Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. sinnl. Eindr. die empfunden werden, §. 207. und von solchen, die nichtempfunden werden, §. 462. thierische Schwingungen an- nehmen, wovon bald Unterlaufungen, Stockungen, Ent- zündungen, bald Ergießungen erfolgen, kann allerdings, ob sie gleich gemeiniglich eine Seelenwirkung äußerer Em- pfindungen und eine unmittelbare Nervenwirkung äußerer sinnlicher Eindrücke ist, §. 462. auch eine Nervenwirkung innerer sinnlicher Eindrücke ohne Vorstellungen seyn. §. 423. 364. N. 2. Man hat Erfahrungen von Arzneyen, welche wohl schwerlich in Zweifel gezogen werden können, daß innerliche Blutergießungen, ja auch äußere an solchen Theilen, die nicht leiden, daß man an ihnen unmittelbar die blutstillenden Arzneyen applicire, durch Anlegung sol- cher Arzneyen an die äußern, oder an etwas entfernte Thei- le gestillet werden, und daß also hier eine thierische Wir- kung in die blutenden Endungen der Adern Statt hat, wo- zu ihnen die Reize nicht unmittelbar, sondern durch ander- wärts angebrachte äußere sinnliche Eindrücke beygebracht werden, und die also, in so fern sie ein Thier nicht empfin- det, oder zu empfinden brauchet, mittelbare Nervenwir- kungen äußerer sinnlicher Eindrücke, mithin solche von in- nern ohne Vorstellungen sind. §. 422. So stillet man die Ergießungen der güldnen Ader und viel andre Blut- stürzungen aus dem Unterleibe, auch das Nasenbluten und den Bluthusten, durch mancherley äußere Applicationen an andern Theilen, die durch nichts weniger als äußere Em- pfindungen wirken: z. E. wenn man auf einem unter das Kreuz gelegten Küssen von Eichspänen schläft, oder ein Decoct von Galläpfeln auf den Unterleib leget, kaltes Was- ser an die Stirn oder in den Nacken, oder bey Entzündun- gen Blaseupflaster an die benachbarten Theile leget, u. s. w. Der äußere sinnliche Eindruck, den solche Arzneyen in die Theile machen, die sie unmittelbar berühren, und der im Nerven aufsteigt, weil er in manchen Fällen empfunden wird, muß in den Fällen, wo er keine äußere Empfindung erreget, doch nothwendig auch auf diejenigen Nerven re- flektiret
II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr. die empfunden werden, §. 207. und von ſolchen, die nichtempfunden werden, §. 462. thieriſche Schwingungen an- nehmen, wovon bald Unterlaufungen, Stockungen, Ent- zuͤndungen, bald Ergießungen erfolgen, kann allerdings, ob ſie gleich gemeiniglich eine Seelenwirkung aͤußerer Em- pfindungen und eine unmittelbare Nervenwirkung aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke iſt, §. 462. auch eine Nervenwirkung innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen ſeyn. §. 423. 364. N. 2. Man hat Erfahrungen von Arzneyen, welche wohl ſchwerlich in Zweifel gezogen werden koͤnnen, daß innerliche Blutergießungen, ja auch aͤußere an ſolchen Theilen, die nicht leiden, daß man an ihnen unmittelbar die blutſtillenden Arzneyen applicire, durch Anlegung ſol- cher Arzneyen an die aͤußern, oder an etwas entfernte Thei- le geſtillet werden, und daß alſo hier eine thieriſche Wir- kung in die blutenden Endungen der Adern Statt hat, wo- zu ihnen die Reize nicht unmittelbar, ſondern durch ander- waͤrts angebrachte aͤußere ſinnliche Eindruͤcke beygebracht werden, und die alſo, in ſo fern ſie ein Thier nicht empfin- det, oder zu empfinden brauchet, mittelbare Nervenwir- kungen aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke, mithin ſolche von in- nern ohne Vorſtellungen ſind. §. 422. So ſtillet man die Ergießungen der guͤldnen Ader und viel andre Blut- ſtuͤrzungen aus dem Unterleibe, auch das Naſenbluten und den Bluthuſten, durch mancherley aͤußere Applicationen an andern Theilen, die durch nichts weniger als aͤußere Em- pfindungen wirken: z. E. wenn man auf einem unter das Kreuz gelegten Kuͤſſen von Eichſpaͤnen ſchlaͤft, oder ein Decoct von Gallaͤpfeln auf den Unterleib leget, kaltes Waſ- ſer an die Stirn oder in den Nacken, oder bey Entzuͤndun- gen Blaſeupflaſter an die benachbarten Theile leget, u. ſ. w. Der aͤußere ſinnliche Eindruck, den ſolche Arzneyen in die Theile machen, die ſie unmittelbar beruͤhren, und der im Nerven aufſteigt, weil er in manchen Faͤllen empfunden wird, muß in den Faͤllen, wo er keine aͤußere Empfindung erreget, doch nothwendig auch auf diejenigen Nerven re- flektiret
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II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
die empfunden werden, §. 207. und von ſolchen, die nicht
empfunden werden, §. 462. thieriſche Schwingungen an-
nehmen, wovon bald Unterlaufungen, Stockungen, Ent-
zuͤndungen, bald Ergießungen erfolgen, kann allerdings,
ob ſie gleich gemeiniglich eine Seelenwirkung aͤußerer Em-
pfindungen und eine unmittelbare Nervenwirkung aͤußerer
ſinnlicher Eindruͤcke iſt, §. 462. auch eine Nervenwirkung
innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen ſeyn. §.
423. 364. N. 2. Man hat Erfahrungen von Arzneyen,
welche wohl ſchwerlich in Zweifel gezogen werden koͤnnen,
daß innerliche Blutergießungen, ja auch aͤußere an ſolchen
Theilen, die nicht leiden, daß man an ihnen unmittelbar
die blutſtillenden Arzneyen applicire, durch Anlegung ſol-
cher Arzneyen an die aͤußern, oder an etwas entfernte Thei-
le geſtillet werden, und daß alſo hier eine thieriſche Wir-
kung in die blutenden Endungen der Adern Statt hat, wo-
zu ihnen die Reize nicht unmittelbar, ſondern durch ander-
waͤrts angebrachte aͤußere ſinnliche Eindruͤcke beygebracht
werden, und die alſo, in ſo fern ſie ein Thier nicht empfin-
det, oder zu empfinden brauchet, mittelbare Nervenwir-
kungen aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke, mithin ſolche von in-
nern ohne Vorſtellungen ſind. §. 422. So ſtillet man
die Ergießungen der guͤldnen Ader und viel andre Blut-
ſtuͤrzungen aus dem Unterleibe, auch das Naſenbluten und
den Bluthuſten, durch mancherley aͤußere Applicationen an
andern Theilen, die durch nichts weniger als aͤußere Em-
pfindungen wirken: z. E. wenn man auf einem unter das
Kreuz gelegten Kuͤſſen von Eichſpaͤnen ſchlaͤft, oder ein
Decoct von Gallaͤpfeln auf den Unterleib leget, kaltes Waſ-
ſer an die Stirn oder in den Nacken, oder bey Entzuͤndun-
gen Blaſeupflaſter an die benachbarten Theile leget, u. ſ. w.
Der aͤußere ſinnliche Eindruck, den ſolche Arzneyen in die
Theile machen, die ſie unmittelbar beruͤhren, und der im
Nerven aufſteigt, weil er in manchen Faͤllen empfunden
wird, muß in den Faͤllen, wo er keine aͤußere Empfindung
erreget, doch nothwendig auch auf diejenigen Nerven re-
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