drücke in die Nerven davon seyn müssen: aber wir wissen von dieser Verschiedenheit nichts Allgemeines, das zu ei- ner Regel dienen könnte.
§. 41.
Eben so wenig kann man die materiellen Jdeen der äußern Empfindungen mit den äußern sinnlichen Eindrü- cken in die Nerven, oder beyde mit den äußern Empfindun- gen der Seele vergleichen. "Die Vorstellung der rothen "Farbe hat nichts mit einem weniger gebrochenen Strahle "gemeines, der aus den sieben Theilen des ganzen Strahls "abgesondert worden ist; die optischen Grundsätze geben "noch weniger zu, daß ein Bild, welches von den Strah- "len auf einem weißen und äußerst weichen Nerven gemah- "let wird, durch einen weiten Weg, in einer vollkommenen "Finsterniß und durch einen völlig dunkeln Körper, bis "in die Gesichtshügel des Gehirns gebracht werden könne. "Es ist nichts in dem Schmerze, den das Brennen verur- "sachet, woraus sich die Seele die heftige Bewegung einer "geschwinden und feinen Materie vorstellen könne, durch "die das unmittelbare Berühren der Theilchen des Nerven "zertrennet werde. Es ist nichts in der Jdee des hohen "Tons einer Saite von bestimmter Länge, woraus die See- "le lerne, diese Saite habe in einer Secunde fünftausend "Schwünge gemachet. Auch der Geschmack lehret uns "nicht, daß die Krystalle des Meersalzes würflicht sind. "Die Bewegung, die ein Gegenstand den Sinnen mitthei- "let, wird zwar im Gehirne fortgepflanzet, allein die See- "le stellet sich diese Bewegung nicht vor, noch das Zittern "des Schalles, noch die Schläge der Lichtstrahlen, sondern "etwas von der Bewegung gänzlich Verschiedenes. Es ist "ein Gesetz vom Schöpfer selbst gegeben, daß durch gewisse "Veränderungen, die zuerst in den Nerven, hernach in dem "gemeinschaftlichen Empfindungsorte entstehen, beständig "bestimmte und neue Vorstellungen in der Secle erzeuget "werden, so daß zwar dasjenige, was wir von der Welt
"uns
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
druͤcke in die Nerven davon ſeyn muͤſſen: aber wir wiſſen von dieſer Verſchiedenheit nichts Allgemeines, das zu ei- ner Regel dienen koͤnnte.
§. 41.
Eben ſo wenig kann man die materiellen Jdeen der aͤußern Empfindungen mit den aͤußern ſinnlichen Eindruͤ- cken in die Nerven, oder beyde mit den aͤußern Empfindun- gen der Seele vergleichen. „Die Vorſtellung der rothen „Farbe hat nichts mit einem weniger gebrochenen Strahle „gemeines, der aus den ſieben Theilen des ganzen Strahls „abgeſondert worden iſt; die optiſchen Grundſaͤtze geben „noch weniger zu, daß ein Bild, welches von den Strah- „len auf einem weißen und aͤußerſt weichen Nerven gemah- „let wird, durch einen weiten Weg, in einer vollkommenen „Finſterniß und durch einen voͤllig dunkeln Koͤrper, bis „in die Geſichtshuͤgel des Gehirns gebracht werden koͤnne. „Es iſt nichts in dem Schmerze, den das Brennen verur- „ſachet, woraus ſich die Seele die heftige Bewegung einer „geſchwinden und feinen Materie vorſtellen koͤnne, durch „die das unmittelbare Beruͤhren der Theilchen des Nerven „zertrennet werde. Es iſt nichts in der Jdee des hohen „Tons einer Saite von beſtimmter Laͤnge, woraus die See- „le lerne, dieſe Saite habe in einer Secunde fuͤnftauſend „Schwuͤnge gemachet. Auch der Geſchmack lehret uns „nicht, daß die Kryſtalle des Meerſalzes wuͤrflicht ſind. „Die Bewegung, die ein Gegenſtand den Sinnen mitthei- „let, wird zwar im Gehirne fortgepflanzet, allein die See- „le ſtellet ſich dieſe Bewegung nicht vor, noch das Zittern „des Schalles, noch die Schlaͤge der Lichtſtrahlen, ſondern „etwas von der Bewegung gaͤnzlich Verſchiedenes. Es iſt „ein Geſetz vom Schoͤpfer ſelbſt gegeben, daß durch gewiſſe „Veraͤnderungen, die zuerſt in den Nerven, hernach in dem „gemeinſchaftlichen Empfindungsorte entſtehen, beſtaͤndig „beſtimmte und neue Vorſtellungen in der Secle erzeuget „werden, ſo daß zwar dasjenige, was wir von der Welt
„uns
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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
druͤcke in die Nerven davon ſeyn muͤſſen: aber wir wiſſen
von dieſer Verſchiedenheit nichts Allgemeines, das zu ei-
ner Regel dienen koͤnnte.
§. 41.
Eben ſo wenig kann man die materiellen Jdeen der
aͤußern Empfindungen mit den aͤußern ſinnlichen Eindruͤ-
cken in die Nerven, oder beyde mit den aͤußern Empfindun-
gen der Seele vergleichen. „Die Vorſtellung der rothen
„Farbe hat nichts mit einem weniger gebrochenen Strahle
„gemeines, der aus den ſieben Theilen des ganzen Strahls
„abgeſondert worden iſt; die optiſchen Grundſaͤtze geben
„noch weniger zu, daß ein Bild, welches von den Strah-
„len auf einem weißen und aͤußerſt weichen Nerven gemah-
„let wird, durch einen weiten Weg, in einer vollkommenen
„Finſterniß und durch einen voͤllig dunkeln Koͤrper, bis
„in die Geſichtshuͤgel des Gehirns gebracht werden koͤnne.
„Es iſt nichts in dem Schmerze, den das Brennen verur-
„ſachet, woraus ſich die Seele die heftige Bewegung einer
„geſchwinden und feinen Materie vorſtellen koͤnne, durch
„die das unmittelbare Beruͤhren der Theilchen des Nerven
„zertrennet werde. Es iſt nichts in der Jdee des hohen
„Tons einer Saite von beſtimmter Laͤnge, woraus die See-
„le lerne, dieſe Saite habe in einer Secunde fuͤnftauſend
„Schwuͤnge gemachet. Auch der Geſchmack lehret uns
„nicht, daß die Kryſtalle des Meerſalzes wuͤrflicht ſind.
„Die Bewegung, die ein Gegenſtand den Sinnen mitthei-
„let, wird zwar im Gehirne fortgepflanzet, allein die See-
„le ſtellet ſich dieſe Bewegung nicht vor, noch das Zittern
„des Schalles, noch die Schlaͤge der Lichtſtrahlen, ſondern
„etwas von der Bewegung gaͤnzlich Verſchiedenes. Es iſt
„ein Geſetz vom Schoͤpfer ſelbſt gegeben, daß durch gewiſſe
„Veraͤnderungen, die zuerſt in den Nerven, hernach in dem
„gemeinſchaftlichen Empfindungsorte entſtehen, beſtaͤndig
„beſtimmte und neue Vorſtellungen in der Secle erzeuget
„werden, ſo daß zwar dasjenige, was wir von der Welt
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/82>, abgerufen am 25.11.2024.
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