die mit dieser Einrichtung der thierischen Körper wohl über- einstimmen und ihre Wirklichkeit wahrscheinlich machen. Allein man kann diese Wahrscheinlichkeit noch höher trei- ben, indem sich von jeder besondern Art eigenmächtiger sinnlicher Vorstellungen, die alle durch äußere Empfindun- gen auf nähere Weise veranlasset werden, §. 66. in der Erfahrung Spuren finden, daß ihre Seelenwirkungen nicht allein durch ursprünglich innere sinnliche Eindrücke ohne Vorstellungen, sondern auch in ihrer Verbindung mit den äußern, die die Empfindungen, wodurch sie ver- anlasset werden, hervorbringen, als ihre mittelbaren Ner- venwirkungen gewirket werden. Dieses wird sich zeigen, wenn wir die Arten der sinnlichen eigenmächtigen Vorstel- lungen itzt nacheinander in dieser Verhältniß betrachten.
§. 545.
Die materiellen Jdeen der unmittelbar aus den äußern Empfindungen entstehenden eigenmächtigen sinnlichen Vor- stellungen, nämlich der Einbildungen, §. 67. Vorher- sehungen, §. 73. unächten äußern Empfindungen, §. 148. etc. sind nichts anders als unvollständige materielle äußere Empfindungen, welche die thierische Seelenkraft des Gehirns allein und ohne den Beystand äußerer sinnli- cher Eindrücke von äußern Reizen nachschaffet. §. 228. 239. Jhre Seelenwirkungen durch die Nerven in die me- chanischen Maschinen sind keine andern, als die von den äußern Empfindungen, auf welche sie sich beziehen, nur daß sie unvollständiger sind. §. 229. 240. N. 2. 3. Da nun die unempfundenen äußern, §. 433. und die innern sinnlichen Eindrücke ohne Vorstellungen, §. 452. 453. die vollständigen Seelenwirkungen der äußern Empfindun- gen nachahmen, so sind ihre Nervenwirkungen auch die Ausdrücke der Seelenwirkungen aller übrigen sinnlichen Vorstellungen: und da sich das Gebiet der Nervenkräfte auf alle die mechanischen Maschinen erstrecket, die einiger Seelenwirkungen fähig sind, §. 503. 397. so können auch
alle
L l 5
1 Abſchn. Erſetz. der Seelenw. durch Nervenw.
die mit dieſer Einrichtung der thieriſchen Koͤrper wohl uͤber- einſtimmen und ihre Wirklichkeit wahrſcheinlich machen. Allein man kann dieſe Wahrſcheinlichkeit noch hoͤher trei- ben, indem ſich von jeder beſondern Art eigenmaͤchtiger ſinnlicher Vorſtellungen, die alle durch aͤußere Empfindun- gen auf naͤhere Weiſe veranlaſſet werden, §. 66. in der Erfahrung Spuren finden, daß ihre Seelenwirkungen nicht allein durch urſpruͤnglich innere ſinnliche Eindruͤcke ohne Vorſtellungen, ſondern auch in ihrer Verbindung mit den aͤußern, die die Empfindungen, wodurch ſie ver- anlaſſet werden, hervorbringen, als ihre mittelbaren Ner- venwirkungen gewirket werden. Dieſes wird ſich zeigen, wenn wir die Arten der ſinnlichen eigenmaͤchtigen Vorſtel- lungen itzt nacheinander in dieſer Verhaͤltniß betrachten.
§. 545.
Die materiellen Jdeen der unmittelbar aus den aͤußern Empfindungen entſtehenden eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vor- ſtellungen, naͤmlich der Einbildungen, §. 67. Vorher- ſehungen, §. 73. unaͤchten aͤußern Empfindungen, §. 148. ꝛc. ſind nichts anders als unvollſtaͤndige materielle aͤußere Empfindungen, welche die thieriſche Seelenkraft des Gehirns allein und ohne den Beyſtand aͤußerer ſinnli- cher Eindruͤcke von aͤußern Reizen nachſchaffet. §. 228. 239. Jhre Seelenwirkungen durch die Nerven in die me- chaniſchen Maſchinen ſind keine andern, als die von den aͤußern Empfindungen, auf welche ſie ſich beziehen, nur daß ſie unvollſtaͤndiger ſind. §. 229. 240. N. 2. 3. Da nun die unempfundenen aͤußern, §. 433. und die innern ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellungen, §. 452. 453. die vollſtaͤndigen Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun- gen nachahmen, ſo ſind ihre Nervenwirkungen auch die Ausdruͤcke der Seelenwirkungen aller uͤbrigen ſinnlichen Vorſtellungen: und da ſich das Gebiet der Nervenkraͤfte auf alle die mechaniſchen Maſchinen erſtrecket, die einiger Seelenwirkungen faͤhig ſind, §. 503. 397. ſo koͤnnen auch
alle
L l 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0561"n="537"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">1 Abſchn. Erſetz. der Seelenw. durch Nervenw.</hi></fw><lb/>
die mit dieſer Einrichtung der thieriſchen Koͤrper wohl uͤber-<lb/>
einſtimmen und ihre Wirklichkeit wahrſcheinlich machen.<lb/>
Allein man kann dieſe Wahrſcheinlichkeit noch hoͤher trei-<lb/>
ben, indem ſich von jeder beſondern Art eigenmaͤchtiger<lb/>ſinnlicher Vorſtellungen, die alle durch aͤußere Empfindun-<lb/>
gen auf naͤhere Weiſe veranlaſſet werden, §. 66. in der<lb/>
Erfahrung Spuren finden, daß ihre Seelenwirkungen<lb/>
nicht allein durch urſpruͤnglich innere ſinnliche Eindruͤcke<lb/>
ohne Vorſtellungen, ſondern auch in ihrer Verbindung<lb/>
mit den aͤußern, die die Empfindungen, wodurch ſie ver-<lb/>
anlaſſet werden, hervorbringen, als ihre mittelbaren Ner-<lb/>
venwirkungen gewirket werden. Dieſes wird ſich zeigen,<lb/>
wenn wir die Arten der ſinnlichen eigenmaͤchtigen Vorſtel-<lb/>
lungen itzt nacheinander in dieſer Verhaͤltniß betrachten.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 545.</head><lb/><p>Die materiellen Jdeen der unmittelbar aus den aͤußern<lb/>
Empfindungen entſtehenden eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vor-<lb/>ſtellungen, naͤmlich der <hirendition="#fr">Einbildungen, §. 67. Vorher-<lb/>ſehungen, §. 73. unaͤchten aͤußern Empfindungen,</hi><lb/>
§. 148. ꝛc. ſind nichts anders als unvollſtaͤndige materielle<lb/>
aͤußere Empfindungen, welche die thieriſche Seelenkraft<lb/>
des Gehirns allein und ohne den Beyſtand aͤußerer ſinnli-<lb/>
cher Eindruͤcke von aͤußern Reizen nachſchaffet. §. 228.<lb/>
239. Jhre Seelenwirkungen durch die Nerven in die me-<lb/>
chaniſchen Maſchinen ſind keine andern, als die von den<lb/>
aͤußern Empfindungen, auf welche ſie ſich beziehen, nur<lb/>
daß ſie unvollſtaͤndiger ſind. §. 229. 240. <hirendition="#aq">N.</hi> 2. 3. Da<lb/>
nun die unempfundenen aͤußern, §. 433. und die innern<lb/>ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellungen, §. 452. 453.<lb/>
die vollſtaͤndigen Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun-<lb/>
gen nachahmen, ſo ſind ihre Nervenwirkungen auch die<lb/>
Ausdruͤcke der Seelenwirkungen aller uͤbrigen ſinnlichen<lb/>
Vorſtellungen: und da ſich das Gebiet der Nervenkraͤfte<lb/>
auf alle die mechaniſchen Maſchinen erſtrecket, die einiger<lb/>
Seelenwirkungen faͤhig ſind, §. 503. 397. ſo koͤnnen auch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">alle</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[537/0561]
1 Abſchn. Erſetz. der Seelenw. durch Nervenw.
die mit dieſer Einrichtung der thieriſchen Koͤrper wohl uͤber-
einſtimmen und ihre Wirklichkeit wahrſcheinlich machen.
Allein man kann dieſe Wahrſcheinlichkeit noch hoͤher trei-
ben, indem ſich von jeder beſondern Art eigenmaͤchtiger
ſinnlicher Vorſtellungen, die alle durch aͤußere Empfindun-
gen auf naͤhere Weiſe veranlaſſet werden, §. 66. in der
Erfahrung Spuren finden, daß ihre Seelenwirkungen
nicht allein durch urſpruͤnglich innere ſinnliche Eindruͤcke
ohne Vorſtellungen, ſondern auch in ihrer Verbindung
mit den aͤußern, die die Empfindungen, wodurch ſie ver-
anlaſſet werden, hervorbringen, als ihre mittelbaren Ner-
venwirkungen gewirket werden. Dieſes wird ſich zeigen,
wenn wir die Arten der ſinnlichen eigenmaͤchtigen Vorſtel-
lungen itzt nacheinander in dieſer Verhaͤltniß betrachten.
§. 545.
Die materiellen Jdeen der unmittelbar aus den aͤußern
Empfindungen entſtehenden eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vor-
ſtellungen, naͤmlich der Einbildungen, §. 67. Vorher-
ſehungen, §. 73. unaͤchten aͤußern Empfindungen,
§. 148. ꝛc. ſind nichts anders als unvollſtaͤndige materielle
aͤußere Empfindungen, welche die thieriſche Seelenkraft
des Gehirns allein und ohne den Beyſtand aͤußerer ſinnli-
cher Eindruͤcke von aͤußern Reizen nachſchaffet. §. 228.
239. Jhre Seelenwirkungen durch die Nerven in die me-
chaniſchen Maſchinen ſind keine andern, als die von den
aͤußern Empfindungen, auf welche ſie ſich beziehen, nur
daß ſie unvollſtaͤndiger ſind. §. 229. 240. N. 2. 3. Da
nun die unempfundenen aͤußern, §. 433. und die innern
ſinnlichen Eindruͤcke ohne Vorſtellungen, §. 452. 453.
die vollſtaͤndigen Seelenwirkungen der aͤußern Empfindun-
gen nachahmen, ſo ſind ihre Nervenwirkungen auch die
Ausdruͤcke der Seelenwirkungen aller uͤbrigen ſinnlichen
Vorſtellungen: und da ſich das Gebiet der Nervenkraͤfte
auf alle die mechaniſchen Maſchinen erſtrecket, die einiger
Seelenwirkungen faͤhig ſind, §. 503. 397. ſo koͤnnen auch
alle
L l 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/561>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.