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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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2 Abschn. Ersetz. der Nervenw. durch Seelenw.
den er verursachet, es sey nun mittelbar, oder zufällig
durch Erregung eines Triebes, verursachen würde? Wahr-
scheinlich ist es allerdings, da ein gesunder Frosch auch ent-
springt, wenn er den Schmerz von der gequetschten Zehe
empfindet. Allein ist darum in diesem letzten Falle der
Sprung nothwendig eine Seelenwirkung vom Schmerze?
Er wird ja als eine mittelbare Nervenwirkung von dem
äußern sinnlichen Eindrucke, der diesen Schmerz machet,
schon allein hervorgebracht: und ob er gleich zugleich als
eine Seelenwirkung seiner Empfindung entstehen kann, §.
364. so ist doch damit noch nicht erwiesen, daß er im letz-
ten Falle von beyden thierischen Kräften zugleich gewirket
werde. Man müßte also darthun, daß eben derselbe äu-
ßere sinnliche Eindruck, (die Quetschung der Zehe,) durch
seine Empfindung dieselbe thierische Bewegung, (den
Sprung) verursachen könne, obgleich der erste den letzten
nicht zugleich als seine mittelbare Nervenwirkung erregete.
Wie soll man aber nun einen solchen Fall veranstalten?
Alles, was den äußern sinnlichen Eindruck hindert, seine
mittelbare Nervenwirkung zu thun, hindert ihn auch, theils
empfunden zu werden, theils wenn er auch empfunden wür-
de, dieselbe thierische Bewegung als Seelenwirkung seiner
Empfindung hervorzubringen. §. 422. 134. Auch ist es
unmöglich die äußere Empfindung ohne den äußern sinnli-
chen Eindruck in die Seele zu bringen, §. 35. und also
scheint es eine unerweisliche Sache zu seyn, daß eine mit-
telbare Nervenwirkung eines äußern sinnlichen Eindrucks
durch die äußere Empfindung desselben zugleich als Seelen-
wirkung verursachet, oder ersetzet werden könne, und daß
also der Schmerz von der Quetschung der Zehe den Frosch
allein zu dem Sprunge nöthigen würde, den er durch die
mittelbare Nervenwirkung des äußern sinnlichen Eindrucks,
welcher den Schmerz erreget, thun muß. Sind also wohl
diese dafür gehaltenen unmittelbaren oder zufälligen See-
lenwirkungen der äußern Empfindungen vielleicht keine
wahren Seelenwirkungen, sondern nur blos mittelbare

Nerven-

2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw.
den er verurſachet, es ſey nun mittelbar, oder zufaͤllig
durch Erregung eines Triebes, verurſachen wuͤrde? Wahr-
ſcheinlich iſt es allerdings, da ein geſunder Froſch auch ent-
ſpringt, wenn er den Schmerz von der gequetſchten Zehe
empfindet. Allein iſt darum in dieſem letzten Falle der
Sprung nothwendig eine Seelenwirkung vom Schmerze?
Er wird ja als eine mittelbare Nervenwirkung von dem
aͤußern ſinnlichen Eindrucke, der dieſen Schmerz machet,
ſchon allein hervorgebracht: und ob er gleich zugleich als
eine Seelenwirkung ſeiner Empfindung entſtehen kann, §.
364. ſo iſt doch damit noch nicht erwieſen, daß er im letz-
ten Falle von beyden thieriſchen Kraͤften zugleich gewirket
werde. Man muͤßte alſo darthun, daß eben derſelbe aͤu-
ßere ſinnliche Eindruck, (die Quetſchung der Zehe,) durch
ſeine Empfindung dieſelbe thieriſche Bewegung, (den
Sprung) verurſachen koͤnne, obgleich der erſte den letzten
nicht zugleich als ſeine mittelbare Nervenwirkung erregete.
Wie ſoll man aber nun einen ſolchen Fall veranſtalten?
Alles, was den aͤußern ſinnlichen Eindruck hindert, ſeine
mittelbare Nervenwirkung zu thun, hindert ihn auch, theils
empfunden zu werden, theils wenn er auch empfunden wuͤr-
de, dieſelbe thieriſche Bewegung als Seelenwirkung ſeiner
Empfindung hervorzubringen. §. 422. 134. Auch iſt es
unmoͤglich die aͤußere Empfindung ohne den aͤußern ſinnli-
chen Eindruck in die Seele zu bringen, §. 35. und alſo
ſcheint es eine unerweisliche Sache zu ſeyn, daß eine mit-
telbare Nervenwirkung eines aͤußern ſinnlichen Eindrucks
durch die aͤußere Empfindung deſſelben zugleich als Seelen-
wirkung verurſachet, oder erſetzet werden koͤnne, und daß
alſo der Schmerz von der Quetſchung der Zehe den Froſch
allein zu dem Sprunge noͤthigen wuͤrde, den er durch die
mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks,
welcher den Schmerz erreget, thun muß. Sind alſo wohl
dieſe dafuͤr gehaltenen unmittelbaren oder zufaͤlligen See-
lenwirkungen der aͤußern Empfindungen vielleicht keine
wahren Seelenwirkungen, ſondern nur blos mittelbare

Nerven-
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[591/0615] 2 Abſchn. Erſetz. der Nervenw. durch Seelenw. den er verurſachet, es ſey nun mittelbar, oder zufaͤllig durch Erregung eines Triebes, verurſachen wuͤrde? Wahr- ſcheinlich iſt es allerdings, da ein geſunder Froſch auch ent- ſpringt, wenn er den Schmerz von der gequetſchten Zehe empfindet. Allein iſt darum in dieſem letzten Falle der Sprung nothwendig eine Seelenwirkung vom Schmerze? Er wird ja als eine mittelbare Nervenwirkung von dem aͤußern ſinnlichen Eindrucke, der dieſen Schmerz machet, ſchon allein hervorgebracht: und ob er gleich zugleich als eine Seelenwirkung ſeiner Empfindung entſtehen kann, §. 364. ſo iſt doch damit noch nicht erwieſen, daß er im letz- ten Falle von beyden thieriſchen Kraͤften zugleich gewirket werde. Man muͤßte alſo darthun, daß eben derſelbe aͤu- ßere ſinnliche Eindruck, (die Quetſchung der Zehe,) durch ſeine Empfindung dieſelbe thieriſche Bewegung, (den Sprung) verurſachen koͤnne, obgleich der erſte den letzten nicht zugleich als ſeine mittelbare Nervenwirkung erregete. Wie ſoll man aber nun einen ſolchen Fall veranſtalten? Alles, was den aͤußern ſinnlichen Eindruck hindert, ſeine mittelbare Nervenwirkung zu thun, hindert ihn auch, theils empfunden zu werden, theils wenn er auch empfunden wuͤr- de, dieſelbe thieriſche Bewegung als Seelenwirkung ſeiner Empfindung hervorzubringen. §. 422. 134. Auch iſt es unmoͤglich die aͤußere Empfindung ohne den aͤußern ſinnli- chen Eindruck in die Seele zu bringen, §. 35. und alſo ſcheint es eine unerweisliche Sache zu ſeyn, daß eine mit- telbare Nervenwirkung eines aͤußern ſinnlichen Eindrucks durch die aͤußere Empfindung deſſelben zugleich als Seelen- wirkung verurſachet, oder erſetzet werden koͤnne, und daß alſo der Schmerz von der Quetſchung der Zehe den Froſch allein zu dem Sprunge noͤthigen wuͤrde, den er durch die mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks, welcher den Schmerz erreget, thun muß. Sind alſo wohl dieſe dafuͤr gehaltenen unmittelbaren oder zufaͤlligen See- lenwirkungen der aͤußern Empfindungen vielleicht keine wahren Seelenwirkungen, ſondern nur blos mittelbare Nerven-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/615>, abgerufen am 24.11.2024.