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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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Wir wollen zu dem Ende dieienigen Verän-
derungen beybehalten, und untersuchen, welche
bey dem Menschen vorgehen, und mit S und
M beständig verbunden zu seyn scheinen. Man
verfällt am ersten auf die Bewegung des Ge-
blüts. Es ist wahr, dieses muß allemal zuge-
gen seyn, wenn eine Empfindung zugegen ist.
Denn so bald sich das Blut nicht mehr bewegt,
fallen mit denen Vorstellungen auch die Em-
pfindungen hinweg. Allein, ist es denn noth-
wendig, daß wir empfinden müssen, wenn sich
das Blut bewegt? Jst es denn nicht eine aus-
gemachte Sache, daß sich im Schlafe das
Blut bewege? Jst aber wohl in einem süssen
Schlafe einige Empfindung bey uns zugegen?
Jch übergehe die Ohnmachten mit Stillschwei-
gen, bey welchen allemal noch einige Bewegung
des Geblüts statt hat. Aber in diesem Falle
wird kein Mensch behaupten, daß man empfin-
de. Es scheinet zwar, als ob mir wegen der
Abscheidung des Nervensaftes ein Einwurf kön-
ne gemacht werden. Jch gebe auch zu, wenn
alles dasienige seine Richtigkeit hat, was man
von denen Lebensgeistern heut zu Tage behau-
ptet, daß die Abscheidung des Nervensaftes al-
lemal geschehen müsse, wenn wir empfinden.
Aber läßt sich denn der Satz auch umkehren?
Es mag noch so viel Nervensaft bey uns ab-
geschieden werden, so werden wir doch nicht
ehe empfinden, als bis uns ein Körper von
aussen berühret. Da aber A allemal seyn

muß,
G 2

Wir wollen zu dem Ende dieienigen Veraͤn-
derungen beybehalten, und unterſuchen, welche
bey dem Menſchen vorgehen, und mit S und
M beſtaͤndig verbunden zu ſeyn ſcheinen. Man
verfaͤllt am erſten auf die Bewegung des Ge-
bluͤts. Es iſt wahr, dieſes muß allemal zuge-
gen ſeyn, wenn eine Empfindung zugegen iſt.
Denn ſo bald ſich das Blut nicht mehr bewegt,
fallen mit denen Vorſtellungen auch die Em-
pfindungen hinweg. Allein, iſt es denn noth-
wendig, daß wir empfinden muͤſſen, wenn ſich
das Blut bewegt? Jſt es denn nicht eine aus-
gemachte Sache, daß ſich im Schlafe das
Blut bewege? Jſt aber wohl in einem ſuͤſſen
Schlafe einige Empfindung bey uns zugegen?
Jch uͤbergehe die Ohnmachten mit Stillſchwei-
gen, bey welchen allemal noch einige Bewegung
des Gebluͤts ſtatt hat. Aber in dieſem Falle
wird kein Menſch behaupten, daß man empfin-
de. Es ſcheinet zwar, als ob mir wegen der
Abſcheidung des Nervenſaftes ein Einwurf koͤn-
ne gemacht werden. Jch gebe auch zu, wenn
alles dasienige ſeine Richtigkeit hat, was man
von denen Lebensgeiſtern heut zu Tage behau-
ptet, daß die Abſcheidung des Nervenſaftes al-
lemal geſchehen muͤſſe, wenn wir empfinden.
Aber laͤßt ſich denn der Satz auch umkehren?
Es mag noch ſo viel Nervenſaft bey uns ab-
geſchieden werden, ſo werden wir doch nicht
ehe empfinden, als bis uns ein Koͤrper von
auſſen beruͤhret. Da aber A allemal ſeyn

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G 2
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[73/0103] Wir wollen zu dem Ende dieienigen Veraͤn- derungen beybehalten, und unterſuchen, welche bey dem Menſchen vorgehen, und mit S und M beſtaͤndig verbunden zu ſeyn ſcheinen. Man verfaͤllt am erſten auf die Bewegung des Ge- bluͤts. Es iſt wahr, dieſes muß allemal zuge- gen ſeyn, wenn eine Empfindung zugegen iſt. Denn ſo bald ſich das Blut nicht mehr bewegt, fallen mit denen Vorſtellungen auch die Em- pfindungen hinweg. Allein, iſt es denn noth- wendig, daß wir empfinden muͤſſen, wenn ſich das Blut bewegt? Jſt es denn nicht eine aus- gemachte Sache, daß ſich im Schlafe das Blut bewege? Jſt aber wohl in einem ſuͤſſen Schlafe einige Empfindung bey uns zugegen? Jch uͤbergehe die Ohnmachten mit Stillſchwei- gen, bey welchen allemal noch einige Bewegung des Gebluͤts ſtatt hat. Aber in dieſem Falle wird kein Menſch behaupten, daß man empfin- de. Es ſcheinet zwar, als ob mir wegen der Abſcheidung des Nervenſaftes ein Einwurf koͤn- ne gemacht werden. Jch gebe auch zu, wenn alles dasienige ſeine Richtigkeit hat, was man von denen Lebensgeiſtern heut zu Tage behau- ptet, daß die Abſcheidung des Nervenſaftes al- lemal geſchehen muͤſſe, wenn wir empfinden. Aber laͤßt ſich denn der Satz auch umkehren? Es mag noch ſo viel Nervenſaft bey uns ab- geſchieden werden, ſo werden wir doch nicht ehe empfinden, als bis uns ein Koͤrper von auſſen beruͤhret. Da aber A allemal ſeyn muß, G 2

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/103>, abgerufen am 24.11.2024.