die Weise, wie andre Muskeln, thierisch beweget: denn wenn man eine solche Haut da, wo sie wirklich Muskelfa- sern hat, dergestalt berühret, daß ein äußerer sinnlicher Eindruck davon entstehen muß, welcher zumal, wenn er empfunden würde, schmerzhaft seyn könnte; so werden selbst bey einem enthaupteten Thiere die berührten Fäserchen, auch oft die benachbarten, ja wohl gar die ganzen Häute, §. 446. 447. sichtbarlich zusammengezogen, und sogar zu convulsivischen Bewegungen gereizet. Jn so fern also diese unmittelbaren Nervenwirkungen der äußern sinnlichen Ein- drücke zu den natürlichen Verrichtungen dieser Muskeln und Häute die Triebfedern sind, können sie dieselben hervor- bringen und bestimmen, sie mögen nun zugleich empfunden werden, und das Thier mag ein Gehirn und eine Vorstel- lungskraft haben, oder nicht. §. 453. "Diaphragma ipsum, "non nervum quem resecueram, irritavi, et vidi convelli. "(in cane.) Sic in alio cane, etc. Caro diaphragmatis "per integram horam tremuit, et mansit irritabilis, cum "intestina iam quievissent." v. Hall. op. min. T. 1. pag. 368. Exp. 181. 182. 194.
Die nicht fleischigten aber sehr empfindlichen Häute, wie die äußere und die Schleimhaut, sind zwar eigentlich keiner thierischen Bewegungen vom äußern sinn- lichen Eindrucke, ob er gleich empfunden wird, an der be- rührten Stelle unmittelbar fähig: §. 208. 445. allein da sich durch ihre ganze Substanz Blutgefäße vertheilen und kein empfindlicher Punkt in ihnen anzutreffen ist, den nicht eine Nadelspitze blutend machen könnte, und da sie auch noch andre Gefäße, Drüsen und dergleichen mechanische Maschinen in sich enthalten, die reizbar, das ist, unmit- telbarer Nervenwirkungen an den gereizten Stellen fähig sind; §. 400. 462. so können auch in ihnen, so unreizbar sie an sich selbst immer seyn mögen, dennoch die äußern sinnlichen Eindrücke unmittelbar an den berührten Stellen gewisse thierische Bewegungen hervorbringen, die sonst zu- weilen sogar als Seelenwirkungen einer äußern Empfin-
dung
II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
die Weiſe, wie andre Muskeln, thieriſch beweget: denn wenn man eine ſolche Haut da, wo ſie wirklich Muskelfa- ſern hat, dergeſtalt beruͤhret, daß ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck davon entſtehen muß, welcher zumal, wenn er empfunden wuͤrde, ſchmerzhaft ſeyn koͤnnte; ſo werden ſelbſt bey einem enthaupteten Thiere die beruͤhrten Faͤſerchen, auch oft die benachbarten, ja wohl gar die ganzen Haͤute, §. 446. 447. ſichtbarlich zuſammengezogen, und ſogar zu convulſiviſchen Bewegungen gereizet. Jn ſo fern alſo dieſe unmittelbaren Nervenwirkungen der aͤußern ſinnlichen Ein- druͤcke zu den natuͤrlichen Verrichtungen dieſer Muskeln und Haͤute die Triebfedern ſind, koͤnnen ſie dieſelben hervor- bringen und beſtimmen, ſie moͤgen nun zugleich empfunden werden, und das Thier mag ein Gehirn und eine Vorſtel- lungskraft haben, oder nicht. §. 453. „Diaphragma ipſum, „non nervum quem reſecueram, irritavi, et vidi convelli. „(in cane.) Sic in alio cane, etc. Caro diaphragmatis „per integram horam tremuit, et manſit irritabilis, cum „inteſtina iam quieviſſent.“ v. Hall. op. min. T. 1. pag. 368. Exp. 181. 182. 194.
Die nicht fleiſchigten aber ſehr empfindlichen Haͤute, wie die aͤußere und die Schleimhaut, ſind zwar eigentlich keiner thieriſchen Bewegungen vom aͤußern ſinn- lichen Eindrucke, ob er gleich empfunden wird, an der be- ruͤhrten Stelle unmittelbar faͤhig: §. 208. 445. allein da ſich durch ihre ganze Subſtanz Blutgefaͤße vertheilen und kein empfindlicher Punkt in ihnen anzutreffen iſt, den nicht eine Nadelſpitze blutend machen koͤnnte, und da ſie auch noch andre Gefaͤße, Druͤſen und dergleichen mechaniſche Maſchinen in ſich enthalten, die reizbar, das iſt, unmit- telbarer Nervenwirkungen an den gereizten Stellen faͤhig ſind; §. 400. 462. ſo koͤnnen auch in ihnen, ſo unreizbar ſie an ſich ſelbſt immer ſeyn moͤgen, dennoch die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke unmittelbar an den beruͤhrten Stellen gewiſſe thieriſche Bewegungen hervorbringen, die ſonſt zu- weilen ſogar als Seelenwirkungen einer aͤußern Empfin-
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II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
die Weiſe, wie andre Muskeln, thieriſch beweget: denn
wenn man eine ſolche Haut da, wo ſie wirklich Muskelfa-
ſern hat, dergeſtalt beruͤhret, daß ein aͤußerer ſinnlicher
Eindruck davon entſtehen muß, welcher zumal, wenn er
empfunden wuͤrde, ſchmerzhaft ſeyn koͤnnte; ſo werden ſelbſt
bey einem enthaupteten Thiere die beruͤhrten Faͤſerchen,
auch oft die benachbarten, ja wohl gar die ganzen Haͤute,
§. 446. 447. ſichtbarlich zuſammengezogen, und ſogar zu
convulſiviſchen Bewegungen gereizet. Jn ſo fern alſo dieſe
unmittelbaren Nervenwirkungen der aͤußern ſinnlichen Ein-
druͤcke zu den natuͤrlichen Verrichtungen dieſer Muskeln
und Haͤute die Triebfedern ſind, koͤnnen ſie dieſelben hervor-
bringen und beſtimmen, ſie moͤgen nun zugleich empfunden
werden, und das Thier mag ein Gehirn und eine Vorſtel-
lungskraft haben, oder nicht. §. 453. „Diaphragma ipſum,
„non nervum quem reſecueram, irritavi, et vidi convelli.
„(in cane.) Sic in alio cane, etc. Caro diaphragmatis
„per integram horam tremuit, et manſit irritabilis, cum
„inteſtina iam quieviſſent.“ v. Hall. op. min. T. 1. pag.
368. Exp. 181. 182. 194.
Die nicht fleiſchigten aber ſehr empfindlichen
Haͤute, wie die aͤußere und die Schleimhaut, ſind zwar
eigentlich keiner thieriſchen Bewegungen vom aͤußern ſinn-
lichen Eindrucke, ob er gleich empfunden wird, an der be-
ruͤhrten Stelle unmittelbar faͤhig: §. 208. 445. allein da
ſich durch ihre ganze Subſtanz Blutgefaͤße vertheilen und
kein empfindlicher Punkt in ihnen anzutreffen iſt, den nicht
eine Nadelſpitze blutend machen koͤnnte, und da ſie auch
noch andre Gefaͤße, Druͤſen und dergleichen mechaniſche
Maſchinen in ſich enthalten, die reizbar, das iſt, unmit-
telbarer Nervenwirkungen an den gereizten Stellen faͤhig
ſind; §. 400. 462. ſo koͤnnen auch in ihnen, ſo unreizbar
ſie an ſich ſelbſt immer ſeyn moͤgen, dennoch die aͤußern
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gewiſſe thieriſche Bewegungen hervorbringen, die ſonſt zu-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/490>, abgerufen am 22.11.2024.
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