen, wenn man erweisen will, daß ein Ding das andre würcke. Unter diese Art der Artz- neyen gehöret das Opium, Bilsenkraut, (Hyo- scyamus,) Maßlach, und andre mehr. Wenn man das Opium in allzu grosser Dose zu sich nimmt, so wird man dadurch in einen sehr tie- fen Schlaf gestürtzt. Da nun der Schlaf in einer Abwesenheit der Vorstellungen und Em- pfindungen, wie auch derer willkührlichen Be- wegungen bestehet; so ist nothwendig, daß bey der Würckung des Opium auch die Sele eine Veränderung leiden müsse. So lange es demnach ausgemacht ist, daß das Opium
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daß ſie auf das richtigſte zutreffen; und ich glaube nicht daß ein Menſch ſeyn werde, wel- cher nicht zugeben ſolte, daß dieſelben die Urſach ſolcher Veraͤnderungen in uns waͤren. Fraget aber einen Artzt, woher er dieſes glaube; ſo wird er euch folgenden Schluß herſagen: So lange der Menſch kein Gift zu ſich genommen, ſo lange hat er keine ſolche innere Veraͤnderun- gen, als mit dem Gifte verbunden ſind: ſo bald er aber den Gift zu ſich genommen, ſo erfolgen dieſelben auch gewiß: endlich kan auch aus der Beſchaffenheit der Gifte dargethan werden, wie es moͤglich ſey, daß ſie dieſes oder ienes wuͤrcken koͤnnen: Daraus ſchlieſſen wir, daß das Gift dieſes alles wuͤrcke. Es iſt dieſes eben der Schluß, welchen ich oben feſt geſetzt §. 21. Und hieraus erkennet man, daß nichts gemeiner ſey, als ſich dieſes Schluſſes zu be- dienen, wenn man erweiſen will, daß ein Ding das andre wuͤrcke. Unter dieſe Art der Artz- neyen gehoͤret das Opium, Bilſenkraut, (Hyo- ſcyamus,) Maßlach, und andre mehr. Wenn man das Opium in allzu groſſer Doſe zu ſich nimmt, ſo wird man dadurch in einen ſehr tie- fen Schlaf geſtuͤrtzt. Da nun der Schlaf in einer Abweſenheit der Vorſtellungen und Em- pfindungen, wie auch derer willkuͤhrlichen Be- wegungen beſtehet; ſo iſt nothwendig, daß bey der Wuͤrckung des Opium auch die Sele eine Veraͤnderung leiden muͤſſe. So lange es demnach ausgemacht iſt, daß das Opium
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daß ſie auf das richtigſte zutreffen; und ich
glaube nicht daß ein Menſch ſeyn werde, wel-
cher nicht zugeben ſolte, daß dieſelben die Urſach
ſolcher Veraͤnderungen in uns waͤren. Fraget
aber einen Artzt, woher er dieſes glaube; ſo
wird er euch folgenden Schluß herſagen: So
lange der Menſch kein Gift zu ſich genommen,
ſo lange hat er keine ſolche innere Veraͤnderun-
gen, als mit dem Gifte verbunden ſind: ſo bald
er aber den Gift zu ſich genommen, ſo erfolgen
dieſelben auch gewiß: endlich kan auch aus der
Beſchaffenheit der Gifte dargethan werden,
wie es moͤglich ſey, daß ſie dieſes oder ienes
wuͤrcken koͤnnen: Daraus ſchlieſſen wir, daß
das Gift dieſes alles wuͤrcke. Es iſt dieſes
eben der Schluß, welchen ich oben feſt geſetzt
§. 21. Und hieraus erkennet man, daß nichts
gemeiner ſey, als ſich dieſes Schluſſes zu be-
dienen, wenn man erweiſen will, daß ein Ding
das andre wuͤrcke. Unter dieſe Art der Artz-
neyen gehoͤret das Opium, Bilſenkraut, (Hyo-
ſcyamus,) Maßlach, und andre mehr. Wenn
man das Opium in allzu groſſer Doſe zu ſich
nimmt, ſo wird man dadurch in einen ſehr tie-
fen Schlaf geſtuͤrtzt. Da nun der Schlaf in
einer Abweſenheit der Vorſtellungen und Em-
pfindungen, wie auch derer willkuͤhrlichen Be-
wegungen beſtehet; ſo iſt nothwendig, daß
bey der Wuͤrckung des Opium auch die Sele
eine Veraͤnderung leiden muͤſſe. So lange
es demnach ausgemacht iſt, daß das Opium
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/121>, abgerufen am 16.02.2025.
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