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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr.
§. 413. Wir können also auch eben so wenig als von den
äußern Empfindungen §. 190. wissen, worinn ein äuße-
rer sinnlicher Eindruck, der solche Nervenwirkungen her-
vorbringt, die, wenn ihn die Seele zugleich empfände, ei-
ne angenehme oder eine unangenehme äußere Empfindung
verursachen würde, von einem andern verschieden sey, der
das Gegentheil thäte. §. 433. 434. Jndessen ist das
sehr wahrscheinlich, daß die äußern sinnlichen Eindrücke,
welche angenehme Empfindungen erregen würden, in den
Nerven auf eine solche Art wirken, die seiner natürlichen
Bestimmung gemäß ist, dahingegen die, welche unange-
nehme Empfindungen wirken würden, den Nerven wider-
natürlich angreifen; §. 191. und da die Wirkung so ist,
wie ihre wirkende Ursache, so ist es eine natürliche Folge,
daß auch die Nervenwirkungen jener, der natürlichen Be-
stimmung der mechanischen Maschinen, worinn sie ersol-
gen, gemäß, dieser aber, widernatürliche Bewegungen der-
selben sind. §. 195. Ein äußerer sinnlicher Eindruck,
der einen Schmerz erregen könnte, wird also die mechani-
schen Maschinen widernatürlich angreifen, §. 198. und
der, so einen Kitzel erregen würde, wird sie mit einer Hef-
tigkeit bewegen, die an das Widernatürliche grenzet. §. 199.
Die Erfahrung bestätiget dieses. Wenn man ein enthau-
ptetes Thier verletzet, so daß es sonst davon Schmerzen em-
pfunden hätte, so wehret es sich mit seinen natürlichen Waf-
fen eben so, wie beym wirklichen Schmerze. Eine Biene
sticht, ein Ohrwurm kneipt seine Zangen zusammen, ein
Fisch schlägt mit dem Schwanze, u. s. w. Alle diese Be-
wegungen sind gewaltsam, convulsivisch und widernatür-
lich, wie sie vom Schmerze zu seyn pflegen. Das Stam-
pfen, Zappeln, die Windungen solcher Thiere sind es nicht
weniger. Ein scharfer ätzender Gift machet in den ausge-
schnittenen Gedärmen eines Thieres ein convulsivisches Zu-
sammenziehen, wie in der schmerzhaftesten Colick von sol-
chen Giften bey Thieren zu entstehen pfleget. Sanfte Be-
rührungen hingegen machen auch bey enthaupteten Thieren

nur

II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
§. 413. Wir koͤnnen alſo auch eben ſo wenig als von den
aͤußern Empfindungen §. 190. wiſſen, worinn ein aͤuße-
rer ſinnlicher Eindruck, der ſolche Nervenwirkungen her-
vorbringt, die, wenn ihn die Seele zugleich empfaͤnde, ei-
ne angenehme oder eine unangenehme aͤußere Empfindung
verurſachen wuͤrde, von einem andern verſchieden ſey, der
das Gegentheil thaͤte. §. 433. 434. Jndeſſen iſt das
ſehr wahrſcheinlich, daß die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke,
welche angenehme Empfindungen erregen wuͤrden, in den
Nerven auf eine ſolche Art wirken, die ſeiner natuͤrlichen
Beſtimmung gemaͤß iſt, dahingegen die, welche unange-
nehme Empfindungen wirken wuͤrden, den Nerven wider-
natuͤrlich angreifen; §. 191. und da die Wirkung ſo iſt,
wie ihre wirkende Urſache, ſo iſt es eine natuͤrliche Folge,
daß auch die Nervenwirkungen jener, der natuͤrlichen Be-
ſtimmung der mechaniſchen Maſchinen, worinn ſie erſol-
gen, gemaͤß, dieſer aber, widernatuͤrliche Bewegungen der-
ſelben ſind. §. 195. Ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck,
der einen Schmerz erregen koͤnnte, wird alſo die mechani-
ſchen Maſchinen widernatuͤrlich angreifen, §. 198. und
der, ſo einen Kitzel erregen wuͤrde, wird ſie mit einer Hef-
tigkeit bewegen, die an das Widernatuͤrliche grenzet. §. 199.
Die Erfahrung beſtaͤtiget dieſes. Wenn man ein enthau-
ptetes Thier verletzet, ſo daß es ſonſt davon Schmerzen em-
pfunden haͤtte, ſo wehret es ſich mit ſeinen natuͤrlichen Waf-
fen eben ſo, wie beym wirklichen Schmerze. Eine Biene
ſticht, ein Ohrwurm kneipt ſeine Zangen zuſammen, ein
Fiſch ſchlaͤgt mit dem Schwanze, u. ſ. w. Alle dieſe Be-
wegungen ſind gewaltſam, convulſiviſch und widernatuͤr-
lich, wie ſie vom Schmerze zu ſeyn pflegen. Das Stam-
pfen, Zappeln, die Windungen ſolcher Thiere ſind es nicht
weniger. Ein ſcharfer aͤtzender Gift machet in den ausge-
ſchnittenen Gedaͤrmen eines Thieres ein convulſiviſches Zu-
ſammenziehen, wie in der ſchmerzhafteſten Colick von ſol-
chen Giften bey Thieren zu entſtehen pfleget. Sanfte Be-
ruͤhrungen hingegen machen auch bey enthaupteten Thieren

nur
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[446/0470] II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. §. 413. Wir koͤnnen alſo auch eben ſo wenig als von den aͤußern Empfindungen §. 190. wiſſen, worinn ein aͤuße- rer ſinnlicher Eindruck, der ſolche Nervenwirkungen her- vorbringt, die, wenn ihn die Seele zugleich empfaͤnde, ei- ne angenehme oder eine unangenehme aͤußere Empfindung verurſachen wuͤrde, von einem andern verſchieden ſey, der das Gegentheil thaͤte. §. 433. 434. Jndeſſen iſt das ſehr wahrſcheinlich, daß die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke, welche angenehme Empfindungen erregen wuͤrden, in den Nerven auf eine ſolche Art wirken, die ſeiner natuͤrlichen Beſtimmung gemaͤß iſt, dahingegen die, welche unange- nehme Empfindungen wirken wuͤrden, den Nerven wider- natuͤrlich angreifen; §. 191. und da die Wirkung ſo iſt, wie ihre wirkende Urſache, ſo iſt es eine natuͤrliche Folge, daß auch die Nervenwirkungen jener, der natuͤrlichen Be- ſtimmung der mechaniſchen Maſchinen, worinn ſie erſol- gen, gemaͤß, dieſer aber, widernatuͤrliche Bewegungen der- ſelben ſind. §. 195. Ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, der einen Schmerz erregen koͤnnte, wird alſo die mechani- ſchen Maſchinen widernatuͤrlich angreifen, §. 198. und der, ſo einen Kitzel erregen wuͤrde, wird ſie mit einer Hef- tigkeit bewegen, die an das Widernatuͤrliche grenzet. §. 199. Die Erfahrung beſtaͤtiget dieſes. Wenn man ein enthau- ptetes Thier verletzet, ſo daß es ſonſt davon Schmerzen em- pfunden haͤtte, ſo wehret es ſich mit ſeinen natuͤrlichen Waf- fen eben ſo, wie beym wirklichen Schmerze. Eine Biene ſticht, ein Ohrwurm kneipt ſeine Zangen zuſammen, ein Fiſch ſchlaͤgt mit dem Schwanze, u. ſ. w. Alle dieſe Be- wegungen ſind gewaltſam, convulſiviſch und widernatuͤr- lich, wie ſie vom Schmerze zu ſeyn pflegen. Das Stam- pfen, Zappeln, die Windungen ſolcher Thiere ſind es nicht weniger. Ein ſcharfer aͤtzender Gift machet in den ausge- ſchnittenen Gedaͤrmen eines Thieres ein convulſiviſches Zu- ſammenziehen, wie in der ſchmerzhafteſten Colick von ſol- chen Giften bey Thieren zu entſtehen pfleget. Sanfte Be- ruͤhrungen hingegen machen auch bey enthaupteten Thieren nur

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/470>, abgerufen am 25.11.2024.