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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
"austreten sehen.) Jm Einathmen geschieht von diesem
"allen das Gegentheil. Es wird das große und kleine Ge-
"hirn alsdann kleiner, es sinkt nieder, fällt ein, und wird
"gleichsam von der Wunde der Hirnschale verschlungen,
"welches sich alsdann noch deutlicher zeiget, wenn man die
"gebundene Luftröhre wieder auflößt. Die Ursache von
"diesen Erscheinungen ist in keine Dunkelheiten eingehüllet.
"Es wird nämlich das Blut durch die Drosselblutadern im
"Ausathmen offenbar zurückgetrieben, und es steigt solches
"gegen den Kopf in die Höhe: dahingegen sinkt es im Ein-
"athmen durch eben diese Blutader herab, und nähert sich
"dem Herzen. Wenn man daher die Schlag- und Blut-
"adern des Kopfs durchschneidet oder unterbindet, so wird
"diese Bewegung gehemmet, und es wächset durch das von
"der Hohlader hinauf gespritzte Blut, oder auch wenn die
"Brust zusammengedrücket wird, oder wenn das Athem-
"holen beschwerlich fällt, die Bewegung des Gehirns grös-
"ser. Es kann zwar diese Erscheinung in einem Thiere,
"das noch lebet, und eine ganze Hirnschale hat, sich nicht
"bis dahin erstrecken, daß sich das Gehirn wirklich bewe-
"gen sollte: aber es ist doch auch kein Zweifel, daß sich
"nicht das Blutaderblut in den Blutadern des Kopfes und
"des Gehirns stärker anhäufen könnte, und daß sich die
"Blutadern insgesammt ausdehnen und alles dasjenige zu-
"sammendrücken können sollten, was sich zwischen den auf-
"geschwollenen Blutadern befindet. Man hat diese wech-
"selsweise Bewegung des Gehirns schon in den ältesten
"Zeiten, und seitdem zum öftern beobachtet. Die alten
"Aerzte glaubten, daß sie von der Luft, die beym Athem-
"holen mit ins Gehirn dränge, herrührete, wozu doch nir-
"gends Wege vorhanden sind. Einige Neuere schrieben
"sie der harten Gehirnhaut, als einer reizbaren Bekleidung,
"zu, welche sich zusammenziehen könne. Man glaubte
"nämlich, es habe diese Haut, wenn man sie mit einem
"scharfen Safte berühre, die Kraft sich zurück zu ziehen,
"und sich auf eben die Art zu verkürzen, wie man an dem

"Fleische

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
„austreten ſehen.) Jm Einathmen geſchieht von dieſem
„allen das Gegentheil. Es wird das große und kleine Ge-
„hirn alsdann kleiner, es ſinkt nieder, faͤllt ein, und wird
„gleichſam von der Wunde der Hirnſchale verſchlungen,
„welches ſich alsdann noch deutlicher zeiget, wenn man die
„gebundene Luftroͤhre wieder aufloͤßt. Die Urſache von
„dieſen Erſcheinungen iſt in keine Dunkelheiten eingehuͤllet.
„Es wird naͤmlich das Blut durch die Droſſelblutadern im
„Ausathmen offenbar zuruͤckgetrieben, und es ſteigt ſolches
„gegen den Kopf in die Hoͤhe: dahingegen ſinkt es im Ein-
„athmen durch eben dieſe Blutader herab, und naͤhert ſich
„dem Herzen. Wenn man daher die Schlag- und Blut-
„adern des Kopfs durchſchneidet oder unterbindet, ſo wird
„dieſe Bewegung gehemmet, und es waͤchſet durch das von
„der Hohlader hinauf geſpritzte Blut, oder auch wenn die
„Bruſt zuſammengedruͤcket wird, oder wenn das Athem-
„holen beſchwerlich faͤllt, die Bewegung des Gehirns groͤſ-
„ſer. Es kann zwar dieſe Erſcheinung in einem Thiere,
„das noch lebet, und eine ganze Hirnſchale hat, ſich nicht
„bis dahin erſtrecken, daß ſich das Gehirn wirklich bewe-
„gen ſollte: aber es iſt doch auch kein Zweifel, daß ſich
„nicht das Blutaderblut in den Blutadern des Kopfes und
„des Gehirns ſtaͤrker anhaͤufen koͤnnte, und daß ſich die
„Blutadern insgeſammt ausdehnen und alles dasjenige zu-
„ſammendruͤcken koͤnnen ſollten, was ſich zwiſchen den auf-
„geſchwollenen Blutadern befindet. Man hat dieſe wech-
„ſelsweiſe Bewegung des Gehirns ſchon in den aͤlteſten
„Zeiten, und ſeitdem zum oͤftern beobachtet. Die alten
„Aerzte glaubten, daß ſie von der Luft, die beym Athem-
„holen mit ins Gehirn draͤnge, herruͤhrete, wozu doch nir-
„gends Wege vorhanden ſind. Einige Neuere ſchrieben
„ſie der harten Gehirnhaut, als einer reizbaren Bekleidung,
„zu, welche ſich zuſammenziehen koͤnne. Man glaubte
„naͤmlich, es habe dieſe Haut, wenn man ſie mit einem
„ſcharfen Safte beruͤhre, die Kraft ſich zuruͤck zu ziehen,
„und ſich auf eben die Art zu verkuͤrzen, wie man an dem

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[38/0062] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. „austreten ſehen.) Jm Einathmen geſchieht von dieſem „allen das Gegentheil. Es wird das große und kleine Ge- „hirn alsdann kleiner, es ſinkt nieder, faͤllt ein, und wird „gleichſam von der Wunde der Hirnſchale verſchlungen, „welches ſich alsdann noch deutlicher zeiget, wenn man die „gebundene Luftroͤhre wieder aufloͤßt. Die Urſache von „dieſen Erſcheinungen iſt in keine Dunkelheiten eingehuͤllet. „Es wird naͤmlich das Blut durch die Droſſelblutadern im „Ausathmen offenbar zuruͤckgetrieben, und es ſteigt ſolches „gegen den Kopf in die Hoͤhe: dahingegen ſinkt es im Ein- „athmen durch eben dieſe Blutader herab, und naͤhert ſich „dem Herzen. Wenn man daher die Schlag- und Blut- „adern des Kopfs durchſchneidet oder unterbindet, ſo wird „dieſe Bewegung gehemmet, und es waͤchſet durch das von „der Hohlader hinauf geſpritzte Blut, oder auch wenn die „Bruſt zuſammengedruͤcket wird, oder wenn das Athem- „holen beſchwerlich faͤllt, die Bewegung des Gehirns groͤſ- „ſer. Es kann zwar dieſe Erſcheinung in einem Thiere, „das noch lebet, und eine ganze Hirnſchale hat, ſich nicht „bis dahin erſtrecken, daß ſich das Gehirn wirklich bewe- „gen ſollte: aber es iſt doch auch kein Zweifel, daß ſich „nicht das Blutaderblut in den Blutadern des Kopfes und „des Gehirns ſtaͤrker anhaͤufen koͤnnte, und daß ſich die „Blutadern insgeſammt ausdehnen und alles dasjenige zu- „ſammendruͤcken koͤnnen ſollten, was ſich zwiſchen den auf- „geſchwollenen Blutadern befindet. Man hat dieſe wech- „ſelsweiſe Bewegung des Gehirns ſchon in den aͤlteſten „Zeiten, und ſeitdem zum oͤftern beobachtet. Die alten „Aerzte glaubten, daß ſie von der Luft, die beym Athem- „holen mit ins Gehirn draͤnge, herruͤhrete, wozu doch nir- „gends Wege vorhanden ſind. Einige Neuere ſchrieben „ſie der harten Gehirnhaut, als einer reizbaren Bekleidung, „zu, welche ſich zuſammenziehen koͤnne. Man glaubte „naͤmlich, es habe dieſe Haut, wenn man ſie mit einem „ſcharfen Safte beruͤhre, die Kraft ſich zuruͤck zu ziehen, „und ſich auf eben die Art zu verkuͤrzen, wie man an dem „Fleiſche

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/62>, abgerufen am 22.11.2024.