habe ich so viel als mir nöthig geschienen, aus der Erfahrung bestätiget §. 34. 30. Wenn man aber dabey noch einige Bedencken haben solte, so kan ich nicht besser rathen, als man lege sich darauf Erfahrungen anzustellen. Diese sind in der That die Sache worauf hierbey al- les ankommt. Und hätten die Artzneyverstän- digen nicht so viele Gelegenheit hierzu, wer wüste ob sie nicht eben das glaubten, dessen Ge- gentheil wir hier erwiesen. Allein die Erfah- rung ist ihnen gar zu hold und sie ist auch gar zu freygebig. Welchem kan man aber wol unter beyden das meiste trauen? Dieser oder der Vernunft? Jch glaube zwar einer so viel als der andern; allein es giebt noch eine Ver- nunft, welche man mit dem Nahmen der Un- vernunft nicht belegen darf, weil sie ihren Sitz meistentheils bey Gelehrten hat. Diese sieht manche Sachen vor gantz anders an, als sie in der That sind; und von der behaupte ich, daß sie der Erfahrung nachstehen müsse.
§. 36.
Es giebt viele Artzneyen, welche, wenn man sie zu sich genommen, gewisse Veränderungen in unsern Körper hervorbringen, welche so ge- wiß erfolgen, daß man sie vorher anzuzeigen in Stande ist. Jch brauche mich nur auf die Gifte zu beruffen, das ist, auf solche Artzney- mittel, welche in unrechter Dose genommen worden, und daher Schaden anrichten. Man kan ihre Würckungen so genau bestimmen,
daß
habe ich ſo viel als mir noͤthig geſchienen, aus der Erfahrung beſtaͤtiget §. 34. 30. Wenn man aber dabey noch einige Bedencken haben ſolte, ſo kan ich nicht beſſer rathen, als man lege ſich darauf Erfahrungen anzuſtellen. Dieſe ſind in der That die Sache worauf hierbey al- les ankommt. Und haͤtten die Artzneyverſtaͤn- digen nicht ſo viele Gelegenheit hierzu, wer wuͤſte ob ſie nicht eben das glaubten, deſſen Ge- gentheil wir hier erwieſen. Allein die Erfah- rung iſt ihnen gar zu hold und ſie iſt auch gar zu freygebig. Welchem kan man aber wol unter beyden das meiſte trauen? Dieſer oder der Vernunft? Jch glaube zwar einer ſo viel als der andern; allein es giebt noch eine Ver- nunft, welche man mit dem Nahmen der Un- vernunft nicht belegen darf, weil ſie ihren Sitz meiſtentheils bey Gelehrten hat. Dieſe ſieht manche Sachen vor gantz anders an, als ſie in der That ſind; und von der behaupte ich, daß ſie der Erfahrung nachſtehen muͤſſe.
§. 36.
Es giebt viele Artzneyen, welche, wenn man ſie zu ſich genommen, gewiſſe Veraͤnderungen in unſern Koͤrper hervorbringen, welche ſo ge- wiß erfolgen, daß man ſie vorher anzuzeigen in Stande iſt. Jch brauche mich nur auf die Gifte zu beruffen, das iſt, auf ſolche Artzney- mittel, welche in unrechter Doſe genommen worden, und daher Schaden anrichten. Man kan ihre Wuͤrckungen ſo genau beſtimmen,
daß
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habe ich ſo viel als mir noͤthig geſchienen, aus
der Erfahrung beſtaͤtiget §. 34. 30. Wenn
man aber dabey noch einige Bedencken haben
ſolte, ſo kan ich nicht beſſer rathen, als man lege
ſich darauf Erfahrungen anzuſtellen. Dieſe
ſind in der That die Sache worauf hierbey al-
les ankommt. Und haͤtten die Artzneyverſtaͤn-
digen nicht ſo viele Gelegenheit hierzu, wer
wuͤſte ob ſie nicht eben das glaubten, deſſen Ge-
gentheil wir hier erwieſen. Allein die Erfah-
rung iſt ihnen gar zu hold und ſie iſt auch gar
zu freygebig. Welchem kan man aber wol
unter beyden das meiſte trauen? Dieſer oder
der Vernunft? Jch glaube zwar einer ſo viel
als der andern; allein es giebt noch eine Ver-
nunft, welche man mit dem Nahmen der Un-
vernunft nicht belegen darf, weil ſie ihren Sitz
meiſtentheils bey Gelehrten hat. Dieſe ſieht
manche Sachen vor gantz anders an, als ſie
in der That ſind; und von der behaupte ich,
daß ſie der Erfahrung nachſtehen muͤſſe.
§. 36.
Es giebt viele Artzneyen, welche, wenn man
ſie zu ſich genommen, gewiſſe Veraͤnderungen
in unſern Koͤrper hervorbringen, welche ſo ge-
wiß erfolgen, daß man ſie vorher anzuzeigen
in Stande iſt. Jch brauche mich nur auf die
Gifte zu beruffen, das iſt, auf ſolche Artzney-
mittel, welche in unrechter Doſe genommen
worden, und daher Schaden anrichten. Man
kan ihre Wuͤrckungen ſo genau beſtimmen,
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/120>, abgerufen am 03.03.2025.
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