nischen Maschinen, unabhänglich von äußern sinnlichen Eindrücken; daher sie auch keinesweges durch die Nerven- kräfte derselben anders als zufälliger Weise, vielleicht zwar einzeln, aber nicht in der Ordnung, wie sie die Seele in den mechanischen Maschinen hervorbringt, als Nerven- wirkungen ersetzet werden können, noch der Erfahrung zu Folge ersetzet werden. §. 574 -- 576.
3. Diese Abhänglichkeit und Unabhänglichkeit der ver- schiedenen Arten von Vorstellungen, Lust, Unlust, Be- gierden und Verabscheuungen von den sie veranlassenden äußern sinnlichen Eindrücken, hat zu dem seltsamen Jrr- thume selbst sonst großer Leute die Veranlassung gegeben, daß sie den Sitz der äußern Empfindungen, der sinnlichen Lust und Unlust, der sinnlichen Triebe und der niedern Lei- denschaften, die sich nach Art der Triebe zunächst aus den äußern Empfindungen oder deren sinnlichen Eindrücken ent- wickeln, in den Körper, hingegen den von sinnlich will- kührlichen, von den Vorstellungen des Verstandes, von den Bewegungsgründen, von den höhern Leidenschaften und von den Begierden und Verabscheuungen des Willens, in die Seele verleget haben. Man sieht die Veranlassung des Jrrthums so deutlich, daß sie keiner weitern Erklä- rung bedarf. Noch weniger verdienet er selbst eine Wider- legung. Alles, was Vorstellung, Bewußtseyn, Gedanke ist, ist in der Seele. Die äußern Empfindungen sind Vorstellungen der äußern sinnlichen Eindrücke in die Ner- ven; alle sinnliche Vorstellungen sind nur Wiederholungen oder Vorempfindungen derselben; das Gefühl der Seele von dem, was in einer sinnlichen Vorstellung angenehm oder unangenehm ist, ist ihre sinnliche Lust oder Unlust; hieraus entwickeln sich ihre sinnlichen Begierden, Triebe und Leidenschaften, und wenn gleich dieß alles unter dem Zwange der äußern sinnlichen Eindrücke geschieht; so ist es doch immer die Seele, in der diese Vorstellungen, Lüste und Begierden erzwungen werden. Also sind diese eben so gewiß in ihr, als die willkührlichsten sinnlichen Vorstellun-
gen
II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
niſchen Maſchinen, unabhaͤnglich von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken; daher ſie auch keinesweges durch die Nerven- kraͤfte derſelben anders als zufaͤlliger Weiſe, vielleicht zwar einzeln, aber nicht in der Ordnung, wie ſie die Seele in den mechaniſchen Maſchinen hervorbringt, als Nerven- wirkungen erſetzet werden koͤnnen, noch der Erfahrung zu Folge erſetzet werden. §. 574 — 576.
3. Dieſe Abhaͤnglichkeit und Unabhaͤnglichkeit der ver- ſchiedenen Arten von Vorſtellungen, Luſt, Unluſt, Be- gierden und Verabſcheuungen von den ſie veranlaſſenden aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, hat zu dem ſeltſamen Jrr- thume ſelbſt ſonſt großer Leute die Veranlaſſung gegeben, daß ſie den Sitz der aͤußern Empfindungen, der ſinnlichen Luſt und Unluſt, der ſinnlichen Triebe und der niedern Lei- denſchaften, die ſich nach Art der Triebe zunaͤchſt aus den aͤußern Empfindungen oder deren ſinnlichen Eindruͤcken ent- wickeln, in den Koͤrper, hingegen den von ſinnlich will- kuͤhrlichen, von den Vorſtellungen des Verſtandes, von den Bewegungsgruͤnden, von den hoͤhern Leidenſchaften und von den Begierden und Verabſcheuungen des Willens, in die Seele verleget haben. Man ſieht die Veranlaſſung des Jrrthums ſo deutlich, daß ſie keiner weitern Erklaͤ- rung bedarf. Noch weniger verdienet er ſelbſt eine Wider- legung. Alles, was Vorſtellung, Bewußtſeyn, Gedanke iſt, iſt in der Seele. Die aͤußern Empfindungen ſind Vorſtellungen der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke in die Ner- ven; alle ſinnliche Vorſtellungen ſind nur Wiederholungen oder Vorempfindungen derſelben; das Gefuͤhl der Seele von dem, was in einer ſinnlichen Vorſtellung angenehm oder unangenehm iſt, iſt ihre ſinnliche Luſt oder Unluſt; hieraus entwickeln ſich ihre ſinnlichen Begierden, Triebe und Leidenſchaften, und wenn gleich dieß alles unter dem Zwange der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke geſchieht; ſo iſt es doch immer die Seele, in der dieſe Vorſtellungen, Luͤſte und Begierden erzwungen werden. Alſo ſind dieſe eben ſo gewiß in ihr, als die willkuͤhrlichſten ſinnlichen Vorſtellun-
gen
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[586/0610]
II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
niſchen Maſchinen, unabhaͤnglich von aͤußern ſinnlichen
Eindruͤcken; daher ſie auch keinesweges durch die Nerven-
kraͤfte derſelben anders als zufaͤlliger Weiſe, vielleicht zwar
einzeln, aber nicht in der Ordnung, wie ſie die Seele in
den mechaniſchen Maſchinen hervorbringt, als Nerven-
wirkungen erſetzet werden koͤnnen, noch der Erfahrung zu
Folge erſetzet werden. §. 574 — 576.
3. Dieſe Abhaͤnglichkeit und Unabhaͤnglichkeit der ver-
ſchiedenen Arten von Vorſtellungen, Luſt, Unluſt, Be-
gierden und Verabſcheuungen von den ſie veranlaſſenden
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, hat zu dem ſeltſamen Jrr-
thume ſelbſt ſonſt großer Leute die Veranlaſſung gegeben,
daß ſie den Sitz der aͤußern Empfindungen, der ſinnlichen
Luſt und Unluſt, der ſinnlichen Triebe und der niedern Lei-
denſchaften, die ſich nach Art der Triebe zunaͤchſt aus den
aͤußern Empfindungen oder deren ſinnlichen Eindruͤcken ent-
wickeln, in den Koͤrper, hingegen den von ſinnlich will-
kuͤhrlichen, von den Vorſtellungen des Verſtandes, von
den Bewegungsgruͤnden, von den hoͤhern Leidenſchaften
und von den Begierden und Verabſcheuungen des Willens,
in die Seele verleget haben. Man ſieht die Veranlaſſung
des Jrrthums ſo deutlich, daß ſie keiner weitern Erklaͤ-
rung bedarf. Noch weniger verdienet er ſelbſt eine Wider-
legung. Alles, was Vorſtellung, Bewußtſeyn, Gedanke
iſt, iſt in der Seele. Die aͤußern Empfindungen ſind
Vorſtellungen der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke in die Ner-
ven; alle ſinnliche Vorſtellungen ſind nur Wiederholungen
oder Vorempfindungen derſelben; das Gefuͤhl der Seele
von dem, was in einer ſinnlichen Vorſtellung angenehm
oder unangenehm iſt, iſt ihre ſinnliche Luſt oder Unluſt;
hieraus entwickeln ſich ihre ſinnlichen Begierden, Triebe
und Leidenſchaften, und wenn gleich dieß alles unter dem
Zwange der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke geſchieht; ſo iſt es
doch immer die Seele, in der dieſe Vorſtellungen, Luͤſte
und Begierden erzwungen werden. Alſo ſind dieſe eben ſo
gewiß in ihr, als die willkuͤhrlichſten ſinnlichen Vorſtellun-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/610>, abgerufen am 23.11.2024.
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