Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Verfall der thierischen Maschinen vermehret werden, §.
136 -- 139. so erkläret dieses das natürliche Unvermö-
gen alter Leute ihre Entschlüsse auszuführen, und die Unbe-
hendigkeit ihrer überlegten Handlungen. Was endlich die
ursprünglichen innern sinnlichen Eindrücke ohne Vorstellun-
gen betrifft, so werden die Nervenwirkungen derselben eben-
falls, sie mögen nun zugleich Seelenwirkungen von Vor-
stellungen seyn, oder nicht, durch öftere Wiederholung, §.
501. und durch die nach und nach überhand nehmenden
natürlichen Hindernisse ihrer Nervenkräfte geschwächet und
vermindert; §. 499. 500. daher besonders bey alten Leu-
ten die Bewegung des Herzens, die Verdauung der Spei-
sen und das Athemholen, welche hauptsächlich durch den
Beystand solcher ursprünglicher innerer sinnlicher Eindrü-
cke in ihrer Stetigkeit und natürlichen Ordnung erhalten
zu werden scheinen, §. 515. 524. 532. öftere Unterbre-
chungen leiden und in Unordnung gerathen.

§. 702.

Da nun im Alter alle Arten thierischer Kräfte, wo-
durch sowohl unbeseelte, als blos sinnliche und vernünftige
Thiere von Natur regieret werden, in Verfall gerathen
und gehindert werden, §. 701. so besteht endlich Allen na-
türlicher Weise ihr Untergang bevor, und jedes Thier ist
nach der Periode seiner Vollkommenheit, durch seine An-
lage selbst, natürlich sterblich. Man erkennt die natür-
liche Nothwendigkeit dieser Unterbrechung des thierischen
Lebens nicht blos aus den Gesetzen der eigentlichen thieri-
schen Oeconomie der Natur, sondern man hat sie von ent-
ferntern physischen und mechanischen Ursachen herzuleiten,
die nach und nach theils die Strucktur der thierischen Ma-
schinen unmerklich verderben, theils die natürliche Wirkung
ihrer Kräfte in ihnen selbst und in den mechanischen Ma-
schinen auf eine uns verborgene Art mehr und mehr hin-
dern, §. 700. wovon man das, was die Naturforscher
entdecket haben, lehren und muthmaßen, in der Physio-

logie

III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Verfall der thieriſchen Maſchinen vermehret werden, §.
136 — 139. ſo erklaͤret dieſes das natuͤrliche Unvermoͤ-
gen alter Leute ihre Entſchluͤſſe auszufuͤhren, und die Unbe-
hendigkeit ihrer uͤberlegten Handlungen. Was endlich die
urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellun-
gen betrifft, ſo werden die Nervenwirkungen derſelben eben-
falls, ſie moͤgen nun zugleich Seelenwirkungen von Vor-
ſtellungen ſeyn, oder nicht, durch oͤftere Wiederholung, §.
501. und durch die nach und nach uͤberhand nehmenden
natuͤrlichen Hinderniſſe ihrer Nervenkraͤfte geſchwaͤchet und
vermindert; §. 499. 500. daher beſonders bey alten Leu-
ten die Bewegung des Herzens, die Verdauung der Spei-
ſen und das Athemholen, welche hauptſaͤchlich durch den
Beyſtand ſolcher urſpruͤnglicher innerer ſinnlicher Eindruͤ-
cke in ihrer Stetigkeit und natuͤrlichen Ordnung erhalten
zu werden ſcheinen, §. 515. 524. 532. oͤftere Unterbre-
chungen leiden und in Unordnung gerathen.

§. 702.

Da nun im Alter alle Arten thieriſcher Kraͤfte, wo-
durch ſowohl unbeſeelte, als blos ſinnliche und vernuͤnftige
Thiere von Natur regieret werden, in Verfall gerathen
und gehindert werden, §. 701. ſo beſteht endlich Allen na-
tuͤrlicher Weiſe ihr Untergang bevor, und jedes Thier iſt
nach der Periode ſeiner Vollkommenheit, durch ſeine An-
lage ſelbſt, natuͤrlich ſterblich. Man erkennt die natuͤr-
liche Nothwendigkeit dieſer Unterbrechung des thieriſchen
Lebens nicht blos aus den Geſetzen der eigentlichen thieri-
ſchen Oeconomie der Natur, ſondern man hat ſie von ent-
ferntern phyſiſchen und mechaniſchen Urſachen herzuleiten,
die nach und nach theils die Strucktur der thieriſchen Ma-
ſchinen unmerklich verderben, theils die natuͤrliche Wirkung
ihrer Kraͤfte in ihnen ſelbſt und in den mechaniſchen Ma-
ſchinen auf eine uns verborgene Art mehr und mehr hin-
dern, §. 700. wovon man das, was die Naturforſcher
entdecket haben, lehren und muthmaßen, in der Phyſio-

logie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0734" n="710"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III</hi> Th. Natur der Thiere im Ganzen.</hi></fw><lb/>
Verfall der thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen vermehret werden, §.<lb/>
136 &#x2014; 139. &#x017F;o erkla&#x0364;ret die&#x017F;es das natu&#x0364;rliche Unvermo&#x0364;-<lb/>
gen alter Leute ihre Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e auszufu&#x0364;hren, und die Unbe-<lb/>
hendigkeit ihrer u&#x0364;berlegten Handlungen. Was endlich die<lb/>
ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen innern &#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cke ohne Vor&#x017F;tellun-<lb/>
gen betrifft, &#x017F;o werden die Nervenwirkungen der&#x017F;elben eben-<lb/>
falls, &#x017F;ie mo&#x0364;gen nun zugleich Seelenwirkungen von Vor-<lb/>
&#x017F;tellungen &#x017F;eyn, oder nicht, durch o&#x0364;ftere Wiederholung, §.<lb/>
501. und durch die nach und nach u&#x0364;berhand nehmenden<lb/>
natu&#x0364;rlichen Hinderni&#x017F;&#x017F;e ihrer Nervenkra&#x0364;fte ge&#x017F;chwa&#x0364;chet und<lb/>
vermindert; §. 499. 500. daher be&#x017F;onders bey alten Leu-<lb/>
ten die Bewegung des Herzens, die Verdauung der Spei-<lb/>
&#x017F;en und das Athemholen, welche haupt&#x017F;a&#x0364;chlich durch den<lb/>
Bey&#x017F;tand &#x017F;olcher ur&#x017F;pru&#x0364;nglicher innerer &#x017F;innlicher Eindru&#x0364;-<lb/>
cke in ihrer Stetigkeit und natu&#x0364;rlichen Ordnung erhalten<lb/>
zu werden &#x017F;cheinen, §. 515. 524. 532. o&#x0364;ftere Unterbre-<lb/>
chungen leiden und in Unordnung gerathen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 702.</head><lb/>
            <p>Da nun im Alter alle Arten thieri&#x017F;cher Kra&#x0364;fte, wo-<lb/>
durch &#x017F;owohl unbe&#x017F;eelte, als blos &#x017F;innliche und vernu&#x0364;nftige<lb/>
Thiere von Natur regieret werden, in Verfall gerathen<lb/>
und gehindert werden, §. 701. &#x017F;o be&#x017F;teht endlich Allen na-<lb/>
tu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e ihr Untergang bevor, und jedes Thier i&#x017F;t<lb/>
nach der Periode &#x017F;einer Vollkommenheit, durch &#x017F;eine An-<lb/>
lage &#x017F;elb&#x017F;t, <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rlich &#x017F;terblich.</hi> Man erkennt die natu&#x0364;r-<lb/>
liche Nothwendigkeit die&#x017F;er Unterbrechung des thieri&#x017F;chen<lb/>
Lebens nicht blos aus den Ge&#x017F;etzen der eigentlichen thieri-<lb/>
&#x017F;chen Oeconomie der Natur, &#x017F;ondern man hat &#x017F;ie von ent-<lb/>
ferntern phy&#x017F;i&#x017F;chen und mechani&#x017F;chen Ur&#x017F;achen herzuleiten,<lb/>
die nach und nach theils die Strucktur der thieri&#x017F;chen Ma-<lb/>
&#x017F;chinen unmerklich verderben, theils die natu&#x0364;rliche Wirkung<lb/>
ihrer Kra&#x0364;fte in ihnen &#x017F;elb&#x017F;t und in den mechani&#x017F;chen Ma-<lb/>
&#x017F;chinen auf eine uns verborgene Art mehr und mehr hin-<lb/>
dern, §. 700. wovon man das, was die Naturfor&#x017F;cher<lb/>
entdecket haben, lehren und muthmaßen, in der Phy&#x017F;io-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">logie</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[710/0734] III Th. Natur der Thiere im Ganzen. Verfall der thieriſchen Maſchinen vermehret werden, §. 136 — 139. ſo erklaͤret dieſes das natuͤrliche Unvermoͤ- gen alter Leute ihre Entſchluͤſſe auszufuͤhren, und die Unbe- hendigkeit ihrer uͤberlegten Handlungen. Was endlich die urſpruͤnglichen innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellun- gen betrifft, ſo werden die Nervenwirkungen derſelben eben- falls, ſie moͤgen nun zugleich Seelenwirkungen von Vor- ſtellungen ſeyn, oder nicht, durch oͤftere Wiederholung, §. 501. und durch die nach und nach uͤberhand nehmenden natuͤrlichen Hinderniſſe ihrer Nervenkraͤfte geſchwaͤchet und vermindert; §. 499. 500. daher beſonders bey alten Leu- ten die Bewegung des Herzens, die Verdauung der Spei- ſen und das Athemholen, welche hauptſaͤchlich durch den Beyſtand ſolcher urſpruͤnglicher innerer ſinnlicher Eindruͤ- cke in ihrer Stetigkeit und natuͤrlichen Ordnung erhalten zu werden ſcheinen, §. 515. 524. 532. oͤftere Unterbre- chungen leiden und in Unordnung gerathen. §. 702. Da nun im Alter alle Arten thieriſcher Kraͤfte, wo- durch ſowohl unbeſeelte, als blos ſinnliche und vernuͤnftige Thiere von Natur regieret werden, in Verfall gerathen und gehindert werden, §. 701. ſo beſteht endlich Allen na- tuͤrlicher Weiſe ihr Untergang bevor, und jedes Thier iſt nach der Periode ſeiner Vollkommenheit, durch ſeine An- lage ſelbſt, natuͤrlich ſterblich. Man erkennt die natuͤr- liche Nothwendigkeit dieſer Unterbrechung des thieriſchen Lebens nicht blos aus den Geſetzen der eigentlichen thieri- ſchen Oeconomie der Natur, ſondern man hat ſie von ent- ferntern phyſiſchen und mechaniſchen Urſachen herzuleiten, die nach und nach theils die Strucktur der thieriſchen Ma- ſchinen unmerklich verderben, theils die natuͤrliche Wirkung ihrer Kraͤfte in ihnen ſelbſt und in den mechaniſchen Ma- ſchinen auf eine uns verborgene Art mehr und mehr hin- dern, §. 700. wovon man das, was die Naturforſcher entdecket haben, lehren und muthmaßen, in der Phyſio- logie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/734
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/734>, abgerufen am 23.11.2024.