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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr.
Schlagadern haben von Natur, vermöge ihrer Strucktur,
eine Kraft sich zusammenzuziehen, welche sich offenbaret,
wenn sie einen Finger drücken, den man in sie einschiebt,
und wenn sie sich wieder verengern, sobald sie das aus dem
Herzen in sie eingetriebene Blut ausgedehnet hat. Diese
Kraft ist allem Ansehen nach blos mechanisch; denn in
Leichnamen sind die Schlagadern stets so zusammengezo-
gen, und wenn man Flüssigkeiten in sie einspritzet, die sie
ausdehnen, so ziehen sie sich auch in Leichnamen, sobald
der Druck nachläßt, wieder zusammen. Sie haben auch
eine natürliche Spannung: denn sie verkürzen sich sehr be-
trächtlich, wenn sie zerschnitten werden. H. P. §. 33. Au-
ßerdem haben sie keine Empfindlichkeit, wenn man nicht
ihre Nerven berühret, die sich ihren fadigten Häut[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]n kei-
nesweges einverleiben, und selbst der Herr v. Haller spricht
ihnen auch eine sichtbare Reizbarkeit ab. H. P. §. 32. vergl.
H. op. min. T. 1. pag. 377. 418. Nichtsdestoweniger
sind sie mit Fleischfäserchen und Nerven umgeben, §. 168.
welchen sich beyde Eigenschaften unmöglich absprechen las-
sen. Es scheint aber, daß diese von der Natur nur dazu
bestimmet sind, den sonst blos mechanischen Aderschlag bey
gewissen äußern sinnlichen Eindrücken, die ungewöhnlich
oder widernatürlich sind, durch unmittelbare Nervenwir-
kungen zu verändern. Dieß sieht man, wenn eine Ader
schmerzlich verwundet wird, indem ihr Nerve oder ihre
Fleischfäserchen verletzet werden, da sie sich an der Stelle
unmittelbar entzündet, und heftig pulsiret. Vielleicht rüh-
ret auch hiervon die Veränderung des Pulses her, wenn
sich das Blut erhitzet, oder sonst eine unnatürliche Mi-
schung bekömmt, und dadurch die Nerven und Fleischfäser-
chen der Adern widernatürlich sinnlich rühret, daß sie sich
schneller und stärker zusammenziehen: welches allerdings
eine unmittelbare Nervenwirkung der äußern sinnlichen
Eindrücke von unnatürlicher Art seyn müßte, welche das
in sie einströmende Blut darinn erreget, wofern es nicht
eine Folge des veränderten Herzschlages ist. Man muß

über-

II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
Schlagadern haben von Natur, vermoͤge ihrer Strucktur,
eine Kraft ſich zuſammenzuziehen, welche ſich offenbaret,
wenn ſie einen Finger druͤcken, den man in ſie einſchiebt,
und wenn ſie ſich wieder verengern, ſobald ſie das aus dem
Herzen in ſie eingetriebene Blut ausgedehnet hat. Dieſe
Kraft iſt allem Anſehen nach blos mechaniſch; denn in
Leichnamen ſind die Schlagadern ſtets ſo zuſammengezo-
gen, und wenn man Fluͤſſigkeiten in ſie einſpritzet, die ſie
ausdehnen, ſo ziehen ſie ſich auch in Leichnamen, ſobald
der Druck nachlaͤßt, wieder zuſammen. Sie haben auch
eine natuͤrliche Spannung: denn ſie verkuͤrzen ſich ſehr be-
traͤchtlich, wenn ſie zerſchnitten werden. H. P. §. 33. Au-
ßerdem haben ſie keine Empfindlichkeit, wenn man nicht
ihre Nerven beruͤhret, die ſich ihren fadigten Haͤut[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]n kei-
nesweges einverleiben, und ſelbſt der Herr v. Haller ſpricht
ihnen auch eine ſichtbare Reizbarkeit ab. H. P. §. 32. vergl.
H. op. min. T. 1. pag. 377. 418. Nichtsdeſtoweniger
ſind ſie mit Fleiſchfaͤſerchen und Nerven umgeben, §. 168.
welchen ſich beyde Eigenſchaften unmoͤglich abſprechen laſ-
ſen. Es ſcheint aber, daß dieſe von der Natur nur dazu
beſtimmet ſind, den ſonſt blos mechaniſchen Aderſchlag bey
gewiſſen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, die ungewoͤhnlich
oder widernatuͤrlich ſind, durch unmittelbare Nervenwir-
kungen zu veraͤndern. Dieß ſieht man, wenn eine Ader
ſchmerzlich verwundet wird, indem ihr Nerve oder ihre
Fleiſchfaͤſerchen verletzet werden, da ſie ſich an der Stelle
unmittelbar entzuͤndet, und heftig pulſiret. Vielleicht ruͤh-
ret auch hiervon die Veraͤnderung des Pulſes her, wenn
ſich das Blut erhitzet, oder ſonſt eine unnatuͤrliche Mi-
ſchung bekoͤmmt, und dadurch die Nerven und Fleiſchfaͤſer-
chen der Adern widernatuͤrlich ſinnlich ruͤhret, daß ſie ſich
ſchneller und ſtaͤrker zuſammenziehen: welches allerdings
eine unmittelbare Nervenwirkung der aͤußern ſinnlichen
Eindruͤcke von unnatuͤrlicher Art ſeyn muͤßte, welche das
in ſie einſtroͤmende Blut darinn erreget, wofern es nicht
eine Folge des veraͤnderten Herzſchlages iſt. Man muß

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[462/0486] II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. Schlagadern haben von Natur, vermoͤge ihrer Strucktur, eine Kraft ſich zuſammenzuziehen, welche ſich offenbaret, wenn ſie einen Finger druͤcken, den man in ſie einſchiebt, und wenn ſie ſich wieder verengern, ſobald ſie das aus dem Herzen in ſie eingetriebene Blut ausgedehnet hat. Dieſe Kraft iſt allem Anſehen nach blos mechaniſch; denn in Leichnamen ſind die Schlagadern ſtets ſo zuſammengezo- gen, und wenn man Fluͤſſigkeiten in ſie einſpritzet, die ſie ausdehnen, ſo ziehen ſie ſich auch in Leichnamen, ſobald der Druck nachlaͤßt, wieder zuſammen. Sie haben auch eine natuͤrliche Spannung: denn ſie verkuͤrzen ſich ſehr be- traͤchtlich, wenn ſie zerſchnitten werden. H. P. §. 33. Au- ßerdem haben ſie keine Empfindlichkeit, wenn man nicht ihre Nerven beruͤhret, die ſich ihren fadigten Haͤut_n kei- nesweges einverleiben, und ſelbſt der Herr v. Haller ſpricht ihnen auch eine ſichtbare Reizbarkeit ab. H. P. §. 32. vergl. H. op. min. T. 1. pag. 377. 418. Nichtsdeſtoweniger ſind ſie mit Fleiſchfaͤſerchen und Nerven umgeben, §. 168. welchen ſich beyde Eigenſchaften unmoͤglich abſprechen laſ- ſen. Es ſcheint aber, daß dieſe von der Natur nur dazu beſtimmet ſind, den ſonſt blos mechaniſchen Aderſchlag bey gewiſſen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, die ungewoͤhnlich oder widernatuͤrlich ſind, durch unmittelbare Nervenwir- kungen zu veraͤndern. Dieß ſieht man, wenn eine Ader ſchmerzlich verwundet wird, indem ihr Nerve oder ihre Fleiſchfaͤſerchen verletzet werden, da ſie ſich an der Stelle unmittelbar entzuͤndet, und heftig pulſiret. Vielleicht ruͤh- ret auch hiervon die Veraͤnderung des Pulſes her, wenn ſich das Blut erhitzet, oder ſonſt eine unnatuͤrliche Mi- ſchung bekoͤmmt, und dadurch die Nerven und Fleiſchfaͤſer- chen der Adern widernatuͤrlich ſinnlich ruͤhret, daß ſie ſich ſchneller und ſtaͤrker zuſammenziehen: welches allerdings eine unmittelbare Nervenwirkung der aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke von unnatuͤrlicher Art ſeyn muͤßte, welche das in ſie einſtroͤmende Blut darinn erreget, wofern es nicht eine Folge des veraͤnderten Herzſchlages iſt. Man muß uͤber-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/486>, abgerufen am 25.11.2024.